E. Die Schweizer Reformation.

Für das Zwinglijubiläumsjahr 1931 ist eine neue große biographische Arbeit über Zwingli nicht geschrieben worden. Naturgemäß brachte die seit 1897 die Zwingliforschung zusammenfassende Zeitschrift Zwingliana ebenso wie 1919 eine Jubiläumsschrift heraus, die wertvolle Beiträge enthält ( 1755). Oskar Farner zeichnet hier mit viel Liebe und Verständnis die Persönlichkeit Zwinglis und weist zugleich die unberechtigte Kritik zurück, die er von Katholiken und Lutheranern erfahren hat. W. Köhler behandelt Zwinglis Glaubensbekenntnis und begründet den darin vollzogenen schroffen Bruch mit Luther. Fritz Blanke wertet Zwinglis Beitrag zur reformatorischen Botschaft, Leonhard v. Muralt würdigt Zw. als Sozialpolitiker, während in dem Beitrag Herm. Eschers »Zwingli als Staatsmann« die nationalen Motive seines Handelns und seiner Weltbundpolitik aufgehellt werden. -- Seit 1931 erscheinen im Verlag der Reformierten Bücherstube Zürich Quellen und Studien zur Geschichte der helvetischen Kirche. Hier ist als 1. Band Johann Stumpfs Chronica vom Leben und Wirken des Ulrich Zwingli von Leo Weiß herausgegeben worden. Zw. hat nach seinem Tode keinen Biographen gefunden. Die bescheidene Würdigung durch Oswald Myconius ist die einzige zeitgenössische Darstellung. Dagegen wird Bullingers Reformationsgeschichte der Bedeutung Zw.s gerecht. Aber stilistisch betrachtet kann diese Darstellung nicht Bullingers Werk sein. Weiß hat als ihren Verfasser den Schweizer Pfarrer Johann Stumpf nachgewiesen. Er ist der Autor einer eidgenössischen Chronik, der Bullinger sein Zwinglibild entnommen hat. Durch diese Veröffentlichung wird somit eine in den Jahren 1531--34 im Züricher Gebiet geschriebene Würdigung Zw.s bekannt. -- O. Farner, dem wir schon eine größere Arbeit über Zw.s Lehre von Kirche und Staat verdanken (Jberr. 6 Nr. 1814), schildert in einem Vortrag das Zwinglibild Luthers ( 1756), wobei aber durch die Beschränkung auf die unmittelbaren Äußerungen Luthers die eigentlichen Gegensätze nur gestreift werden. -- Im übrigen ist das Buch der Reformation Huldrych Zwinglis, das W. Köhler aus eigenen Äußerungen Zw.s und zeitgenössischen Quellen nach dem Vorbild des von Kaulfuß-Diesch 1917 herausgegebenen »Buches der Reformation« zusammengestellt hat, zum 400. Todestage in einer Sonderausgabe herausgebracht worden ( 1754). -- In das Wesen der Schweizerreformation führt Anrichs Vortrag über die Ulmer Kirchenordnung von 1531 ( 1778) ein. Der oberdeutsch-schweizerische Typus tritt in seiner Eigenart klar hervor (Abschaffung aller Feiertage und Bilder, strenge Kirchenzucht, bürgerliche und kirchliche Gemeinde fallen zusammen). -- Aus der Kalvinliteratur wäre allein Mülhaupts Untersuchung über die Predigt


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Kalvins ( 1748) zu nennen. Die ausländischen Werke ( 1745, 1746) habe ich nicht erhalten können. M. hat sich eine große Aufgabe gestellt, da er das Thema sowohl historisch-systematisch als auch praktisch-homiletisch behandelt. Der Nachdruck liegt auf dem Systematischen, wie schon die Einleitung mit dem Aufwerfen wichtiger Fragen der kalvinischen Theologie zeigt. -- Von Herm. Barnikols schon 1927 erschienener Bonner Dissertation, die Kalvins Lehre vom freien Willen im Verhältnis zu den Anschauungen Luthers, Melanchthons, Butzers, Augustins behandelt, liegt eine eingehende Besprechung von Kattenbusch vor ( 1747), die das Problem durch die Behandlung des Verhältnisses zwischen arbitrium und voluntas weiter verfolgt.

In der Geschichte des Kalvinismus ragt die Gestalt Valérand Poullains, des Begründers der wallonischen Gemeinde zu Frankfurt am Main, hervor, dessen Bild Karl Bauer in einer großen Monographie gezeichnet hat (Jberr. 3 Nr. 1849). Nun weist O. Schaefer auf eine ungedruckte Erstlingsarbeit P.s aus dem Jahre 1545 hin, die eine liturgiegeschichtliche Spezialstudie darstellt ( 1785). Die Schrift ist nicht bloß als geschichtliche Leistung, sondern auch als grundsätzliche Stellungnahme eines Kalvinisten zum Kultus und seiner Einrichtung sehr bedeutsam.


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