III. Zur politischen Geschichte einzelner Könige.

Zu der im Jberr. 5, S. 224, berührten, zwischen Huyskens und dem Berichterstatter strittigen Frage, ob eine im Aachener Domschatz aufbewahrte Krone von Richard von Cornwall gestiftet und zu mehreren Königskrönungen benutzt wurde, sind zwei Entgegnungen zu verzeichnen ( 754); man wird daraus entnehmen, daß der Streit nicht beigelegt wurde, da die Meinungsverschiedenheit schon beim Übersetzen der Texte beginnt.

Die Geschichte Albrechts I. ist von Hessel ( 757) ausgezeichnet dargestellt worden in einem Werke, das nach dem Vorbild von Redlichs Rudolf von Habsburg die Serie der Jahrbücher des Deutschen Reiches im MA. fortsetzen soll. Derartige Werke dienen vielfach zum Nachschlagen; dazu ist das vorliegende sehr geeignet durch seine knappen Verweise auf Quellen, unter denen vor allem die Regestenwerke reichlich ausgewertet sind, vereinzelt auch ungedruckte Urkunden begegnen. Vor allem aber ist erfreulich, daß H.s Buch auch gut lesbar ausgefallen ist. Die Spannung des Lesers weiß er dadurch zu erhalten, daß er, wo Fragen auftauchen, die Antwort, die der geschichtliche Verlauf nach und nach an die Hand gibt, nicht vorwegnimmt. Z. B.: Weshalb bleibt A. Frankreich gegenüber untätig trotz der päpstlichen Aufforderung, es anzugreifen? Auf S. 130 hören wir einige Gründe. S. 140: A. hatte im Osten wichtigere Aufgaben als im Westen. S. 150: Böhmen bot sogar Philipp dem Schönen ein Bündnis an, also war A.s Vorsicht wohlbegründet. -- Lobenswert ist am Aufbau auch die Retardation durch das Kapitel über die wirtschaftlichen Grundlagen des Königtums und der Hausmacht, das dem dramatischen Ende vorangeht. Die Entwicklung A.s als Politiker scheint treffend charakterisiert (bes. S. 33). -- Margarete Kühn, eine Schülerin Finkes, behandelt die Politik Genuas um 1300 ( 756). Es ist ihr vor allem daran gelegen, die Acta Aragonensia


S.186

hierfür auszuwerten, in denen fortlaufende Korrespondenzen genuesischer Vertrauensmänner mit den aragonischen Königen stehen. Genua hatte für den Römerzug Heinrichs VII. und auch umgekehrt dieser Zug für Genua große Bedeutung: Heinrich weilte vom Oktober 1311 bis Februar 1312 in der Stadt, die ihn militärisch und finanziell kräftig unterstützte, und Genua genoß durch ihn zwei Jahre lang inneren Frieden. Daher hat eine Arbeit über diesen Gegenstand wichtigen Bezug auf die deutsche Geschichte. Freilich hat die Verfasserin nicht nur manchen Schönheitsfehler stehen lassen (Todestag Heinrichs zweimal falsch angegeben; sprachlich und orthographisch mangelhafte Wiedergabe von Eigennamen, wie z. B. »in der Richtung der Pons Molle«), sondern auch wenig Verständnis für kriegerische und politische Wirklichkeiten. So ist mir folgendes ein Rätsel: Karl von Anjou kann mit 5 Galeeren die Tibermündung sperren und dem Heere des Kaisers so die Zufuhr abschneiden. Der bittet Genua, das Flottenhilfe schon früher in Aussicht gestellt hatte, um Schiffe. Die Stadt antwortet, sie könne nur 6, nicht 12 Galeeren schicken. Verf. schließt daraus, daß dem Kaiser bereits die früher geschickten Schiffe zur Verfügung standen. Mir scheint im Gegenteil ganz offenbar, daß sie das nicht taten, denn wie hätte sonst Karl von Anjou mit 5 Galeeren so viel ausrichten können? So bringt die Arbeit im ganzen nur bescheidene Förderung. --

Trotz seiner Kürze sehr aufschlußreich ist Schöffels Aufsatz über die fränkische Erwerbspolitik Karls IV. ( 760). Karl bringt die wichtigsten Punkte zwischen Frankfurt a. M. und seinen böhmisch-pfälzischen Ländern mit Ausnahme des westlichen Stückes dieser Strecke in seiner Hand. »Das mächtigste Territorium zwischen Neuböhmen und Mainz (das Bistum Würzburg) ist im Osten und Westen von böhmischen Besitzungen flankiert, seine wichtigste Fernverkehrsstraße beiderseits abgeriegelt. Das Ganze stellt ein Meisterstück militärisch und strategisch denkender Territorialpolitik dar.« --Lies ( 762) untersucht die Wahl Wenzels in ihrem Verhältnis zur Goldenen Bulle. Seine Ergebnisse sind naturgemäß nicht alle neu. Gut hervorgehoben ist, daß Karl sich des (ihm selbst erwünschten) Widerstands einzelner Kurfürsten bedient, um dem Papst gegenüber unschuldig am Scheitern päpstlicher Pläne zu erscheinen, ganz ähnlich wie der Papst die Kardinäle vorzuschieben weiß. Bemerkenswert ist ferner, daß die offiziellen Berichte den Hergang, gerade wo er tatsächlich anders verlaufen war, so darstellen, als sei er in völligem Einklang mit den Bestimmungen der Goldenen Bulle. -- W. Suida ( 763) handelt von einem in den Uffizien aufbewahrten Temperagemälde, das Friedrich III. als Romanorum rex bezeichnet, also vor 1452 entstanden sein wird. Der Maler ist ein Italiener, vielleicht Francesco Squarcione. -- Ausgehend von dem schon früh bemerkten Widerspruch in den Berichten Capistranos und Hunyadis über die Schlacht von Belgrad stellt Hofer ( 764) fest, daß das Verdienst an diesem Siege nur Capistrano gebührt, während Hunyadi, überzeugt, daß die Kreuzfahrer nichts gegen die Türken ausrichten und die Stadt nicht halten könnten, dem Kampfe fernblieb und auf Donau und Save hin und her fuhr. Hofer verwertet alle Berichte, auch den im Jberr. 2, S. 288 erwähnten, und gibt ein 6 Seiten umfassendes Quellenverzeichnis. Anzuerkennen ist die Gerechtigkeit, mit der er Hunyadis Verhalten beurteilt.

Aus der Zeit, in der die Schweizer Geschichte am stärksten in die allgemeine hineinragt, gibt Mosers Schrift über den Berner Schultheißen Wilhelm


S.187

von Diesbach (Nr. 765) ein plastisches Bild. Sie ist gründlich auf gedruckter und ungedruckter Überlieferung aufgebaut, sogar die mit echt schweizerischem Freimut amtlich als »Unnütze Papiere« bezeichnete Abteilung des Staatsarchivs in Bern ist ausgebeutet. Von seinem älteren Vetter Nicolaus, dem Führer Berns in den Burgunderkriegen, in die Politik eingeführt, ist Wilhelm von Diesbach in der ersten und letzten Periode seiner Wirksamkeit Parteigänger der Franzosen, in der mittleren steht er auf der Seite Maximilians. Die Gefährdung der Westschweiz durch Karl VIII. von Frankreich, der Savoyen zur Etappe seines Italienzuges macht, führt Bern auf die Seite Mailands und des Kaisers; durch den Schwabenkrieg löst es sich wieder aus dieser Verbindung, die ihm innerhalb der Eidgenossenschaft eine schwer erträgliche Isolierung eingebracht hatte. Mancher klingende Gewinn fällt dem gewandten Berner Politiker zu, aber M. zeigt zutreffend, daß nicht das Haschen nach Vorteilen, sondern das politische Interesse seiner Vaterstadt Diesbachs Entschlüsse bestimmt.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)