I. Quellen.

Greven ( 1968) hat die Bekehrungsgeschichte des ehemaligen Kölner Juden Hermann (Judas), späteren Prämonstratensermönchs in Kappenberg und schließlichen Propstes des Klosters Scheda (gest. 1170/74), einer erneuten Untersuchung unterzogen; er hat die handschriftliche Überlieferung und die beiden älteren Ausgaben (Carpzow; von Steinen) geprüft und damit eine Grundlage für die wünschenswerte Neuedition geschaffen. Strengere Interpretation hat zu sichererer, von bisherigen Ansichten vielfach abweichender Festlegung der Lebensdaten des Verfassers geführt. Doch ist die auch von Greven


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übernommene und für die Datierung der Schrift auf 1145/50 verwertete Angabe der Älteren, Hermann sei der erste Propst von Scheda gewesen, falsch; er hat mindestens zwei Vorgänger gehabt und kann nicht vor 1152 ins Amt gekommen sein (vgl. J. Bauermann, Sachsen u. Anhalt 7, 1931, S. 185--252). Der weitere Versuch Grevens, Hermann auch die Verfasserschaft der Vita des Grafen Gottfried von Kappenberg zuzusprechen, scheint mir mißlungen. -- Dem Boden Westfalens gehört nach Abstammung des Verfassers wie nach Gegenstand und Inhalt auch des Lütticher Domherrn Levold von Northof Chronik der Grafen von der Mark an, eins der markantesten Werke der territorialen Geschichtschreibung des MA. überhaupt. Die bisher meist benutzte Ausgabe von Troß aus dem J. 1859 ist nunmehr durch eine neue, von Zschaeck (unter Mitwirkung Levisons) besorgte ersetzt, die in erster Linie auf einer Holkhamer Handschrift beruht und mit einem durchweg sehr sachkundigen Kommentar versehen ist ( 759); angehängt ist, außer der vom gleichen Verfasser herrührenden Genealogie des märkischen Grafengeschlechts, die Gründungssage der Abtei Altenberg, die der zweiten Hälfte des 12. oder dem 13. Jhd. angehören dürfte. Die Einleitung bringt u. a. eine kurze Skizze von Levolds Leben, die in einigen Punkten die Ergebnisse Fittigs berichtigt. -- Nach den Forschungen Beckmanns ( 1730) muß der Dominikaner Jakob von Soest (etwa 1360--1440) als Historiker fast ganz ausscheiden. Er ist überwiegend nur kompilatorisch tätig gewesen; der Gehalt seiner historischen Arbeiten -- neben ein paar kurzen landesgeschichtlichen Traktaten, die in der Hauptsache aus Heinrich von Herford schöpfen, sind eine Welt- und eine Ordenschronik zu nennen -- an eigenem ist dürftig. Sein umfangreicher sonstiger literarischer Nachlaß, den Beckmann im einzelnen verzeichnet hat, umfaßt fast sämtliche theologischen Disziplinen; er stellt »sozusagen die Bibliothek eines ma.lichen Mönches und Gelehrten« dar. Nicht immer ist es leicht, zu sagen, was darunter selbständige Leistung Jakobs ist. Aus seiner öffentlichen Tätigkeit ist sein Wirken als Professor in Köln, als Inquisitor (vgl. dazu des Verfassers Ergänzungen in Westfäl. Ztschr. 87, 1930, II, S. 109 ff.) und als Prediger hervorzuheben.

Das neue Heft der westfälischen Archivinventare ( 68) erschließt, als dritten unter den vier Kreisen des früheren Fürstentums Paderborn, den Kreis Warburg. Seine wichtigsten Bestände sind das Stadtarchiv Warburg (die 1930 von G. Löhr edierte Handschrift der Kapitelsakten der sächsischen Dominikanerprovinz ist nachzutragen), die ehemaligen Klosterarchive von Willebadessen und von Wormeln sowie ein jüngeres Kopiar des Stiftes Neuenheerse; sehr zu beachten ist der kurze Hinweis auf den Verbleib der lange gesuchten, 1928 aufgefundenen Nachlaßpapiere des Kölner Erzbischofs Graf Spiegel (S. 137). Die Bearbeitung des Inventars durch Gottlob (mit Unterstützung von L. Schmitz- Kallenberg) erfolgte in der hergebrachten Weise (Urkunden bis 1400 meist in Regestenform; Späteres, einschließlich der Akten, nur summarisch und in Auswahl). -- Die »Archivfahrten« Glasmeiers ( 67) gelten diesmal einer Anzahl von Archiven, die noch bis vor kurzem im Besitz der Herzöge von Arenberg waren. Einmal sind es solche der 1803 bzw. 1806 den letzteren zugefallenen Gebiete (Vest Recklinghausen und Meppen bzw. Dülmen) -- sie befinden sich jetzt teils im Stadtarchiv Recklinghausen, teils im Landsbergschen Gesamtarchiv zu Velen --, sodann das reichhaltige Schloßarchiv von Nordkirchen (Kr. Lüdinghausen), das dem Landesmuseum in Münster überwiesen worden ist. --


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Die Veröffentlichung der Urkunden des Stadtarchivs Wanne-Eickel durch Symann ist in einem starken Band mit etwa 1000 ausführlichen Regesten aus den J. 1601--1780 zum Abschluß gebracht worden ( 161; vgl. Jberr. 1, 1925, Nr. 185a und S. 566). Die Urkunden sind nicht städtischer Provenienz, sondern entstammen einem Gutsarchiv des Stadtgebiets (Haus Dahlhausen).

Die im ganzen recht nützliche Arbeit von Heydel über das Itinerar Heinrichs des Löwen ( 733) bedarf hinsichtlich der westfälischen Beziehungen des Herzogs mehrfach der Ergänzung (vgl. J. Bauermann, Sachsen u. Anhalt 7, 1931, S. 204; S. 234 f.). -- Im Anschluß an die Behandlung der »ältesten Soester Stadturkunde« (von 1166/70) durch von Klocke (vgl. Jberr. Bd. 3, 1927, Nr. 1334 u. S. 546) hat sich zwischen ihm und L. von Winterfeld eine lebhafte Kontroverse über die Echtheit dieses Dokuments entsponnen. von Winterfeld behauptet, es sei »sehr stark der Fälschung verdächtig«; sie sucht den Fälscher im Soester Patroklistift, den Zeitpunkt der Fälschung etwa im zweiten Drittel des 13. Jhds. ( 283); Grund zu solchem Verdacht geben ihr gewisse äußere und innere Unstimmigkeiten (Rasuren, ungeübte Schrift und Sprache, Art der Siegelbefestigung, Zeugen). Inzwischen hat die Auseinandersetzung mit zwei Aufsätzen, einer Verteidigung von Klockes und einer Entgegnung von Winterfelds (Westfäl. Ztschr. 87, 1930, I, S. 1 ff. bzw. S. 81 ff.), weiteren Fortgang genommen; es wird im nächsten Jahrgang wie auch bei beabsichtigten eigenen Studien über das ältere westfälische Urkundenwesen darauf zurückzukommen sein. Nur so viel sei schon hier gesagt, daß die Schrift der Urkunde mit größtmöglicher Bestimmtheit der zweiten Hälfte des 12. Jhds. zuzuweisen, also durchaus zeitgemäß ist, und daß manchen Bedenken von Winterfelds keine ausreichende Beweiskraft innewohnt; die von ihr neuerdings beanstandete Arenga, die den Wert und den Zweck der Beurkundung betont, ist um 1170 schon durchaus möglich. Zur Interpretation des Textes bringen von Winterfelds Ausführungen wertvolle Beiträge; den verfassungsgeschichtlich wichtigsten Satz über die Soester »meliores« erkennt sie als glaubwürdig an, tritt aber von Klockes auf diese Stelle gestützter (an R. Koebner sich anlehnender) Auffassung von einer Patriziatsherrschaft als Vorstufe der Ratsverfassung entgegen.


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