IV. Literaturgeschichte.

Mit Ungeduld erwartet, ist im Berichtsjahr auch der dritte Band des 'Manitius' erschienen ( 448), der uns bis zum Ende des 12. Jhd. führt. Leider erweckt er die bange Frage, wer das Werk zu Ende bringen wird, denn der Vf. erklärt, daß seine Kräfte zur Weiterführung nicht mehr ausreichen. Der ungeheure Stoff ist in 4 Abschnitte geteilt: 1. Theologie und Philosophie, 2. Die Artes, 3. Geschichtschreibung, 4. Dichtung, und wird in der aus den früheren Bänden bekannten Weise behandelt. Ausstellungen habe ich aaO. gemacht, ebenso wie andere Rezensenten. Wie eifrig das Buch gelesen wird und welchen Nutzen es schafft, kann man schon jetzt gelegentlich feststellen. -- Ganz andere Ziele haben Wright und Sinclair ( 449). Sie erstrecken die »later latin literature« von der Mitte des 4. bis zum Ende des 17. Jhds., der letzte Abschnitt behandelt Milton. Man sollte meinen, daß bei einem solchen Thema auf 400 Seiten nur die großen Linien der Entwicklung gezeigt werden könnten, aber die 6 Kapitel zerfallen zumeist in lauter kleine ziemlich unverbundene Abschnitte. Es kann auch nicht ausbleiben, daß manche wichtige Tatsache fehlt; z. B. erfährt man von der Alexandreis nicht einmal den Namen, ebensowenig wie den des Dichters, es fehlen Cato, Romulus, Odo v. Ch. uaa., während ein Bernhard von Morlas 2 Seiten, Ekkehard IV. mit seinen Casus s. G. 7 erhält. Doch mag es immerhin sein, daß die Kreise, für die das Buch bestimmt ist, Nutzen davon haben. Am Schluß findet man, wie oft in englischen Büchern, eine Bibliographie, in der man teilweise die neuere


S.138

Literatur vermißt. -- Über das Buch von Laistner ( 451) bin ich mit Levillain, Le moyen âge 42, 226 ff., einig, daß es sehr zu empfehlen ist, aber noch mancher Verbesserung bedarf. Es ist natürlich sehr schwer, auf so knappem Raum den mächtigen Stoff zu meistern, und es jedem recht zu machen, unmöglich. -- Als eine Art lateinischer ma.licher Literaturgeschichte in Italien kann man den schon oben erwähnten Index Ussanis ( 452) bezeichnen, der zunächst ja den Zweck hat, als Unterlage für die Thesaurusarbeiten der Italiener zu dienen. -- Der kleine Abriß von F. Peeters ( 450) bringt kaum Neues, faßt aber den Inhalt der am Schluß zusammengestellten Literatur ganz hübsch zusammen. Er zeigt, daß eine lateinische Literatur des MA. existiert, die würdig ist, mit der französischen, deutschen, englischen, italienischen der Zeit verglichen zu werden, wobei der in Frankreich entstandenen in jeder Beziehung die erste Stelle angewiesen wird. Eigene Studien hat der Vf. kaum gemacht. Es läßt tief blicken, wenn er behauptet, Wilmotte habe auf Grund der Sprache die französische Heimat des Waltharius nachgewiesen. -- Der Wert der Dissertation von Frederichs ( 454) wird dadurch stark gemindert, daß nur das erste Kapitel durch den Druck zugänglich gemacht ist.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)