V. Verfassungs-, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte.Für die ma.liche Rechtsgeschichte Württembergs von Interesse sind K. S. Baders vorwiegend
prozeßgeschichtlich eingestellte Untersuchungen über das Vordringen des aus dem kanonischen Recht erwachsenen
Schiedsverfahrens in Schwaben und über sein allmähliches Wiederzurückweichen vor den
anfänglich von ihm begünstigten Territorialmächten auf die Position eines Güteverfahrens in
Bagatellsachen und einer Rechtsinstanz für Streitigkeiten zwischen Reichsunmittelbaren (1929,
1370). Über das Hofgericht in Tübingen und das
württ. Privileg de non appellando legt unabhängig von der 1926 (S. 629) besprochenen Arbeit Graners
Th. Knapp (1928,
1045) eine umfassende Studie vor. Auswirkungen der eigentümlichen
württ. Verfassungsverhältnisse, des Dualismus zwischen Landesherrn und Ständen, weist
Wintterlin in der Entwicklung des württ.
S.539 Heerwesens auf, die er vom 16. Jhd. bis zum Untergang Altwürttembergs verfolgt (1928, 1084 a). Den Kampf der württ. Forstverwaltung zugunsten einer allmählichen Umgestaltung und Einschränkung der Waldgerechtsame, die in dem zwischen Stuttgart und Tübingen gelegenen Waldgebiet Schönbuch, einem früheren Reichsforst, anliegende Ortschaften, Höfe und Adlige, die sog. »Schönbuchgenossen«, besaßen, verfolgt F. Graner bis zur endgültigen Ablösung dieser Rechte im Lauf des 19. Jhds. (1929, 1372); besonders dankenswert ist der recht ausführliche Überblick über die wertvolle, mit dem 14. Jhd. einsetzende Reihe der Schönbuchlagerbücher und -forstordnungen.Die Arbeit E. Neuschelers über Entstehung und inneren Aufbau der Grundherrschaft
des bedeutendsten und wirtschaftstüchtigsten Männerklosters Altwürttembergs, des ebenfalls am
Schönbuch berechtigten Zisterzienserklosters Bebenhausen (1928,
1128 a), sucht mit gutem Geschick eine recht reiche und wohl erhaltene
archivalische Überlieferung erschöpfend auszuwerten. Verliert sich N. auch manchmal zu sehr ins einzelne, so
bringt er doch wieder wichtiges wirtschafts- und rechtsgeschichtliches Material zur Geschichte der Dorfmarken und
Höfe und des ganzen Bauerntums bei. Wir heben als besonders fruchtbar hervor die Beobachtungen über die sich
ständig mildernde Form der Leihe in ihrer Entwicklung von der Leibleihe zur Erbleihe, über die
allmähliche Umwandlung des Lehens in ein mit Gültlast beschwertes Eigentum des bisherigen Beständers
-- Entwicklungen, die nach N. wesentlich durch das Überangebot an Leiheobjekten bedingt werden --, über den
Zerfall und die allmähliche Vermeierung der Eigenbetriebe des Klosters, eine Folge des Rückgangs des
Laienbrüderinstituts. Schließlich wird noch der allmähliche Abstieg des Klosters vom Reichs- zum
Landeskloster verfolgt. Von Märkten, die sich im MA. auf freiem Feld im Zug großer
Verkehrswege ohne Rückhalt an eine besondere Marktsiedelung entwickelt haben, bestehen in Württemberg heute
noch zwei: dem einen von ihnen, dem Markt auf der Muswiese bei Musdorf, vermutlich einer Gründung der
ortsgewaltigen Herren von Bebenburg, treuer hohenstaufischer Gefolgsleute, bei der Kreuzung zweier wichtiger
Fernstraßen in einem heute noch städtearmen Gebiet südwestlich von Rothenburg o. T., widmet K. O.
Müller eine ausführliche geschichtliche Studie, die seine Entwicklung bis in die unmittelbare
Gegenwart herab behandelt (1927,
1425). Wie das auf Salzeinfuhr angewiesene
Altwürttemberg den Kampf der salzerzeugenden Staaten (u. a. Bayerns) um den württ. und weiterhin
südwestdeutschen Markt im 18. Jhd. mit vorübergehendem Erfolg zum Vorteil seiner Weinausfuhr auszunützen
suchte, wie dabei die wiederholt, auch zur Zeit des Jud Süß, einsetzenden Bemühungen, das bisher von den
württ. Landstädten verwaltete Salzmonopol der Herrschaft zuzuspielen, zu Konflikten zwischen Landschaft und
Herzog führten, schildert eine stoffreiche Arbeit des leider inzwischen verstorbenen Heilbronner Forschers M. v.
Rauch (1927,
1532) bis herab zur Aufrichtung des staatlichen Salzmonopols durch Friedrich
I. (
1806). Dank des Gebietszuwachses Anfang des 19. Jhds. trat Württemberg
selbst in die Reihe der salzerzeugenden Länder; von Interesse für die Geschichte des württ.
Salinenwesens ist Liefmanns Darlegung über die Geschichte des 1828 gegründeten
Neckarsalinenvereins, eines Auftrags- und Gewinnverteilungs- wie auch Gebietskartells, dem u. a. die württ. Salinen
Friedrichshall und Clemenshall angehörten (1929,
1601).
S.540 Wenn K. Greiner (Württ. Vierteljahrshefte N. F. 34 [1928], S. 78 ff.) auch kein geschlossenes Bild von der wirtschaftlichen Entwicklung der alten württ. Glasindustrie zu entwerfen vermag, so sind wir ihm doch für die Nachrichten über die alten Glashütten im württ. Waldgebiet, ihre Beziehungen zu Waldwirtschaft und Forstverwaltung sowie über die eng untereinander verbundenen Glaserfamilien angesichts der Zersplitterung und der Dürftigkeit des Materials zu Dank verpflichtet. Ein fördernder Beitrag zur älteren Geschichte der Eisenindustrie auf dem Boden des heutigen Württemberg ist der Überblick über die Entwicklung des Hüttenwerks Wasseralfingen unter den Fürstpröpsten von Ellwangen, den G. M. Pazaurek seiner interessanten Studie über die für das Werk als Formschneider tätigen Glieder der Bildhauerfamilie Paulus voraufschickt (Ellwanger Jahrbuch 1926/28, S. 59 ff.). Die Entwicklung der staatlichen Eisenindustrie Württembergs vom Anfang des 19. Jhds. bis zur Überführung der Werke in den gemischtwirtschaftlichen Betrieb (1921) betrachtet O. Schirmer (1927, 1530) zuvörderst als einen Ausschnitt aus dem Problem der Wirtschaftlichkeit der Staatsbetriebe. Die Arbeit, die auch die Wohlfahrtseinrichtungen behandelt und eine nach dem Standortsprinzip aufgebaute Zusammenstellung über die Geschichte der einzelnen Werke enthält, ist ungeschickt angelegt, enthält aber ein aus den Stuttgarter Akten geschöpftes, überaus reichhaltiges und aufschlußreiches Material, dessen Fruchtbarmachung für die Landesgeschichte durch die Erscheinungsform (Münchener maschinenschriftliche Dissertation) leider unmöglich gemacht ist. |
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