II. Biographisches.Nach dem Vorgang anderer Landschaften ist auch für Westfalen eine Sammlung von »Lebensbildern« ins Leben getreten, die sich die Pflege des biographischen Essays zur Aufgabe macht. Der erste Band ( 51) bietet auch dem Historiker manchen gelungenen und willkommenen Beitrag; z. T. ist das eine Folge der erfreulich starken Berücksichtigung ma.licher Persönlichkeiten (wie Liudger, Widukind, Meinwerk). Der Humanismus ist durch Rudolf von Langen und Hermann Buschius vertreten, während aus der Reihe neuzeitlicher Fürsten und Staatsmänner der Ordensmeister Wolter von Plettenberg, Johann Moritz von Nassau-Siegen und der letzte Kölner Kurfürst Max Franz von Österreich zu nennen sind. --Kochendörffers Ausgabe des Briefwechsels zwischen Stein und Vincke ( 887) bietet neben schon längst bekannten Stücken eine größere Anzahl bisher unveröffentlicher Schreiben Steins an den Oberpräsidenten (aus dessen Nachlaß in Ostenwalde; vgl. Westf. Adelsblatt 6, 1929, S. 99 ff.). Überhaupt stellen die Briefe des Ministers die erdrückende Mehrheit; Vinckes Antworten fehlen zumeist, so daß die Publikation uns kein erschöpfendes Bild von dem Verhältnis der beiden Männer vermitteln kann. Auch inhaltlich ist der Ertrag nur bescheiden, was damit zusammenhängt, daß die Mehrzahl der Briefe erst der Zeit von 1814 ab angehört und großenteils private und landständische Angelegenheiten zum Gegenstand hat, von manchem belanglosen Billett ganz zu schweigen. Immerhin offenbart sich auch in diesem Briefwechsel verschiedentlich Steins stürmisches Temperament und seine Abneigung gegen die Bürokratie, verbunden mit seinem Hang zu vorschneller Beurteilung von Verwaltungsmaßnahmen. Auf die Erläuterungen hätte vom Herausgeber mehr Gewicht gelegt werden sollen; sie bieten dem Leser nicht immer das Richtige und Nötige, oft lassen sie ihn ganz im Stich. -- Kiewnings Buch über die Fürstin Pauline ( 907; vgl. auch den kurzen Abriß in Westf. Lebensbilder II, 1931, S. 237 ff.) ist einzuordnen in die sich mehrende Zahl von neueren Arbeiten, die zeigen, wie der Umbau der Staats- und Gesellschaftsordnung um die Wende des 18. zum 19. Jhd. in den deutschen Mittel- und Kleinstaaten vor sich ging. In Lippe vollzog sich dieser Übergang zum modernen Staat unter der Regentschaft der Fürstin Pauline (1802--20); das Reformwerk ist ihr persönliches Verdienst, großenteils sogar ihre persönliche Leistung. Es wird gekennzeichnet durch Ausschaltung der Stände, Reformen im Verwaltungs- und Gerichtswesen, zahlreiche wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen zur Hebung der Landeskultur und der Volkswohlfahrt (wie Gemeinheitsteilungen, Bauernbefreiung, Straßenbau usw.). Auch Militärstaat wurde Lippe unter ihr, als Folge des Anschlusses an den Rheinbund, eines Schrittes, der dem Land nach dem Siege der Verbündeten beinahe verhängnisvoll geworden wäre. Daß es gelang, den unveränderten Besitzstand des Fürstentums gegenüber allen Bedrohungen und Ansprüchen zu behaupten, muß als außenpolitischer Erfolg Paulines betrachtet werden. Ihr Versuch, dem Lande 1817 eine neue ständische Verfassung zu geben, mißglückte dagegen infolge des Widerstandes der alten Stände. |
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