III. Dreißigjähriger Krieg.

Eine ziemlich erschöpfende Übersicht über die in den Jahren 1918 bis 1928 erschienene Literatur zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges gibt Beller ( 812) mit kurzer Inhaltsangabe der einzelnen Schriften. Er glaubt, daß auf Grund des vielen neuen Materials eine neue Geschichte des Krieges möglich sei.

In die Vorgeschichte und die Anfangszeit des Krieges führt uns die Arbeit von Tecke ( 813). Sie beruht nur auf der gedruckten Literatur und sucht vor allem die »Briefe und Akten zur Geschichte des 30jährigen Krieges« auszunutzen. Sie verfolgt die kurpfälzische Politik von der Zeit Johann Kasimirs an, über den der Verfasser günstig urteilt, während Christian von Anhalt weniger gut wegkommt. Er erscheint seit 1606 als eigentlicher Leiter der pfälzischen Politik, ist aber mehr Abenteurer als Staatsmann oder wird im Laufe der Jahre mehr und mehr dazu. Der Verfasser betrachtet ihn auch als den eigentlichen Urheber der verhängnisvollen böhmischen Königspläne.

An neuen Quellen zur Geschichte des Krieges ist vor allem die Relation über Wallensteins Schuld und Ende zu erwähnen, die Jedin ( 816) veröffentlicht. Er fand sie in den 1929 in die vatikanische Bibliothek gelangten Barsotti-Papieren, weist ihre Entstehung im März oder April 1634 nach und stellt Octavio Piccolomini als Verfasser fest. Der Bericht wurde auf Wunsch des Kaisers verfaßt und sollte zur Verteidigung dienen gegen die, die die kaiserliche Politik wegen des Vorgehens gegen Wallenstein angriffen. Piccolomini hat den Bericht schließlich nicht unterzeichnet, dieser hat aber als Vorlage gedient für den »ausführlichen und gründlichen Bericht«, die offizielle Rechtfertigungsschrift des Kaisers. Die meisten Feststellungen Srbiks werden durch die Relation bestätigt, im einzelnen bedarf diese noch der kritischen Prüfung.

Einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der Publizistik der Zeit liefert Lahne ( 815), indem er mit größter Gründlichkeit die zeitgenössische Publizistik über Magdeburgs Zerstörung zusammenstellt, geordnet nicht nach dem Inhalt, etwa der Parteistellung, sondern nach der literarischen Form. Er beschränkt sich dabei nicht auf die eigentlichen Flugschriften, sondern berücksichtigt auch die Zeitungsberichte, Volkslieder und Einblattdrucke. Unter den Flugschriften unterscheidet er zwischen den amtlichen und offiziösen und den privaten. Ein genaues bibliographisches Register, das auch über die Fundorte der einzelnen Schriften berichtet, ist beigegeben. Diese werden erläutert, auf Entstehungszeit und -ort und etwaigen Verfasser untersucht, wichtige Stücke daraus werden abgedruckt. Von 33 Stücken sind die Titelbilder verkleinert wiedergegeben.


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An Darstellungen zur Geschichte des Krieges liegen sonst in diesem Jahre nur einige Arbeiten von mehr lokalhistorischer Bedeutung vor, die als Bausteine für eine Gesamtgeschichte des Krieges und als Stimmungsbilder aber doch eine gewisse Bedeutung haben.

So hat Ludwig ( 821) aus Kirchenbüchern und andern lokalhistorischen Aufzeichnungen allerhand Einzelheiten über den Dreißigjährigen Krieg in der oberen Ortenau zusammengetragen und sie durch Auszüge aus Grimmelshausen und Moscherosch, die grade zu dieser Gegend Beziehungen hatten, belebt. Die Heimsuchung der Ortenau durch den Krieg nimmt erst seit 1630 schlimmere Formen an, seit 1637 wird sie Kriegsschauplatz. Stieler ( 825) bringt eine sehr ins einzelne gehende Zusammenstellung der Leiden, die der südliche Teil des anhaltischen Saalegaues, dessen Mittelpunkt das Amt Plötzkau ist, vor allem von 1623--1644 zu erdulden hatte. Weniger der eigne Anteil der anhaltischen Fürsten am Kriege war dabei maßgebend, als die Eigenschaft des Gebietes als Durchzugsland. Es trat eine beständige Verschlechterung der Lage ein mit geringen Atempausen. Schließlich brachte das »Gallasjahr« 1644, in dem Gallas und Torstenson sich hier gegenüberstanden, eine so vollständige Verwüstung des Gebietes, daß in den nächsten Jahren überhaupt keine Einquartierungen mehr möglich waren. Als Quelle dient dem Verfasser zunächst die gedruckte Literatur, vor allem die von G. Krause herausgegebene Sammlung von Urkunden, Aktenstücken und Briefen, er ergänzt sie aber durch Archivalien des Staatsarchivs in Zerbst, des Amtsgerichts Bernburg und einiger Pfarrarchive.

Ein interessantes Beispiel dafür, was ein kluger und geschickter Fürst auch in den schlimmsten Zeiten des Krieges für die Bewahrung seines Landes zu tun vermochte, bietet die Grafschaft Oldenburg. Segelken ( 824) verfolgt ihre Geschicke für die Jahre 1638--1648 nach den Akten des Oldenburgischen Landesarchivs und zeigt, wie es dem Grafen Anton Günther gelang, durch Verhandlungen und geschickt angebrachte Geschenke sein Land während dieser Jahre fast ganz von den Kriegswirren frei zu halten.

Im Anschluß an den Abdruck von Aufzeichnungen des Tübinger Professors Rauscher und unter Heranziehung zahlreicher andrer gedruckter und archivalischer Berichte gibt Göz ( 820) eine genaue Schilderung der Belagerung und Einnahme Hohentübingens durch die Franzosen im Jahre 1647.

Schließlich sei des Buches von Schwindel ( 818) gedacht, das als ein recht wichtiger Beitrag zur Geistesgeschichte der ersten Kriegsjahre bezeichnet werden kann. Es verfolgt auf Grund umfassender archivalischer und literarischer Studien die Schicksale des Jesuiten Jakob Reihing, der zuerst Anteil hatte an der Konversion Wolfgang Wilhelms von Pfalz-Neuburg und besonders an der Durchführung der Gegenreformation im Herzogtum Neuburg, dann aber durch seine Flucht aus Neuburg nach Württemberg im Jahre 1621 und seinen Übertritt zum Protestantismus das größte Aufsehen erregte. Der Verfasser zergliedert die Schriften, die Reihing sowohl als Vorkämpfer des Katholizismus wie später zur Verteidigung seines Übertrittes veröffentlicht hat, und weist nach, daß gerade die wissenschaftlichen Untersuchungen, zu denen er durch den Kampf gegen die Protestanten genötigt wurde, den inneren Umschwung bei ihm herbeigeführt haben.


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