V. Prosa.

Ungemein wichtig ist es, daß G. Morin ( 455) in einer Berner Hs. Schriften Gottschalks von Orbais entdeckt hat, die Dom Lambot von Maredsous edieren wird. Wichtig ist auch das neue Licht, das dadurch auf Gottschalks Lebensgang fällt, sehen wir doch, daß er Wettis Schüler auf der Reichenau gewesen ist. Daher also die Freundschaft mit Walahfrid. Morin verspricht sich mit Recht ein starkes Aufleben der Forschung über Gottschalk, wie er selbst schon erfolgreich die Dicta cujusdam sapientis de corpore et sanguine domini, die als dritter von Hrabans Briefen gedruckt sind (Migne 112, 1510 ff.), Gottschalk zuweist. Zu Gottschalks Gedicht O deus miseri macht A. Wilmart auf eine dritte Hs. in dem fonds Baluze aufmerksam ( 456); die sonst dort angeführten Stücke sind Prosa. -- Auf die unbeachteten Differentiae dictionum latinarum des Guillelmus Corboliensis lenkt Haskins ( 457) die Aufmerksamkeit und druckt die Einleitung mit dem ersten Lemma 'alchos et archos' ab. In frühere Zeit führen uns die Arbeiten Zieglers ( 462) über die Peregrinatio Aetheriae und die von ihr benutzten Quellen, Bibeltext und Onomasticon des Eusebius in der Übersetzung des Hieronymus. -- Sorgfältiges Studium widmet A. Hofmeister ( 463) einem in seinem Besitz befindlichen alten Blatte aus dem 11. Jhd. mit Stücken aus Cassiodors Variae, während A. van de Vyver ( 463) Cassiodors wissenschaftliche Tätigkeit würdigt. -- In scharfer Polemik gegen D. de Bruye sucht A. Allgeier ( 461) nachzuweisen, daß die Tradition, nach welcher Hieronymus am Psalterium Romanum beteiligt sei, doch nicht ohne weiteres zu verwerfen ist. Den Vortrag des Vf. über die alten lat. Psalmenübersetzungen konnte ich noch nicht einsehen. -- B. Bischoff, Stud. u. Mitteilg. Benedikt. Ord. 1931, 387 f. hat die schöne Entdeckung gemacht, daß die Verfasserin der Vitae Willibaldi et Wynnibaldi, die Nonne von Heidenheim, in der Unterschrift der Münchener Hs. sich kryptographisch selbst nennt Una Saxonica nomine Hugeburc. -- P. Lehmann hatte in den Mitteilungen aus Hss. (vgl. Jb. 5, S. 155) zu dem in den MG. Epist. 4, 564 f. von Dümmler nur halb gedruckten Briefe die zweite Hälfte mitgeteilt, Hst. Vjschr. 26, 753 ff. den ganzen Brief abgedruckt und dabei, namentlich im Hinblick


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auf eine bisher unbeachtete Trierer Hs., die Vermutung aufgestellt und begründet, daß Aldhelm bzw. ein in seinen Bahnen wandelnder Schüler der Vf. des Briefes und also auch der von diesem Briefe begleiteten Grammatik sei ( 464). Demgegenüber macht N. Fickermann ( 464) darauf aufmerksam, daß in dem Briefe ein Figurengedicht beschrieben sei, welches Poetae 1, 16 als dem Bonifatius gehörig stehe, also der Brief ebenfalls dem Bonifatius gehöre, der ihn seiner, bei A. Mai, Class. auct. 7, 475 ff. herausgegebenen Ars gr. vorausgeschickt hat. Im nächsten Bericht wird darauf zurückzukommen sein. -- F. Haug ( 458) gibt eine Collation der Epistolae s. Hildegardis mit dem Stuttgarter Codex 253, der schon deshalb Bedeutung hat, weil er mehrere neue Briefe oder Briefteile bringt. Hildegards Ausführungen über die Heilkraft der Edelsteine vergleicht R. Creutz ( 459) mit dem Lapidarius Marbods u. a. einschlägigen Werken und kommt zu dem Ergebnis, daß sie von allen unabhängig, ihre Deutung der Kraft der Steine selbständig ist. -- I. R. Williams ( 466) diskutiert noch einmal die Frage nach dem Vf. des Moralium dogma und findet, daß weder für Wilhelm v. Conches noch für Walter v. Chatillon durchschlagende Momente beigebracht werden können. -- Anknüpfend an H. Caplans Aufsatz im Speculum 4, 282 ff., vgl. Jahresb. 5, S. 155 Nr. 497, setzt B. Smalley ( 469) auseinander, wie Stephan Langton die Theorie von dem vierfachen Sinne der Schrift in seiner wissenschaftlichen Predigttätigkeit befolgt. Vgl. auch G. Lacombe u. B. Smalley, Studies on the Commentaries of Cardinal Stephen Langton, Archives doctrinal. et litér. du Moyen âge 5, 1930, 82. -- W. Bulst zeigt ( 467), daß die übliche Annahme, der Prologus der Historia de preliis stamme von Leo, der auch die Übersetzung des von ihm in Byzanz aufgesuchten Textes geliefert habe, mit den Tatsachen nicht zu vereinigen ist. Derselbe behandelt Hst. Vjschr. 26, 840 ff. eine Stelle in Dantes De monarchia 1, 3. Die Visionen des Georg Crissaphan (vgl. Jber. 3, 477 S. 168) macht L. L. Hammerich ( 468) in einer vortrefflichen Ausgabe nun vollständig bekannt, besprochen v. Spanke, Litt.-Bl. f. g. u. r. Phil. 1933, 95 f. -- Recht lesenswert ist der Brief eines Arztes in Valencia an seinen in Tolosa studierenden Sohn, Speculum 6, 110 ff., während die Annotations to Walter Mapes de Nugis curialium von G. A. Nauta, Neophilologus 16, 194 ff. sehr dürftig sind. Walter wird hier wieder -- das wird wohl niemals aussterben -- als Dichter von Mihi (so) est propositum eingeführt. -- Über Petrus comestor handeln R. M. Martin u. A. Landgraf in Recherches de théol. anc. et m. 30, 54 ff. u. 292 ff. -- Der jetzt ziemlich allgemein geltenden Ansicht gegenüber, daß die früheren Vorstellungen über die Erwartung des Antichristen und des Weltendes um das Jahr 1000 stark übertrieben waren, stellt Ermini ( 465), ausgehend von Odo v. Cluny, eine ganze Anzahl von Stellen zusammen, aus denen hervorgehe, daß jene Erwartung doch weite Kreise ergriffen hatte. -- Zu dem Index zu Servius u. Donatus von Mountford und Schultz ( 460), vgl. Wessner, Philol. Wochenschr. 1931, 639, der die Arbeit für zuverlässig und geschickt erklärt. Wichtig für Analyse von Scholienquellen usw. ist die Breslauer Dissert. v. A. von Fragstein, Isidor v. Sevilla u. d. sogen. Germanicusscholien, vgl. Philol. Wochenschr. 1933, 7--9.


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