II. Historische Landeskunde.

Aus dem Gebiet der Siedlungs geschichte sei zunächst die fleißige, überwiegend geographisch eingestellte Arbeit Webers über die Wüstungen in Württemberg hervorgehoben (1927, 382). Ihre z. T. recht ansprechenden Ergebnisse bedürfen freilich noch der Nachprüfung, da das verwertete Material ausschließlich der gedruckten Literatur und den Karten entnommen ist und infolgendessen erhebliche Fehlerquellen aufweist; durch diesen ersten umfassenden Vorstoß wird erst deutlich, was der württ. Forschung auf diesem für die Siedlungskunde so überaus wichtigen Gebiete noch zu tun übrigbleibt. Während Weber über ausreichende methodische Schulung, kritische Besonnenheit und genügende Literaturkenntnis verfügt, hat der Mangel an diesen Eigenschaften K. Abeles Versuch über die Besiedelung des fränkisch-schwäbischen Waldgebiets (1929, 411) in einen wilden Husarenritt durch das gefährliche Gelände der siedlungsgeschichtlichen Hypothese ausarten lassen, bei dem nun leider auch einige an sich beachtenswerte Feststellungen über besondere Rechts- und Wirtschaftsverhältnisse in dem genannten Gebiet von einem Wust von Fehlgriffen zugedeckt worden sind. Sehr wertvoll ist dagegen K. Wellers Unternehmen, Verlauf und Geschichte der ma.lichen Reichsstraßen in Württemberg zu klären, wobei zur Ergänzung des ziemlich dürftigen unmittelbaren Quellenmaterials mit Erfolg die Überlieferung über die alten Zollstätten und Geleitrechte herangezogen werden (1927, 383). Die Beziehungen der Burgen- und Städtegründungen zu den alten Straßen, die Neuorganisation des Straßenwesens in der Stauferzeit und seine Weiterentwicklung


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unter der aufsteigenden Macht der Territorien werden weithin geklärt; leider ist das am Schluß angefügte Straßenverzeichnis kein Ersatz für die fehlende Karte.

Für das Gebiet der geschichtlichen Namenkunde sei der Versuch L. Traubs, aus seiner Zuweisung der alten Flußnamen an den keltischen und illyrischen Sprachschatz weitergehende siedlungsgeschichtliche Folgerungen zu ziehen, wenigstens erwähnt (Württ. Vierteljahrshefte N. F. 34 [1928], S. 1--28). P. Gößler nimmt im Anschluß an Bodenfunde und eine luxemburgische Namensparallele die vergessene Ableitung des Namens Württemberg von dem keltischen Eigennamen »Veraudunus« wieder auf und vermutet als Vorgänger der im 11. Jhd. gegründeten Dynastenburg W. einen keltischen Herrensitz, dessen Namen sich auf dem Weg über eine Flurbezeichnung auf die neue Burg übertragen habe (1929, 524).

Aus dem überreichen genealogischen Schrifttum sind hervorzuheben Eiseles Studien über das ortsgeschichtlich bedeutsame Geschlecht der Truchsessen von Urach und seine erst Mitte des 16. Jhds. erloschenen Nebenlinien (1928, 227a), ferner durch W. Maurer aus den Kirchenbüchern einiger altwürtt. Gemeinden zusammengestellte Namenslisten von dort eingewanderten Exulanten, die im 17. Jhd. um ihres Glaubens willen aus den österreichischen Erblanden hatten abziehen müssen (1929, 298).

Als für die Landesgeschichte besonders aufschlußreiche Arbeiten zur Numismatik greifen wir aus der Festschrift, die P. Gößler zum 25jährigen Jubiläum des verdienten Württ. Vereins für Münzkunde herausgegeben hat (1927, 342), heraus die Studie von dem leider inzwischen verstorbenen Otto Lanz über das Geld in Oberschwaben (1927, 346), die einen guten Überblick über die verwirrende Vielheit der im Umlauf befindlichen Münzarten gibt und den allgemeinen landschaftlichen Rahmen schafft zu seinen freilich zeitlich und sachlich weiter ausgreifenden, sehr sorgfältigen Einzelstudien über das Münz- und Geldwesen der oberschwäbischen Reichsstädte Isny (1929, 355) und Ravensburg (1927, 348); des weiteren die aus den württ. Landschreibereirechnungen erhobenen Beiträge Buchheits zur Geschichte der Goldschmiede und Medailleure am Hof Herzog Ludwigs von Württemberg. Über Münzfälschung und Münzfälschertechnik erfahren wir Interessantes aus Limpurgischen Prozeßakten des 18. Jhds., die P. Gößler bespricht (1927, 347).


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