III. Geschichte in chronologischer Reihenfolge.Die für breite Kreise bestimmte Untersuchung von Kentenich (Rheinische Neujahrsblätter. 9. Heft. 1930. Berlin, P. Klopp. 126 S.) über die Entstehung des Kurfürstentums verdient aufmerksamste Beachtung. In feinsinniger, geistvoller Darstellung zeichnet der Verf. die Gegensätze zwischen den Stammesgewalten und der Zentralgewalt im alten Reich, die Begründung des Bundes zwischen Krone und Kirche durch Otto I., welche neben der Einbeziehung des Frankenherzogtums für die Krone wesentlich zur Stärkung der Zentralgewalt und des Gefühls der Zugehörigkeit zu einem größeren Ganzen beigetragen hat. In einzelnen Kapiteln behandelt er dann den Eintritt des Episkopats in die Wahlhandlung und die gewohnheitsrechtliche Entwicklung einer Sonderstellung der rheinischen Erzbischöfe, die reichsgesetzliche Ordnung des Kur- und Krönungsrechts, den Aufstieg des Pfalzgrafen zur Gleichberechtigung mit den rheinischen Erzbischöfen, die Opposition der sächsischen Erde und schließlich die Herausbildung eines engeren Kreises von sieben Elektoren. Überall bei größter Belesenheit in der Literatur und eindringender Quellenkenntnis eignes, wohlbegründetes Urteil, treffende Charakteristik der Persönlichkeiten und Zustände und im Effekt Anregung »zu tieferer Versenkung in die große Epoche der deutschen Kaiserzeit« als der größten Epoche der rheinischen Geschichte. -- Über die umfangreiche diplomatische Tätigkeit des Aachener Stadtkommandanten L. v. Dautzenberg, die dieser seit 1675 fast bis zum Ende seines Lebens ( 1701) entfaltete, gibt Mummenhoff ( 878) einen gedrängten Überblick. Neben seinen Bemühungen, Aachen vor der Einquartierung deutscher oder französischer Truppen zu schützen oder die der Stadt auferlegten Tribute zu mindern, ist besonders seine Tätigkeit am Kaiserhof (seit 1683) beachtenswert. Die von ihm hinterlassene umfangreiche Korrespondenz scheint nach M.s Andeutungen außerordentlich interessante Berichte teils kulturgeschichtlicher, teils politischer Art zu enthalten. -- Die auf gediegenen Quellenstudien fundierte Arbeit
von H. Gerig (
840) bietet sehr dankenswerte Aufschlüsse über die Tätigkeit
des Kölner Dompropsts, des Herzogs Christian August von Sachsen-Zeitz, während der ersten Jahre des spanischen
Erbfolgekriegs speziell am Niederrhein. Wenn es ihm auch nicht möglich war, den Kölner Erzbischof Joseph
Clemens von der französischen Allianz abzuziehen, so gelang es ihm doch, für Köln die Gefahr einer
französischen Besatzung abzuwenden, die Domkapitulare durch kaiserliche Schutzbriefe zu sichern und die Gegner
Frankreichs nach Ausbruch des Kriegs bei der Stange zu halten, so daß z. B. die Einnahme Kaiserswerths z. T. auf
sein Konto zu setzen ist. Auch auf die Kämpfe innerhalb des Domkapitels in den Jahren 1702 und 1703 wegen der
Landesverwaltung wirft die Darstellung recht interessante Streiflichter. Im Anhang werden einzelne besonders
S.414 erhebliche Aktenstücke und Briefe mitgeteilt. -- Einen formvollendeten, lesenswerten Überblick über die Bedeutung des Kölner Erzbischofs Max Franz für Münster verdanken wir M. Braubach ( 871), der hier dank seinen früheren Arbeiten aus dem Vollen schöpfen konnte.Ähnlich wie Max Franz ist auch Maria Kunigunde von Sachsen als Fürstäbtissin des Stifts Essen eine typische Repräsentantin jener geistlichen Fürsten der Aufklärungszeit, die kurz vor der Säkularisation eine umfassende Reformtätigkeit in ihren Staaten einleiteten. Die Arbeit von M. Ascherfeld ( 1640), die aus der Schule von W. Andreas (Heidelberg) hervorgegangen ist, wird den Bestrebungen dieser von ihrem Bruder Clemens Wenzeslaus, Kurfürst von Trier, stark beeinflußten Fürstin in jeder Weise gerecht. Die Tragik in ihren Bemühungen auf dem Gebiete der Schulreform, des Justizwesens sowie auf sozial-politischem und wirtschaftlichem Gebiete liegt darin, daß an der politischen Schwäche des kleinen Staatswesens alle Reformmaßnahmen scheitern mußten. Überdies wurden sie gehemmt durch die Konflikte mit den Landständen und mit der Stadt Essen. |
Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938) |