II. Deutsche Fürsten und Stände:

Die Politik des Mainzer Kurfürsten Daniel Brendel von Homburg wird von Krause ( 807) nach allen Richtungen hin erörtert. Der Grundgedanke dieser Politik war die Verbindung der Erhaltung des Reichsfriedens mit dem Schutz der katholischen Interessen. Dadurch wurde der Kurfürst oft mit der kaiserlichen Regierung und ebenfalls mit Kursachsen zusammengeführt, während er zu Bayern und Spanien in Gegensatz geraten konnte. Bemüht war er allerdings wegen der Lage seines Landes, es auch mit Kurpfalz und Frankreich nicht zu verderben. Auch trat er Maximilian II. gegenüber im Bunde mit Kurpfalz als Verteidiger der reichsfürstlichen Libertät auf. Durch seine Friedenspolitik geriet er in den Verdacht des Mangels an Rechtgläubigkeit, aber mit Unrecht. Indem er die Jesuiten in Mainz aufnahm und ihnen die Jugenderziehung überließ, und indem er den Eid auf das tridentinische Glaubensbekenntnis leistete, begann er ja mit der Gegenreformation in Mainz. Im Kampf gegen die Freistellung setzte er sie besonders im Eichsfelde fort. Größere religiöse Kämpfe aber suchte er vom Reiche fernzuhalten.

Mit der Landespolitik Herzog Ernsts von Bayern als Administrator von Münster beschäftigt sich eine Dissertation von A. Heger ( 808). Nach vergeblichen Bemühungen im Jahre 1575 gelang es der bayrischen Politik im Jahre 1585, dem Herzog, der inzwischen schon Kurfürst von Köln geworden war, den münsterischen Stuhl zu verschaffen. Auch dann dauerte es noch mehrere Jahre, ehe das Domkapitel ihm oder seinen Statthaltern die Landesverwaltung wirklich überließ. Wie man befürchtet hatte, wurde das Stift dadurch in die spanisch-niederländischen Wirren hineingezogen und hatte bis 1609 schwer darunter zu leiden. Der Verf. verfolgt dann die Tätigkeit des Bischofs auf dem Gebiete der geistlichen und weltlichen Verwaltung, des Finanz- und Justizwesens. War er auch den Aufgaben, die die Regierung seiner fünf Stifter ihm stellte, nicht wirklich gewachsen, so legte er doch den Grund für eine erfolgreiche Restaurationspolitik, ordnete das geistliche Gerichtswesen neu und begründete das Regierungskollegium als Zentralbehörde, was für die Zukunft wichtig war.

Von größerem allgemeinen Interesse ist der Aufsatz von Hintze ( 810). Er führt die Gedanken weiter aus, die er schon in den Sitzungsberichten der preußischen Akademie (s. Jberr. 6, Nr. 798) entwickelt hatte, und bringt weitere Beweise für die Hypothese, daß durch den Kalvinismus die moderne Staatsraison gefördert worden sei. Er legt die Unterschiede in der Staatsauffassung der Kalvinisten und der Lutheraner dar und geht dann speziell auf die brandenburgischen Verhältnisse ein. Dabei widmet er der von Friedrich Wilhelm I. vertretenen Ansicht, daß Kurfürst Johann Sigismund derjenige Kurfürst gewesen sei, der zuerst in puritanischer Strenge und Einfachheit regiert habe und dessen Politik deswegen gesegnet gewesen sei, eine eingehende Untersuchung und führt sie auf Dohnasche Überlieferung und auf eine Darstellung der brandenburgischen Geschichte des Duhan de Jandun, des Lehrers Friedrichs des Großen, zurück. Hintze selbst glaubt allerdings nicht, daß der persönliche Anteil Johann Sigismunds an dem kalvinistischen Reformationswerk


S.193

in Brandenburg sehr groß gewesen sei, folgert vielmehr aus dem bisher vorliegenden Material in den »Acta Brandenburgica«, daß die maßgebende Persönlichkeit dabei Ott-Heinrich von Rheydt aus dem Herzogtum Cleve, ein Apostel des politischen Kalvinismus und der niederländisch-französischen Staatsraison im Kampfe gegen das römisch-spanische Prinzip, gewesen sei. Er verfolgt dessen Lebenslauf und weist besonders seinen Anteil an der Begründung des brandenburgischen Geheimen Rates und dessen »Ordnung« vom 13. Dezember 1604 nach. 1607 wurde Rheydt durch den Kanzler von Loeben, den Vertreter des Alten und der lutherischen Richtung, beiseite geschoben, und wenige Monate nach der Thronbesteigung Johann Sigismunds ist er gestorben, so daß er dessen Selbstregierung nicht mehr beeinflussen konnte.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)