VI. Kirchengeschichte.

Otto ( 1722) säubert die Geschichte der im Peterstal bei Eltville als älteste durch Erzbischof Peter von Mainz errichteten Kartäuserniederlassung


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des westlichen Deutschlands von mancherlei Irrtümern, die z. T. auch in die Kartäuserüberlieferung übergegangen sind. Gründungsjahr [1320] und Zeit der Verlegung nach dem Michaelsberg bei Mainz [zwischen 1323 IV 16 und 1324 I 18] werden festgestellt und weiterhin Angaben über die Erwerbungen der Karthäuser im Rheingau gebracht. --

Über das Buch von W. Classen ( 1686) ist oben unter Abschnitt III berichtet worden. --

Das Unternehmen der Historischen Kommission für den Volksstaat Hessen, die Mainzer Domkapitelsprotokolle von der 2. Hälfte des 15. Jhds. ab bis zur Gegenreformation zu veröffentlichen, wird schon deshalb besondere Beachtung finden, weil es, wie auch hier wieder hervorgehoben werden soll, in dieser Art bisher allein dasteht. Aus besondern Gründen hat man mit dem Druck des dem Darmstädter Staatsarchivdirektor Fritz Herrmann übertragenen Bandes, der mit der Regierung des Erzbischofs Albrecht von Brandenburg beginnt, anfangen müssen ( 1819). Zur Drucklegung sind die Jahre 1514--1531 gelangt. Die Edition selbst macht einen sehr saubern Eindruck und verdient volles Lob: in deutschen Regesten ist der wesentliche Verhandlungsinhalt mit sämtlichen Namen der Beteiligten wiedergegeben, Wichtiges im Wortlaut. Voll erschlossen wird das Gebotene erst durch die Register und Dignitätenverzeichnisse, die mit dem nächsten Halbband folgen werden. Reichliche sachliche Anmerkungen, Hinweise auf Literatur und archivalisches Material erläutern und erweitern den Stoff, der dazu wertvolle Ergänzungen durch Heranziehung der Protokolle des Mainzer Sekundarklerus erhält. In Anbetracht des Wirkungskreises und der Zuständigkeit des Domkapitels ist der Inhalt von großer Mannigfaltigkeit. Wir erhalten Aufschlüsse über das Kapitel selbst, seine persönliche Zusammensetzung (Probationen!) und Verfassung, über den cultus divinus, die Verfassung und Verwaltung des Territoriums und einzelner Bezirke, über das Finanzwesen (Verschuldung des Erzstifts), die territorialen Beziehungen und schließlich über zeitgeschichtliche Fragen und Ereignisse.

Die sog. Homberger Reformationsordnung reizt immer wieder zu erneuter wissenschaftlicher Behandlung (vgl. Jberr. 1928, S. 465). W. Maurer ( 1930) unternimmt es jetzt, damit eine schon von W. Köhler ausgesprochene Forderung erfüllend, die Beziehungen zwischen ihren Verfassungsbestimmungen und sämtlichen theologischen Schriften Lamberts von Avignon aufzudecken, zu fragen, wie weit Lamberts Anschauungen vom Wesen der Kirche und ihrer Verfassung von denen der anderen Reformatoren, insbesondere Luthers und Butzers, beeinflußt sind, und damit »den geistesgeschichtlichen Ort« dieses Verfassungsideals zu bestimmen. In der Gemeindeverfassung sieht Maurer eine verhältnismäßig selbständige Schöpfung Lamberts, der es wohl verstanden hat, Luthersche und Butzersche Gedanken seinem kirchlichen Denken ein- oder vielmehr unterzuordnen, dessen Grundanschauung von der Gemeinde als Rechtsgemeinschaft im Gegensatz zu der Liebesgemeinschaft Luthers stark hervorgehoben wird. Das Bild von der Territorialkirche mit ihrer Bibliokratie und synodalen Verfassung weist nach M. in das Spätmittelalter hinein: »Lambert bleibt, trotz aller Angleichung an die Ausdrucksweise der Reformatoren, im Grunde völlig im MA. stecken.«


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