1. Geschichtsforschung, Quellen, Münzen.

Seitdem H. Markgraf und E. Maetschke in den Jahren 1888 und 1907 über die Entwicklung der schlesischen Geschichtsschreibung und den Inhalt der Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens berichtet haben, fehlt eine bis auf die Neuzeit fortgeführte Zusammenfassung. Diese bietet jetzt Dersch ( 5) in der Form einer bibliographischen Übersicht, die aus Anlaß des 70. Geburtstages Konrad Wutkes geboten war; denn seine im Jahre 1889 einsetzende Tätigkeit bedeutet eine Epoche, welche Grünhagens Geschichtsauffassung ablöste und der wirtschafts- und kulturgeschichtlichen Forschung die Tore öffnete. Bei aller Vielseitigkeit


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von Wutkes Schaffen stehen im Vordergrund die Bemühungen um die Erschließung der Quellen, die in der Fortführung der Schlesischen Regesten von 1300 bis 1342 gipfeln, und die bedeutenden Arbeiten über das schlesische Berg- und Hüttenwesen und die Oderschiffahrt. -- In der umfangreichen Festschrift, die als 65. Band der Zs. d. Vereins f. Gesch. Schlesiens Wutke gewidmet ist, stehen zahlreiche Abhandlungen, die im folgenden zu erwähnen sind. v. Loesch macht glaubhaft, daß der Vf. des »Chronicon Polono-Silesiacum« ein Deutscher ist und auch die »Versus Lubenses« verfaßt hat, daß aber der Chronist nicht erst Anfang des 14. Jhds. geschrieben habe und mindestens der letzte Teil der Chronik frühstens 1283 ausgearbeitet sei. Ältere Vermutungen von Grünhagen und Maetschke werden näher begründet. -- Anläßlich der 150-Jahrfeier der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz i. J. 1929 wurden Mittel zur Fortsetzung des »Codex diplomaticus Lusatiae superioris« bereitgestellt. Schon nach 2 Jahren konnte der verdiente Bearbeiter der Bände 2 bis 4, Jecht ( 133), die erste Hälfte des 6. Bandes, die Jahre 1458--1463 umfassend, herausbringen. Es handelt sich um die Zeit König Georg Podjebrads. Neben den Urkunden überwiegt der chronikalische Stoff aus den Annalen des Scultetus und vor allem die Auszüge aus den Ratsrechnungen von Görlitz, Löbau (von A. Seeliger zur Verfügung gestellt) und anderen Städten. Gerade diese Auszüge beleuchten den einzigartigen Quellenwert der Stadtrechnungen (das immer wiederkehrende »Item« hätte gespart werden können). Für die Geschichte der Sechsstädte, deren Klöster, die Handelsbeziehungen zu Breslau, die Wirtschaftsgeschichte, das Steuerwesen ist hier ein reicher Stoff geboten, der durch viele Sach- und Worterklärungen erläutert wird. Hoffentlich finden sich Mittel, die auch den Druck des zweiten Heftes ermöglichen, damit die noch ausstehenden Register in gleicher Vollkommenheit wie im 4. Bande, vielleicht auch eine Einleitung über die Rechnungsführung und die Geldgeschichte, uns dargeboten werden. -- Bemerkenswert für die Bodenständigkeit der deutschen Sprache im oberschlesischen Oderberg im 14. Jhd. ist die Deutung der im Cod. dipl. Sil. 2, S. 24 gedruckten Urkunde von 1305 durch Wolfg. Jungandreas (Der Oberchlesier 13, S. 378--382), die aber ins Jahr 1405 gehört, wie bereits in den Schles. Reg. hinter Nr. 2854 angegeben ist. -- Das in den Bänden 12, 13 und 23 des Cod. dipl. Sil. vorliegende Münzwerk Friedenburgs ist vergriffen. Deshalb ist die von Seger ( 360) besorgte Neuauflage, welche die Beschreibung der einzelnen Stücke nicht wiederholt und auf 15 Tafeln nur die bedeutenderen Stücke bringt, sehr zu begrüßen.


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