5. Kärnten.

Das Kärntner Landesarchiv, dessen Geschichte M. Wutte dargestellt hat ( 58), enthält nach dem als Anhang beigegebenen Bestandsverzeichnis vor allem das Archiv der Landstände und einer großen Zahl mittlerer und unterer staatlicher Behörden, aber auch zahlreiche Archive von Städten, Märkten, Klöstern und weltlichen Grundherrschaften, die hier geborgen wurden. Aufbau und Erschließung dieses Archivs ist in erster Linie das Verdienst


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des Landesarchivars August v. Jaksch, der im Berichtsjahr seine Geschichte Kärntens bis 1335 ( 771) zu Ende führen konnte. Was der verdiente Herausgeber der Monumenta ducatus Carinthiae hier geben will, ist allerdings keine Landesgeschichte oder historische Landeskunde im modernen Sinn, sondern eine kritische Chronik, die sich bewußt an das Vorbild der Jahrbücher des Deutschen Reiches anschließt. Daß Jaksch aus äußeren Gründen auf die Beigaben von Belegen verzichten muß, ist für die Zeit bis 1269 erträglich, da sie ja in den Monumenta ducatus Carinthiae bis dorthin gesammelt vorliegen. Das Werk gibt in den ersten Kapiteln eine Zusammenstellung von Funden und Nachrichten aus der Vorgeschichte, aus Römer- und Slawenzeit und sodann am Leitfaden der wechselnden Herzogsgeschlechter die Nachrichten über den äußeren Ablauf jener Geschehnisse, die irgendwie mit Kärnten etwas zu tun haben. Daß dabei aus einer Kärntner Chronik gelegentlich eine Weltchronik wird, wird man gerne in Kauf nehmen. Am Schluß des Werkes sind unter der Spitzmarke »Kirchliches und Kulturelles« die einschlägigen Nachrichten von 1060 bis 1335 zusammengestellt. Wenn der Verfasser im Vorwort meint, daß man so manches, zum Beispiel Siedlungs-, Wirtschafts- und Rechtsgeschichte vermissen werde, so glaube ich doch, daß der Verfasser besser daran getan hat, sein gründliches und gediegenes Werk, das Ergebnis einer Lebensarbeit, mit diesen Dingen nicht zu belasten. Wir möchten nur wünschen, daß auf der zuverlässigen Grundlage, die Jaksch bietet, eine wirkliche Landesgeschichte von Kärnten geschrieben wird, wo das Schicksal und die politische, soziale und geistige Struktur dieses Gebildes Gegenstand der Darstellung sein kann, nicht bloß die unorganische Verbindung von lokaler Quellenkenntnis und Handbuchwissen, welche sich in Landesgeschichten so oft breit machen. Daneben wird Jakschs Werk, von dem man nicht vergessen darf, daß es unter den schwierigen Arbeitsbedingungen einer kleinen österreichischen Landeshauptstadt entstanden ist, immer seinen Wert behalten. -- Die vier Fassungen der Stiftsurkunde Herzog Heinrichs III. von Kärnten für St. Lambrecht vom 7. Jänner 1103 sucht O. Wonisch ( 703) auf ihre Echtheit zu prüfen und kommt zu dem Ergebnis, daß A 1 echt, A 2 eine nachträgliche Kopie, B und C hingegen Fälschungen sind.

Auf den Kärntner Herzogsstuhl haben, wie die Arbeit Wuttes ( 1362) zeigt, die Herzoge von Kärnten die Huldigung der Stände entgegengenommen und die Belehnungen erteilt, während sich um den »Fürstenstuhl« die bekannte, viel umstrittene Zeremonie der Herzogseinsetzung abspielt. Wutte gibt eine Übersicht über die geschichtlich nachweisbare Verwendung des Herzogsstuhles und damit einen wertvollen Beitrag zur Darstellung der Rechtsformen von Huldigung und Belehnung und spricht schließlich von seinem Schicksal im 19. Jhd., das für die Rekonstruktion des ursprünglichen Bestandes wichtig ist.


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