V. Bildungs- und Schulgeschichte.

Dank der souveränen Beherrschung des gesamten Quellenstoffs vermag es H. Keußen (Universität Köln 1919--1929. Köln, Du Mont Schauberg S. 11--52) in aller Kürze aber unter Einstreuung bezeichnenden und Anschauung vermittelnden Details einen Überblick über die Verfassung und Verwaltung der alten Universität Köln zu geben, die 1389 ebenso als Neugründung des Rates ins Leben getreten ist wie die heutige Hochschule vor einem Jahrzehnt, während man früher annahm, sie sei aus Einzelschulen erwachsen. Die größte Blüte erlebte die Kölner Hochschule im 15. Jhd. Keußen hat es verstanden, sowohl über die finanziellen Grundlagen, die Gerichtsbarkeit, die äußere Verwaltung, über die Fakultäten und das studentische Leben ein anschauliches Bild zu entwerfen und druckt als Anlage die Bulle Urbans VI. vom 21. Mai 1388 ab, durch welche die Universitätsgründung genehmigt wurde.

Wie sich die Universität Köln zu Schisma und Reformkonzilien stellte, schildert ebenfalls H. Keußen ( 1688) auf Grund bisher unbenutzten Materials. Ihr Versuch, im Verein mit der Pariser Universität zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit zu gelangen, schlug ebenso fehl wie der des Pisaner Konzils, an dem sich Mitglieder der Kölner Universität beteiligten. Auch auf dem Konstanzer Konzil war sie durch die angesehensten Lehrer vertreten, unter denen Dietr. Kerkering von Münster hervorragt. Seine Briefe sind eine wichtige Quelle zur Geschichte des Konzils, da er in allen Verhandlungen eine bedeutende Rolle spielte. In Basel treten die Kölner nicht so in den Vordergrund. Hier ist besonders der Theologe Heimericus de Campo tätig, der 1435 nach Löwen berufen wurde, wodurch Köln dann offiziell nicht mehr vertreten war. Als dann im Okt. 1440 das Konzil und der Papst Felix V. Gesandte zum Kölner Provinzialkonzil schickten, betonte ein Ratschlag von 6 Gelehrten der Universität die Suprematie des Konzils. Während sich aber Köln für Felix erklärte, trat Löwen unter Führung von H. de Campo für Eugen IV. ein. Auch bei den Tagungen in Frankfurt und Nürnberg 1442--46 zeigten sich die Kölner als Anhänger des Konzils. Aber 1448 vollzog sich nach der Unterwerfung des Erzbischofs


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der Übergang der Universität zur Obedienz Nicolaus V. Die große Publikation von Haller u. a. über das Baseler Konzil scheint in dem Aufsatz nicht berücksichtigt worden zu sein, dafür um so reichlicher die Akten einzelner Fakultäten.

In das folgende Jahrhundert versetzt uns die fleißige und anregende Arbeit von J. Kuckhoff ( 2090). Der Verfasser sucht in gedrängter Kürze darzustellen, »wie sich der Humanismus in den katholischen Schulen des Niederrheins gerade während der ersten Jahrzehnte der Glaubensspaltung durchgesetzt und welche Bedeutung die einheitliche Schulorganisation in ihrer Sonderstellung für den deutschen Katholizismus und für das deutsche Schulwesen überhaupt gehabt hat.« Mit Recht wird betont, daß der Rückgang des Universitätsstudiums in jener Zeit durch das Anwachsen der gelehrten Mittelschulen seine Erklärung findet. Von letzteren behandelt der Verfasser besonders die Schulen des Matthias Bredenbach in Emmerich, des Joh. Monheim in Düsseldorf und des Herm. Kerßenbroch in Münster. Es ist dabei nur nicht zu übersehen, daß im Gebiet des Herzogs von Jülich-Kleve in den ersten Jahrzehnten trotz aller Reformfreundlichkeit des klevischen Hofs eine konfessionelle Trennung noch nicht eingetreten war, während sich z. B. die Kölner Universität sowohl dem Humanismus wie jeder reformatorischen Regung auf kirchlichem Gebiet verschloß. Der Begriff »katholisch«, wie er in Köln aufgefaßt wurde, paßt eben doch nicht so ganz für die genannten Schulen, wie sich dann ja besonders an der Monheimschen Schule zeigen sollte. Es ist doch auch nicht zu vergessen, daß Erasmus u. a. zu den Wegbereitern der reformatorischen Bewegung gehören. Gewiß ist aber nicht zu verkennen, daß der Humanismus sich am Niederrhein in seiner Kraft als Bildungsferment behauptete und dann für die Jesuiten die Basis ihres Schulwesens bildete. Der Verfasser gibt hier in größerer Ausführlichkeit das, was er in der gleich zu erwähnenden Schrift über Rethius nur andeuten konnte.

Dieses Buch von J. Kuckhoff ( 2091) über Johann von Reidt oder Rethius eröffnet dank dem zu Gebote stehenden vorzüglichen Quellenmaterial sehr genaue Einblicke in die schwierige Stellung, die der Jesuitenorden in Köln zu überwinden hatte, nachdem dem Jesuiten Rethius das Tricoronatum (die alte Bursa Cucana) anvertraut worden war. Natürlich ist durch die Aktenpublikation Jos. Hansens das Wesentlichste schon bekannt. Aber der Verfasser hat es unter Heranziehung auch noch unbekannten Quellenstoffs verstanden, von dem Wirken des Rethius als Organisator des katholischen Schulwesens in Deutschland ein umfassendes und lebensvolles Bild zu entwerfen. Wenn es in Köln dem humanistisch gebildeten Sohn eines Kölner Bürgermeisters leichter gemacht wurde, sich durchzusetzen, so war seine Stellung doch insofern schwierig genug, als er nicht dem Jesuitenorden unterstellt und dieser von der Kölner Universität nicht anerkannt war. Manches Licht fällt durch die fleißige (aber schlecht korrigierte) Arbeit auf Lehrmethode und Erziehungsmittel sowie auf die humanistischen Studien auch außerhalb Kölns (z. B. in Düsseldorf).


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