b) Urkunden und Briefe.

Der Abschluß des 5. Diplomatabandes mit


S.175

den Urkunden Heinrichs III. bedeutet einen großen Schritt vorwärts auf dem Wege durch das urkundliche Dickicht der Kaiserzeit ( 689). P. Kehr hat ihn nach dem Tode H. Bresslaus vollendet und dabei, vor allem in der Einleitung, dem Fortschritt der Diplomatik Rechnung getragen. Hierüber zu berichten, ist hier nicht der Ort; doch sei auf die in der Einleitung auseinandergesetzte Bedeutung der Kanzlei für die allgemeine Bildungsgeschichte und auf die Rolle von Speyer und Goslar für die Kanzlei Heinrichs III. besonders hingewiesen. Beachtenswert ist auch Kehrs Eingeständnis, daß er über die Vollständigkeit der Materialsammlung nicht außer allen Zweifeln ist. Hier spricht der Praktiker der archivalischen Forschung. Eine wichtige Ergänzung ist ihm nach Abschluß des Bandes selbst schon zu dem D. 243 gelungen ( 718): es ist eine von Eberhard von Fulda überarbeitete ältere Fälschung, in der ein echtes Diplom Heinrichs III. vom 3. Februar 1049 durch ein an sich echtes Protokoll der Mainzer Synode vom Oktober 1049 erweitert wurde.

Das Problem der Entstehung ma.licher Briefsammlungen, das seit Schmeidlers Buch über Heinrich IV. und im Zusammenhang mit der Neuausgabe des codex Udalrici besonders lebhaft erörtert wird, ist durch zwei Veröffentlichungen sehr wesentlich gefördert worden. Die Entdeckung von 36 Briefen des Bamberger Domscholasters und späteren Würzburger Bischofs Meinhard durch C. Erdmann ( 228) hat uns nicht nur sehr wertvolles Quellenmaterial zur Geschichte der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (für die Jahre 1062--65) beschert und N. Fickermann, N. Arch. 49, 452--55 es ermöglicht, einen bisher dem Fulder Mönch Meginhard (gest. 888) zugeschriebenen theologischen Traktat jenem 1088 gestorbenen Meinhard zuzuweisen, sondern darüber hinaus vor allem zu einer Kritik der von Schmeidler auf die Briefsammlungen angewandten Methode geführt. In derselben Richtung arbeitet der Aufsatz von K. Pivec ( 229); aus beiden Arbeiten gewinnt man den Eindruck, daß diese methodischen Fragen, über die an anderer Stelle (S. 116) berichtet wird, nunmehr einer Klärung entgegengehen. Hier interessiert der sachliche Ertrag: hatte Schmeidler als wesentlichste »Helfer Heinrichs IV. im Investiturstreit« aus dem Diktat der Urkunden und Briefe vier Notare erschlossen, so zeigt Erdmann, daß der »Dominus G. aus Bamberg« nie gelebt hat und daß in Wirklichkeit ein großer Teil der ihm zugeschriebenen Stücke von Meinhard verfaßt ist. Durch Pivecs Forschungen wird der Ogerius A. Schmeidlers erledigt; an seine Stelle setzt P. Erlung von Würzburg als Haupthelfer Heinrichs IV. in seinen letzten Jahren und Verfasser der vita Heinrici IV. (wie schon Giesebrecht, Holder-Egger und Tangl angenommen hatten, während Schmeidler sie einem Mainzer Diktator zuschreiben wollte). Sind hierdurch wesentliche Teile von Schmeidlers Forschungen berichtigt, so gewinnt doch seine Auffassung von den Briefbüchern als Quellen Udalrichs eine unerwartete Bestätigung, denn drei von Meinhards Briefen (in der von Erdmann entdeckten Pariser Handschrift) stehen auch im codex Udalrici (ein weiterer in der hannoverschen Sammlung). Auch Pivec rückt von der von Zatschek besonders schart formulierten Auffassung, daß der codex Udalrici als Quelle ein in Bamberg geführtes Reichsregister benutzt habe, ab; nach seinen vorläufigen Bemerkungen über die Zusammensetzung des cod. Udalr. wird man sich diese recht kompliziert vorstellen müssen; aber das letzte Wort hierüber ist noch nicht gesprochen.


S.176

Reste der ronkalischen Gesetzgebung von 1158 hatte E. Seckel in einer Akademierede behandelt; mit Hilfe seiner nachgelassenen Aufzeichnungen macht sie jetzt P. W. Finsterwalder ( 1253) bekannt. Es ist nicht eben viel, was die Extravagantensammlung des Jacobus de Ardizone und die Glosse des Baldus de Ubaldis hergeben: ein bisher unbekanntes Gesetz von wenigen Zeilen, in dem sich der Kaiser die Bannleihe vorbehält, und die Einleitungsworte von zwei anderen, die die kaiserlichen Pfalzen und eine Steuer betreffen. In einer sehr gründlichen Untersuchung, bei der auch die chronikalische Überlieferung herangezogen wird, erörtert F. die rechtshistorische und politische Bedeutung der neuen Funde; er findet sie vor allem in dem Versuch Friedrichs I., einen Beamtenstaat in Italien aufzubauen.


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