IV. Kirchengeschichte:

In einer sorgfältigen Untersuchung verfolgt Bahr (Bahr, F., Kirchengesch. d. Landes Draheim. Stettin, Fischer & Schmidt, 159 S. 3,20 RM. Im 1. Teil wird ein kurzer Überblick bis zur Reformation gegeben) die Kirchengeschichte des kleinen Territoriums Draheim, das in dem weiten pommerschen Gebiete eine besondere Geschichte erlebt hat. Die Landesherrschaften wechselten oft in dem Ländchen, das die Tempelherren, die Markgrafen von Brandenburg, die Johanniter, dann polnische Starosten in Besitz hatten, bis es endlich wieder an Brandenburg kam. Kirchengeschichtliche, zusammenhängende Nachrichten sind für die Zeit vor der Reformation nur spärlich, wenn auch eine ganze Reihe sorgsam ermittelter Tatsachen angegeben werden. Die Reformation, über deren Einführung Einzelheiten nicht bekannt sind, brachte eine lebhafte geistige und wirtschaftliche Bewegung ins Land, da neben zahlreichen Kirchenbauten auch umfangreiche Bauernsiedlungen stattfanden. Doch die Gegenreformation und die polnisch-schwedischen Kriege brachten diese Entwicklung zum Stillstand, der durch den Bromberger Vertrag von 1657, als das Land Draheim an den Großen Kurfürsten überging, verewigt werden sollte. Die Evangelischen sahen sich getäuscht und konnten erst 1705 mit staatlicher Unterstützung in Tempelburg einen evangelischen Gottesdienst einrichten, der sich ebenso wie das staatlich geförderte Schulwesen bald über das ganze Land verbreitete. Da für diese Zeit reichlich Akten überliefert sind, kann die anschauliche Darstellung in Einzelheiten dringen, die der zur Zeit seiner Untersuchung im Lande wohnende Verfasser auch aus den örtlichen Quellen zu gewinnen wußte. Der Entwicklung der Schulverhältnisse im 18. Jhd. ist ein besonderes Kapitel gewidmet. -- Auf ein frühes Gebiet der pommerschen Kirchengeschichte lenkt Grotefend ( 1634) den Blick. Als Wizlaw von Vorpommern und Rügen 1325 gestorben war, brach bald danach ein Streit


S.398

um sein Erbe aus, das sich die Bischöfe von Schwerin, die Herzöge von Mecklenburg und die pommerschen Herzöge, zeitweilig auch die Archidiakone von Tribsees streitig machten. Die Gegensätze trafen sich in der Besetzung der Pfarrstelle der Stralsunder Nikolaikirche, die Grotefend nach den in den Urkundenbüchern gesammelten Quellen trotz aller Verwicklung der Verhältnisse anschaulich zu schildern weiß. Der Prozeß um die Besetzung, der auch vor den Papst gebracht worden war, fand erst im Jahre 1348 seinen Abschluß zugunsten der Stadt Stralsund und der pommerschen Herzöge. Aus seiner reichen Sachkenntnis bringt Wotschke ( 1797) neue Mitteilungen über den Pietismus aus dem beginnenden 18. Jhd., die sich um L. Chr. Sturm gruppieren. Dieser war als radikaler Pietist in Frankfurt am Main von den Lutheranern zu den Reformierten übergegangen und hatte, seit 1711 Baudirektor in Schwerin, durch seine 1714 gegen die Lutheraner gerichtete Schrift über das Abendmahl eine große Bewegung hervorgerufen. Wertvoll ist die Wiedergabe von Briefen Sturms an Francke in Halle aus dem Besitz der Staatsbibliothek in Berlin, die einen klaren Einblick in die tiefe Religiosität Sturms gewähren. Um den Leser noch weiter mit den religiösen Problemen der damaligen Zeit bekanntzumachen, läßt Wotschke noch 10 Briefe (ebenfalls aus der Staatsbibliothek Berlin) aus den Jahren 1713--1726 und meist an Francke in Halle gerichtet, im Abdruck folgen. -- Während Laag überwiegend als Kirchenhistoriker die Erweckung im 19. Jhd. und ihre Stellung zur Kirche untersuchte (Pommersche Jbb. 23, 1926, S. 37--108), wendet sich Petrich ( 1803) mit seinem auf das Biographische gerichteten Blick zur Darstellung der sozialen Struktur der religiösen Bewegung, die in Trieglaff ihren Mittelpunkt hatte. Petrich schildert in seiner ruhigen, abgeklärten Art den ländlichen Familienkreis, der durch Verwandtschaft und Heiraten beträchtlich geworden war, und die große Zahl der Freunde, die in gleicher religiöser Auffassung zueinander hielten und ohne soziale Unterschiede Gleichgesinnte an sich heranzogen. Späterhin, von 1829 an, wurden die »Trieglaffer Konferenzen« in steigender Bedeutung eine Versammlung von religiös erweckten Geistlichen. Beachtenswert sind die Ausführungen P.s über die Beziehungen, die der geistig sehr selbständige Otto v. Bismarck, Gutsherr in dem nahen Kniephof, zu den Erweckten hatte und die Entwicklung seines religiösen Lebens, die der Verfasser auf Grund eigener Studien als eine Vorarbeit für ein besonderes Lebensbild des Fürsten dem Leser entwirft.

Aus dem Schweriner Archiv veröffentlicht Strecker ( 900) von dort erhaltenen 7 Briefen Blüchers an seinen Landesherrn Herzog Friedrich Franz I. 3 Briefe aus den Jahren 1788, 1790 und 1817. Sie beziehen sich auf persönliche Angelegenheiten Blüchers und offenbaren recht vertraute Beziehungen zwischen beiden.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)