§ 9. Münzwesen

(F. Frhr. v. Schrötter.)

Das Jahr 1929 hat mehrere die Aufgabe und das System der Numismatik behandelnde Arbeiten gebracht. Schwinkowskis Vortrag bespricht Wege und Ziele der Numismatik und Geldgeschichte in 6 Richtungen: 1. Numismatik oder Münzkunde in engerem Sinne, die »reine Numismatik« Picks, ein meines Erachtens verfehlter Begriff, 2. Wissenschaft vom primitiven Gelde, 3. Papiergeld- und Notgeldkunde, 4. Geldgeschichte, 5. Geldtheorie, 6. Geldphilosophie ( 338).

B. Laum hatte 1924 ein Buch »Heiliges Geld« herausgegeben, in dem er den sakralen Ursprung des Geldes, besonders des Rindergeldes und der Münze zu behaupten suchte. Die meisten seiner Erörterungen sind dann von M. San Niccolò als nicht bindend erwiesen worden (Zeitschr. f. vergl. Rechtswiss. 52, S. 308--312), weil er die späteren babylonischen Verhältnisse außer acht gelassen oder andere Angaben zu einseitig ausgelegt oder zu sehr verallgemeinert


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hatte. Jetzt ist ein anderes Buch Laums erschienen ( 337), in dem er leugnet, daß die heute überwiegend als Hauptzweck des Geldes angenommene Tauschmittelfunktion wirklich am Anfange der Münze stehe und die Aufschrift nur die staatliche Garantie bescheinige. Ich muß mich hier darauf beschränken, einige seiner »Ergebnisse« kurz vorzuführen. Die Göttin Moneta war die Verkörperung der ausgleichenden Gerechtigkeit; die Münze wurde Moneta genannt, weil sie als zukommende Gebühr verteilt wurde. Da der Begriff der moneta nicht aus dem Bereich des Güteraustausches stammt, die Unhandlichkeit der schweren Stücke sie dafür ungeeignet macht, kann sie nicht speziell als Umlaufsmittel geschaffen sein. Metallart und Gewicht der Münze werden je nach dem Range des Gebers und dem Verdienst des Empfängers gewählt. Eine primäre Funktion der Münze ist, gemeinschaftsbildendes Symbol zu sein, die Bindefunktion dabei ist in dem magisch-religiösen Charakter der Münze begründet. So originell und anregend manche der Laumschen Sätze sind, so glaube ich doch, daß nur wenige Leser durch deren Begründung überzeugt werden möchten, die meisten vielmehr bei der Tauschmittelfunktion, das heißt dem Geldcharakter der Münze, als deren primärem Zwecke bleiben werden.

Eine Replik Nossens auf Suhles Anzeige des 4. Bandes seines Kölner Münzwerks hat eine von Suhle und Menadier verfaßte Duplik hervorgerufen ( 360, 362), in der sie auf Grund von Urkunden, die Noss zum Teil nicht oder nicht in den Originalen gesehen hat, Irrtümer desselben berichtigen und Menadier die Arbeitsweise Nossens beurteilt und dessen Angriffe auf die Verwaltung des Berliner Münzkabinetts in temperamentvoller Weise zurückweist. In noch höherem Grade geschieht das gegen E. Bahrfeldt. In einer »Kritik« (Berliner Münzbl. 49, S. 404) hatte M. auf dessen Rüge, daß M.s Kritik eines Buches »lieblos« sei, geschrieben: »Freie Bahn dem Tüchtigen sichern zu können, bedingt ihre Säuberung von Untüchtigen, zumal gegenüber der z. Zt. die ganze deutsche Wissenschaft bedrückenden Not und vor allem übrigen auf unserem Wissensgebiet, das wie kaum ein zweites ständig von Bönhasen und Sonntagsjägern beunruhigt wird.« Diese Kritik hatte eine Replik Bahrfeldts hervorgerufen (Num. Lit. Bl. S. 2332), worauf ihm M. nun in drastischer Weise antwortet. Mag auch jemand behaupten, daß M. in diesen Streitschriften die positiven Leistungen anderer zu wenig berücksichtigt, so wird ihm immer der Dank der Wissenschaft für seine mannhafte Abwehr unberechtigter Angriffe und die Hochhaltung der deutschen Numismatik bleiben. Hierzu vergleiche man die kurze Biographie Menadiers und das Verzeichnis seiner Schriften ( 336). Die Bedeutung des ersten deutschen wissenschaftlichen Numismatikers, des Humanisten Joh. Aventinus, behandelt Leidinger ( 352).

Wenden wir uns nun zu dem früheren MA., so haben wir zunächst die Studien Cahns über die ältesten Germanenmünzen anzuzeigen, welche schwierige und noch kaum vorgenommene Aufgabe mit einer Silbermünze Kopf mit torques-Figur mit torques versucht wird. C. ist für ihre Zugehörigkeit zu den Mattiakern, gestützt vor allem auf die Funde dieser Münzen zwischen Taunus und Main. In einem zweiten Aufsatz läßt er es aber unentschieden, welches Volk um 50--12 v. Chr., in welcher Zeit jene Münzart geprägt sein müsse, in jenen Gegenden saß ( 340). Ferner bespricht Cahn zwei neue Typen germanischer Goldbrakteaten, einen mit Schreitender (Victoria), den anderen mit Kopf (Odin?) ( 341). Seine Beschreibung solcher 20 in Schleswig-Holstein gefundener


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Goldbrakteaten mit ihren bizarren und meist antiken Mustern nachgeahmten Tieren und Köpfen setzt Nöbbe fort ( 342); besonders bemerkenswert ist ein Stück mit SALUSALU in Runenschrift, dem wohl magische Bedeutung zukomme. Sehr bedeutend ist die Bereicherung der merowingischen Numismatik. Dem Kustos am Berliner Münzkabinett Suhle ist es geglückt, aus dem Funde von Bais in Nordfrankreich einige der höchst seltenen merowingischen Silberdenare zu erwerben, unter ihnen einen jenes mächtigen Hausmeiers Ebroino und einen, auf dem zum ersten Male der Name Fridericus (monetarius) erscheint ( 344). Weiter bespricht Suhle in knapper, aber das Wesentliche erfassender Weise die merowingische Prägung, indem er die Eigenart der Münze der Könige, Geistlichen und Monetare charakterisiert und den Münzfuß sowie das immer nach römischen Vorbildern gewählte Gepräge behandelt ( 345). Sehr merkwürdig sind von fränkischen Münzen jene aus der französischen Literatur (Prou, Belfort) bekannten, sehr dünnen, in Gräbern gefundenen »Argentei«, die im 5. und am Anfange des 6. Jhds. mit römischen Kaiserbildern und teils lesbaren, teils nicht zu entziffernden Kaisernamen bekannt sind. Jetzt haben Gräberfunde am Rhein ebensolche Münzen zutage befördert. Auch Hävernick, dem wir ihre Beschreibung verdanken ( 345 a), hält diese Argentei für Vorgänger der erst im 7. Jhd. geprägten schweren merowingischen Denare. Diesen kleineren Arbeiten schließt sich eine größere über das merowingische Geldwesen an ( 343), die mit emsigem Fleiß gesammelte Auszüge aus Gregors Frankengeschichte und anderen erzählenden Quellen gibt. Aus ihnen geht hervor, daß von den Königen, Geistlichen und Privaten in Truhen, Säcken und Strümpfen (iniquis marsupiis) Schätze gesammelt wurden, unter denen auch Münzen waren. Diese Tatsache ist unbestritten. Kloss will aber beweisen, daß damals die Münzen nicht nur als Schatz und als Zahl-, sondern auch als Tauschmittel, als Geld fungierten. Das gelingt ihm bis zu einem gewissen Grade; denn wenn ein Stück Tuch verkauft wird, um den Ertrag als Almosen den Armen zuzuwenden, so wird der Verkauf wohl gegen Münzen stattgefunden haben. Aber gegen welche Münzen? Doch wohl kaum gegen Gold-Solidi und -Trienten (K. schreibt immer Trianten). K. sagt, die Vermutung liege nahe, daß der fränkische Denar schon im 6. Jhd. geprägt sei. Bisher nahm man das nicht an. K. kennt die Literatur darüber nicht, weder Prou, den er nur einmal ganz am Schluß nennt, noch Hilliger, sonst würde er sich darüber geäußert haben, ob die Argentei des Gregor jene dünnen Silbermünzen mit kaiserlich römischem Typus, von denen wir eben gesprochen haben, gewesen sein können. Bestand, was auch K. anführt, das gesamte römische Steuerwesen zunächst in ganz Gallien fort, so mußten doch, wie vorher, Münzen da sein, mit denen die Steuern gezahlt werden konnten. Das werden römische, dann die diesen nachgeprägten Argentei gewesen sein. Gegen die behauptete Geldwirtschaft im Merowingerreich scheint mir zu sprechen, daß die Quellen immer nur Posten mit 2, 3, 4 Nullen, z. B. 50 000 Aurei, 200 000 Solidi nennen. Eine ungerade Zahl, z. B. 1487 Schillinge, wäre für die Geldwirtschaft viel beweisender, denn in jeder Geldwirtschaft seit der babylonischen um 2000 v. Chr. gab es Steuerzettel, Kontrakte und Quittungen; in der merowingischen, wenn sie bestand, dürften sie kaum gefehlt haben. Vgl. auch die Anzeige von von Loehr in der Num. Zeitschr. Wien 1929, S. 140.

Hilliger sucht den Ursprung des Gewichtes »Mark« zu ergründen


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( 346). Nachdem er die von nordischen Forschern auf Grund von Vergleichung der Fundstücke mit der schriftlichen Überlieferung aufgestellten Theorien erwähnt und beurteilt hat, kommt er in mühevoller Untersuchung zu dem Schluß, daß das Goldgewicht der Merowinger streng von dem Silbergewicht der Karolinger zu scheiden und das Silbergewicht »Mark« eingeführt sei, um, einem bestimmten Goldvorrat entsprechend, den Übergang von der alten Gold- zu der neuen Silberwährung zu vermitteln. Demgegenüber verweist N. Bauer auf die Forschungen Arnes, der eine Annäherung an das arabische Gewichtsystem gefunden habe. Dies widerlegt Hilliger, indem er einige Irrtümer Arnes aufdeckend zeigt, daß nicht das Pfund von Irak, sondern das Karls des Großen das Nordland eroberte. -- In welchen enormen Mengen die abendländischen Münzen in russischer Erde deponiert wurden, zeigt die Arbeit des Kustos am Münzkabinett zu Leningrad N. Bauer ( 348). Da die dortigen Verhältnisse den Druck der Arbeit nicht ermöglicht haben, hat die Berliner Zeitschr. f. Numismatik sie übernommen in der Erwägung, daß die weitaus größte Anzahl jener Münzen aus Deutschland stammt. B. hat alle Funde genannt, so viel oder so wenig über sie zu erfahren war, wobei ihm besonders die Arbeiten der russischen archäologischen Kommission, die alle Funde eingefordert hat (1859 bis 1917), von Nutzen waren. Die nichtrussischen Funde hat er nach der Literatur, vor allem den Werken von Köhne, Dannenberg und Menadier, die englischen nach Nordmann, aber unter dauernder kritischer Behandlung beschrieben. Der Stoff ist topographisch gegliedert: die beiden Teile behandeln die Funde des Ostbaltikums (S. 1--66) und Rußlands (S. 67--187); in ihnen geschieht die Gliederung nach den alten Gouvernements, endlich nach den den Fundstellen nächsten Ortschaften. Das ganze ist eine sehr mühsame, grundlegende und anerkennenswerte Arbeit. Manche sprachlichen Unbeholfenheiten und Russizismen hätten von der Redaktion beseitigt werden müssen.

Einen Sachsenpfennig mit der Umschrift +UVA˩HYZE verweist Menadier ( 363) nach Wallhausen an der Helme, einer 1½ Jahrhunderte von den sächsischen und fränkischen Kaisern vielbesuchten Curtis, und sieht in dieser Münzstätte einen weiteren Beweis dafür, daß jenen Münzen der Name »Wendenpfennige« nicht zukommt. Menadier führt entgegen seiner früheren Ansicht, daß neben der Münzstätte zu Braunschweig zur Zeit Heinrichs des Löwen schwerlich schon eine andere bestanden habe, jetzt an ( 370), daß seitdem nicht nur weit ältere braunschweigische Münzen, sondern auch solche der Münzstätte Hannover zutage gekommen sind: Dünnpfennige mit Löwen Heinricus dux Ha-Städtebild, die dem Schnitt nach dem älteren Heinrich dem Stolzen zuzuweisen sind. Der seltene Fall, daß eine Münze ohne Angabe des Münzherrn durch ihre Ähnlichkeit mit gleichzeitigen anderen, hier solchen des Abtes Rudhard von Hersfeld (1059--72), bestimmt werden kann, trifft auf einen Denar mit Bild des h. Bonifacius des Fulder Abtes Siegfried (seit 1060) zu, der einem russischen Funde entstammt. Nach dieser Feststellung führt Menadier ( 356) die Tatsache an, daß die meisten Funde deutscher Münzen des 11. und 12. Jhds. slawischem, die wenigsten deutschem Boden entstammen (vgl. Nr. 348) und zeigt, daß dieser Umstand eine bessere Verwendung der Münzen in Deutschland beweist, wo sie Geld waren, während sie im Osten nur als Schatzstücke dienten, nicht anders als das zerhackte Silber, das keinem einzigen der westlich der Elbe gemachten Funde beigemischt ist.


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Buchenau sucht, auf die Urkunden Lacomblets sich stützend, wahrscheinlich zu machen ( 358), daß die Villa Remagen schon zu Ende des 10. Jhds. zum Teil den kölnischen Erzbischöfen unterstand, wie denn die dort geprägten Denare seit König Otto III. auf einer Seite den kölnischen Typ zeigen. Anschließend werden die späteren Remagener Gepräge bis ins 14. Jhd. aufgezählt.

Zu den beiden großen mitteldeutschen Brakteatenfunden von Gotha und Seega (Jberr. IV, S. 109) kommt nun ein dritter von Mertens bearbeiteter ( 372), der 1911 in Nordhausen gemacht wurde, dessen Schwerpunkt aber weniger als der jener beiden in Thüringen als vielmehr in Niedersachsen liegt. Die Stücke sind weniger gut erhalten, und unter ihnen sind viele Hälften und Viertel, ein Zeichen für die vorgeschrittene Geldwirtschaft in der Zeit dieser Münzen 1180 bis 1200. Die Aufgabe, die Verfasser sich gestellt hat, den Fund der münzwissenschaftlichen Forschung zugänglich zu machen, scheint mir durch genaue Beschreibung, schöne Abbildungen und die große Mühe und Vorsicht erfüllt zu sein, mit denen die chronologische und territoriale Zuteilung versucht ist. M. setzt sich dabei mit den bisherigen Bestimmungen auseinander, von denen er öfter abweicht. 89 Münzherren in Nieder- und Obersachsen, Thüringen und Hessen sind Münzen zugeteilt worden, worunter manche bisher unbekannte Stücke, z. B. als die wohl älteste mit Schrift versehene mecklenburgische Münze die des Gunzelin II. (1195--1220). Wieviel aber noch zu tun ist, zeigen besonders die Brakteaten von Magdeburg und Mansfeld. Ich weise noch hin auf die Erörterungen über die Entstehung, Form und Bedeutung des Reichsapfels, über die wirtschaftliche Wichtigkeit der Nachprägungen und die schwierigen, aber höchst anziehenden Erforschungen der dynastischen Münzen. Öfter wäre wohl dem Laien etwas mehr entgegenzukommen gewesen, so hätte S. 85 angedeutet oder wenigstens auf die Literatur verwiesen werden können, aus der zu erfahren ist, warum diese Münzen nach Altenburg gehören.

Wir betrachten nunmehr die die Zeit nach dem Interregnum behandelnden Arbeiten wie früher in geographischer Folge. Zuvor aber eine allgemeine Arbeit ( 347), in der Buchenau die Geschichte des Groschens erörtert, der immer ein Vielfaches gewesen sei; wenn er aber schon in dem Denar Karls des Großen einen Groschen sehen will, so fragt sich doch, welches denn damals die Einheiten waren. Die italienischen Grossi werden genauer behandelt und endlich die Bezeichnung Groschen der heutigen österreichischen Kupferheller sehr mit Recht als völlig sprachwidrig verworfen.

Der am 25. April 1929 verstorbene Forstrat Lanz in Stuttgart hatte eine Geld- und Münzgeschichte der Stadt Isny im Allgäu hinterlassen, die P. Gössler herausgegeben hat ( 355) und in der das Thema in derselben gründlichen Weise behandelt wird, wie es schon in des Verfassers Münzgeschichte von Ravensburg (Jberr. III, S. 139) geschehen ist. Isny hat erst in der Blütezeit seiner Hauptindustrie, der Leinenfabrikation, am Anfange des 16. Jhds. das Münzrecht erlangt. Lanz schildert jedoch auch das frühere Geldwesen, zuerst das der Grafen von Veringen, deren Fronhof Isny um 1040 war und denen ein Brakteat mit Hirschstange (Veringen) und drei Nägeln (Eisen für Isinac-Isny) aus der Mitte des 12. Jhds. zugewiesen wird. Eingehend werden dann die Brakteaten, Heller und Prager Groschen besprochen. Nach einem Blick auf die bekannten schwäbischen Münzvereine des 15. Jhds. kommt L. auf die erste und eigentlich einzige bedeutende Prägung der Stadt, die Batzenmünzung von 1508 bis 1532:


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von 254 Katalognummern des Buches sind 168 Batzen, deren Varianten L. nicht einmal aufzählt. Ihr Münzfuß und der der anderen Silbermünzen Isnys war außer zuletzt immer vorschriftsmäßig, doch spielten die anderen Münzen, außer vielleicht die 3-Kreuzer von 1554 und 1555 keine bedeutende Rolle im Verkehr, so wichtig sie auch numismatisch sind. Nachdem der Dreißigjährige Krieg den Wohlstand der Stadt vernichtet hatte, ist von ihr noch einmal gegen Ende des 17. Jhds. gemünzt worden und zwar Kupferpfennige in enormen Massen, aus dessen Schlagschatz die Ratsherren sich bereicherten, welchem Unfug Württemberg 1705 durch Zerstörung der Münzstätte ein Ende machte. Vgl. auch die Anzeige von Buchenau im Num. Lit. Bl. S. 2388 f. --Buchenau sucht mit Erfolg die Prägungen des Würzburger Bischofs Berthold (1275--1287) und die gleichzeitigen des Königs Rudolf bei dessen wiederholtem Aufenthalt in Würzburg und Nürnberg in diesen beiden Orten und vielleicht auch in Schweinfurt, das er 1282 zur Stadt machte, nachzuweisen ( 353). Dem in dem III. Bande der Jberr. besprochenen 1. Teile des brandenburg-fränkischen Münzwesen des Referenten ist nun der zweite gefolgt, der das 16. Jhd. enthaltend in zwei Abteilungen: Münzbeschreibung und Münz- und Geldgeschichte zerfällt. Die lebenden Mittelpunkte der Darstellung bilden die beiden Markgrafen Albrecht und Georg Friedrich, indem das unstete wilde Kriegsleben jenes in seinen merkwürdigen Prägungen, besonders denen des Sturmjahres 1553, zum Ausdruck kommt, Georg Friedrich aber, der Schrittmacher der Großmacht Preußen, in seinen Münzstätten zu Schwabach, Königsberg und Jägerndorf durch eine sehr ausgiebige Prägung von Reichstalern und Reichsguldinern im Verein mit den drei Oberkreisen geholfen hat, den damaligen Höhepunkt im deutschen Münzwesen zu erreichen. Es schien daher nötig, in einem größeren Anhang die in Königsberg und Jägerndorf geschlagenen Münzen der fränkischen Hohenzollern zu beschreiben, was noch nicht geschehen und hier am zweckmäßigsten vorzunehmen war. Im übrigen sind die Anzeigen in der Dt. Lit.-Ztg. 1930, S. 2047 ff. und in der Frankf. Münzzeitung 1930, S. 617 zu vergleichen ( 354).

Über den 2. und 3. Band des Jülich-Bergischen Münzwerks von Noß ( 359), in denen die Jülicher und Bergischen Münzen von 1348 bis 1808 behandelt werden, möchte ich mir zunächst eine systematische Bemerkung erlauben. Ich habe schon öfter gesagt, daß eine Münzbeschreibung ohne Hinzuziehung der Münzgeschichte oder diese ohne Kenntnis der Münzen Halbheiten sind; auf der anderen Seite geht es aber zu weit, wenn beide ineinandergeschachtelt werden. M. v. Bahrfeldt hat neulich mit Nachdruck behauptet, dies sei das einzig Richtige und von ihm erprobte Verfahren. Ich bestreite das ebenso nachdrücklich. Wenn Noß den Stoff der Akten und die Münzbeschreibung durcheinander gibt und nach den Regierungszeiten der Herzoge teilt, so wird dadurch eine die Entwicklung anzeigende Darstellung unmöglich. Denn die Cäsuren der Münzgeschichte fallen nicht mit den Thronwechseln zusammen, sie fallen nicht an den Anfang oder das Ende der Regierung Wilhelms II. (1360--1408), sondern »den Markstein der rheinischen Münzgeschichte bildete der Köln-Trierer Vertrag von 1372«; nicht mit dem Anfang oder dem Ende der Regierung Johanns (1511 bis 1539) zusammen, sondern in den Beginn der Talerprägung um 1500. Wenn Noß sagt, er wolle so die Münzsammler zwingen, auch die Münzgeschichte zu lesen, so dürfte der Erfolg in den meisten Fällen ausbleiben. Gemildert würde der Mißstand durch ein ausführliches Register; in den Registern beider Bände


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fehlt aber, um nur dies anzuführen, ein Stichwort »Münztechnik«, deren Einrichtungen nun der Leser mühsam aus den Bänden zusammensuchen muß. Wenn ebenso wie es für den ersten Band (Jberr. II, S. 140 f.) bemerkt ist, Grote auch die späteren Münzen in mustergültiger Weise bearbeitet hat, so ist doch von Noß viel Neues gebracht und Altes berichtigt worden; besonders ist er der sehr komplizierten Währungsverhältnisse, der mannigfachen Rechnungsarten in jenen von Kurrhein, Westfalen und den Niederlanden beeinflußten Gebieten Herr geworden. Noß hat auch hier wieder seine große numismatische Beanlagung durch die sorgfältige Behandlung der Münzen in bezug auf Chronologie, Heraldik und Stempelschnitt bewiesen. Bei der Beschreibung hat er aber wohl doch selbst das Unpraktische seiner Anordnung nach Jahren statt nach Nominalen gefühlt (III, S. 94). Im allgemeinen unterscheidet sich das Münzwesen jener Ländchen kaum von dem anderer deutscher Kleinstaaten, ja, es hat mich die Ähnlichkeit mit dem Brandenburg-Fränkischen frappiert: hier wie dort ein ewiges Flehen der Münzmeister, sie doch etwas münzen zu lassen, damit sie mit dem Schlagschatz sich des Hungers erwehren könnten, ferner eine übermäßige Herstellung von Kleingeld, bis das dadurch bewirkte Steigen der Warenpreise und des Werts der guten Sorten den Unfug verbot. Dann setzte man wohl eine 3 auf die Stüber, um sie in Süddeutschland als Dreikreuzer anbringen zu können, oder ließ das Wort LEICHT auf den leichten Albus weg, um sie als schwere den Kölnern aufzuhalsen, wobei diese um 20 Prozent betrogen wurden. Die besten Zeiten waren die der Zugehörigkeit zum kurrheinischen Verein, was, wie mir scheint, von N. nicht genügend erkannt wird (S. 97). Ein Hauptcharakteristikum des jülich-bergischen Münzwesens war die Abhängigkeit von dem Edelmetallmarkt Köln. Die Münzstätten Jülich und Rodenkirchen lagen dicht vor dessen Toren, die Münzmeister wohnten in Köln und waren Edelmetallhändler, als welche sie viel mehr verdienten als durch das Münzen (s. auch unten S. 142), was für den Staat sehr bedenkliche Seiten hatte. Da später den aus dem Harz stammenden Münzmeistern und Wardeinen wegen ihres protestantischen Glaubens die Tore der Münzen verschlossen blieben, standen nur einheimische, meist unfähige Münzleute zur Verfügung. Die Kreisprobationstage verhinderten zum Glück immer das Schlimmste, da sie hier ebenso wie in den drei Oberkreisen bis ins 18. Jhd. eine heilsame Tätigkeit entwickeln konnten. Endlich einige einzelne Bedenken. Auf der Karte habe ich wichtige Orte wie Schönforst, Kaiserswert und die Stammburg Berg vergebens gesucht. Man vermißt ferner den wörtlichen Abdruck der wichtigsten Urkunden, stellenweise auch die erforderliche Klarheit der Diktion, z. B. heißt es II, S. 134: »Jülich hat wahrscheinlich keine Heller geschlagen, deshalb war auch hier der Stern (auf ihnen) überflüssig.« Die klevischen Münzen hätten für den vierten Band aufgespart werden müssen. Durch die Schuld des Verlages ist die Beschriftung der Tafel 10 des II. Bandes mißglückt.

Als Beiträge zur Geldgeschichte der Stadt Herford bringt Kohl 1. Angaben über Münzwerte seit 1327; der Wert des Goldguldens stieg von 1505 bis 1538 von 5 Mark bis auf 13 Mark 3 Schilling, 2. Valvation der umlaufenden Münzen im Jahre 1612 ( 365). Da die deutschen Münzstätten seit 1571 nur in einer der Kreismünzstätten prägen lassen durften, die Transporte des Metalls und der fertigen Münzen die Prägung aber zu sehr verteuerten, erlangte die Stadt Dortmund 1630 vom Kaiser die Erlaubnis, auf zwei Jahre in eigener Münze zu


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prägen. Kennepohl weist das an der Hand von Akten nach und beschreibt die 1630 bis 1633 entstandenen Münzen ( 364). -- Mit Recht nennt Hagen den Fund von Bedburg-Hau ( 361) einen der lehrreichsten, der in den letzten Jahrzehnten in der Rheinprovinz ans Licht gelangte, enthält er doch außer anderen Seltenheiten mehrere bisher ganz unbekannte Münzen, wie die des Grafen Johann von Cleve, der Herzoge Wilhelm I. und II. von Jülich, der Herzoge Reinald III. und Eduard von Geldern. Buchenau erzählt ( 366), wie die Münzstätte zu Medebach, zuerst 1144 genannt, im 13. Jhd. von den Erzbischöfen von Köln zur Prägung dicker Pfennige benutzt wurde, die hier besprochen werden. Als die Münzung nichts mehr einbrachte, wurde sie Ende des 13. Jhds. der Stadt überlassen. M. Heß gibt eine Schilderung der Münzung zu Cramburg (Nr. 357), einer der vielen Münzstätten der kleinen Kipperzeit, wo in der zweiten Hälfte des 17. Jhds. von den Nachkommen des Gründers der Grafschaft Holzappel im Taunus, des Generals Peter Melander, geprägt wurde. -- Der dritte Band des Niedersächsischen Münzarchivs von M. v. Bahrfeldt, die Jahre 1579 bis 1601 umfassend ( 369), ist in derselben Weise bearbeitet wie die beiden ersten (s. Jberr. III, S. 141 f. und IV, S. 112). Wir ersehen aus ihm, daß auch in jenen Gegenden das deutsche Münzwesen einen seiner Höhepunkte erreicht hatte. Der größte Fehler war aber auch dort der zu teuere Fuß des Kleingeldes und die Unfähigkeit der Kreisstände, ihn durch einen billigeren zu ersetzen. Im übrigen sind die Anzeigen im Num. Lit.-Bl. S. 2349 f. und in der Dt. Lit.-Zeit. 1930, S. 617, zu vergleichen. -- Anknüpfend an die Zuteilung eines Reiterbrakteaten an den Grafen Adolf II. von Dassel (1303--1344) durch Buchenau bespricht O. Meier ( 371) das Wappen, die Herkunft und die Ausdehnung des Hoheitsbezirks der Grafen von Dassel im Suilberigau, besonders deren Besitz in und um Einbeck nach der recht umfangreichen Literatur, vermutet auch, daß in diesem Orte eine Dasselsche Münzstätte war. Die letzte Arbeit des am 26. März 1929 verstorbenen E. Bahrfeldt enthält Regesten, manchmal auch ausführlichere Darlegungen, zumeist über Personen, dann über den Betrieb der mansfeldischen Münzstätten. Die Hauptmünze war vom 10. Jhd. bis 1676 in Eisleben. Ein besonderer Abschnitt ist den etwa 24 Kippermünzstätten gewidmet ( 376). Mit seiner Darstellung des thüringischen Kippermünzwesens (Jberr. IV, S. 113) fährt Bornemann fort ( 374), indem er in gleich gründlicher, auf den freilich oft sehr dürftigen Akten beruhenden Schilderung der Personen und Geldzustände sowie durch genaue Beschreibung mit reichen Abbildungen eine grundlegende Arbeit liefert. Diese kleinen thüringischen Ländchen ließen in zusammen 14 Münzstätten prägen. B. hat die sehr wichtige Tatsache feststellen können, daß es den Münzpächtern oft viel weniger auf das Münzen als auf den ungleich vorteilhafteren Metallhandel ankam. Ein Unternehmer pachtete mehrere Münzstätten und stellte für jede zwei Agenten an, die die guten alten Münzen im Lande sammelten und sie an den Grenzen an braunschweigische (wohl auch Bayreuther und böhmische) Kippermünzlieferanten verkauften. Die gemäß dem von den Städten Nordhausen, Stolberg, Heringen, Kelbra und Bleicherode 1382 geschlossenen Münzverein geprägten Hohlpfennige beschreibt Buchenau und erwähnt noch einige ungewisse von Kelbra aus der Literatur ( 373). -- Kommen wir nun auf die Nord- und Ostseeländer, so erwähnen wir zunächst einen Vortrag von Jesse ( 368) über das Münzrecht der Hansestädte auf Grund seines Buches über den Wendischen Münzverein (Jbrr. III, S. 142 f.). Eine Zusammenstellung

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und Beschreibung der in der seit Mitte des 14. Jhds. gräflich holsteinschen, seit 1544 königlich dänischen Münzstätte zu Flensburg geschlagenen Witten und Pfennige sowie Angaben über Münzordnungen und Personalien der Münzmeister bringt Nöbbe ( 368a). Von Eisermann erhalten wir eine knappe, aber zuverlässige Darstellung der Prägungen in Ostpreußen, eingehender für die Prähistorie und das MA. ( 379). Zu den vier ersten Bänden seines sechsbändigen Katalogs der Münzsammlung in der Marienburg, die die Münzen der Herzoge und Könige von Preußen enthalten, hat E. Bahrfeldt einen Nachtrag neuerworbener Münzen und Medaillen geschrieben, der aber erst nach seinem Tode von seinem Bruder herausgegeben ist ( 380).

Nur wenig ist aus Sachsen und Österreich zu berichten. Pirna, auch (aktenmäßig) Birne genannt, hat als Wappen einen Birnbaum. Schwinkowski legt nicht nur die mit diesem Zeichen versehenen, sondern noch viele andere mit CS gezeichneten Münzen dahin und gibt wichtige Winke über die allgemeinen Geldverhältnisse Kursachsens während der Kipperzeit. Ergänzungen, die Münzstätten zu Pirna, Weida und Naumburg betr., gibt Bamberg ( 375). Entstehung, Entwickelung und Ausbreitung der Prager Groschen bespricht Lanz ( 381) und gibt eine recht nützliche Zusammenstellung der auf diesen befindlichen Gegenstempel, durch die die Fürsten und Städte den richtigen Fuß bescheinigten. -- Nachdem die hochbedeutende Sammlung von Stempeln der Wiener Münzstätte in die Verwaltung des Wiener Münzkabinetts übergeführt ist, hat dessen Direktor v. Loehr in sorgsamem Studium der Münzstempel aus der Zeit des Kaisers Ferdinand I. die Bedeutung derselben in mehreren Richtungen gekennzeichnet ( 339). Dabei hat sich die völlige Unzuverlässigkeit des Fialaschen Katalogs ergeben, ferner die irrtümliche Zuteilung ganzer Wiener Münzreihen, besonders von böhmischer und ungarischer Seite, an andere Münzstätten. Auch der Grad der Abnutzung der Punzen ließ wichtige Folgerungen ziehen. Wir schließen unseren Rundgang mit einem kunsthistorischen Werk. Ein Kunstwerk an sich sind Habichs Schaumünzen des 16. Jhds., die in 5 großen Foliobänden, die vier ersten als Halbbände des ersten und zweiten Bandes, erscheinen sollen. Der jetzt vorliegende erste und zweite Halbband enthalten je über 100 Tafeln mit herrlichen Abbildungen. Der III. Band wird von Bernhart bearbeitet werden, doch wirken an allen noch eine große Zahl anderer Gelehrter mit ( 351).


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