III. Urkunden und Kanzleien der Päpste und Könige.

Die sämtlichen, auf Papyrus geschriebenen Papsturkunden, mit Ausnahme der 12 in französischen Archiven verwahrten, noch nicht restaurierten Stücke, liegen jetzt auf den 43 Tafeln eines, im Auftrag Papst Pius XI. geschaffenen Monumentalwerks ( 263) in schön gelungenen, unter Leitung E. Carusis entstandenen Abbildungen vor. Die von H. Ibscher restaurierten Urkunden, von denen 10 aus Spanien, 3 aus Italien und 2 aus Deutschland stammen, sind in unbedeutender Verkleinerung, zum Teil sogar in Naturgröße wiedergegeben. Der Plan der Veröffentlichung rührt, dem Vorwort G. Mercatis zufolge, von P. Kehr her, während die Transskriptionen von K. Silva-Tarouca und Chr. Erdmann gefertigt sind. Dieses Werk, dessen Verbreitung allerdings durch seinen Preis einigermaßen erschwert werden dürfte, bietet nicht bloß der heutigen Wissenschaft ein äußerst wertvolles Hilfsmittel. Es kann vielmehr der Forschung der Zukunft noch viel


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größere Dienste leisten, sofern nämlich die eine oder die andere jener ältesten, auf wenig haltbarem Schreibstoff geschriebenen Papsturkunden einmal Schaden leiden oder gar zugrunde gehen sollte. Zu den Papsturkunden vgl. auch 1656, 1659, 1696.

Lücken unserer Kenntnisse von den ma.lichen Herrscherkanzleien und deren Ausfertigungen füllen zwei Veröffentlichungen des Berichtsjahrs aus. Heuberger ( 264) gibt, vor allem auf Grund einiger Stellen bei Viktor von Vita und zweier durch diesen Schriftsteller überlieferter Erlasse Hunerichs eine Darstellung des bislang noch ganz unerforschten Urkunden- und Kanzleiwesens der Vandalenkönige. Diese erweitert sich durch Heranziehung der abschriftlich erhaltenen Urkunden anderer ostgermanischer Herrscher und durch Verwertung unserer derzeitigen Kenntnisse von Kanzlei- und Urkundenwesen der römischbyzantinischen Kaiser, der Päpste, der Merowinger und Langobardenkönige zu einem vergleichenden Überblick über die bisher noch nicht im Zusammenhang behandelte Gesamtentwicklung der Formen der Herrscherurkunden und der Einrichtungen der Reichskanzleien der Völkerwanderungszeit. Rassow ( 272) hingegen stellt in einer umfangreichen, von 5 Tafeln begleiteten Arbeit auf Grund der in Madrid vorhandenen Stücke Kanzlei- und Urkundenwesen Kaiser Alfons VII. von Spanien dar und schließt Regesten dieses Herrschers an. Seine gründlichen und ertragreichen Ausführungen, in denen zum erstenmal in vollwertiger Weise ein Ausschnitt aus dem noch wenig bekannten Urkundenwesen des ma.lichen Spaniens behandelt erscheint, lassen deutlich grundsätzliche Unterschiede zwischen der spanischen und der deutschen Königsurkunde erkennen. Es wäre lebhaft zu wünschen, daß weitere Forschungen in ähnlicher Art auch über Schreibstuben und Ausfertigungen anderer Herrscher der iberischen Halbinsel Aufschluß geben möchten. Denn das letzte Ziel der Forschung auf dem Gebiet der ma.lichen Königsurkunden, eine auf vergleichender Betrachtung beruhende Erkenntnis der Gesamtentwicklung dieser Schriftstücke und der Reichskanzleien des Abendlandes, kann erst erreicht werden, wenn man wenigstens in großen Zügen Klarheit über alle einschlägigen Erscheinungen besitzt.

Endlich ist hier noch zweier Aufsätze aus dem Bereich der rastlosen und wertvollen Kleinarbeit auf dem Gebiet der fränkisch-deutschen Herrscherurkunde zu gedenken. Bachtin ( 271) legt dar, daß eine verlorene vor 800 entstandene Urkunde Karls d. Gr. für das Bistum Cremona bloß eine Besitzbestätigung, nicht aber eine Immunitätsverleihung enthalten und daß es eine Ausfertigung Ludwigs d. Fr. für die genannte Kirche vermutlich nicht gegeben habe. Zatschek ( 273) hinwieder macht wahrscheinlich, daß Erzbischof Adalbert von Mainz Embrico, den ersten Kanzleileiter und andere Schreiber Lothars III. in die Kanzlei dieses Herrschers gebracht habe, die dann bei Antritt des ersten Italienzuges mit neuen Männern besetzt worden sei, deren einer (E. A. Bertolf) aus Paulinzelle gekommen und nach des Kaisers Tod Domherr in Bamberg geworden sei. Zu den fränkisch-deutschen Königsurkunden vgl. auch 475, 503 f., 702, 704, 721 f., 738, 747, 756, 767.


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