2. Siedlung, Recht und Wirtschaft.

Den Anregungen von M. Friederichsen, J. Pfitzner und H. Aubin (vgl. Jberr. 6, S. 383) folgen jetzt Einzeluntersuchungen. Nachdem H. Schlenger (Jberr. 6, Nr. 446) die Waldhufen-, Anger- und Straßendörfer als die hauptsächlichsten Ortsformen der deutschrechtlichen Siedlungen des Mittelalters herausgearbeitet hatte, widmet Bernard ( 426) dem Waldhufendorf eine besondere Untersuchung, die zeigt, wie notwendig eine systematische Sammlung der Flurkarten, aber auch der Flugbilder, ist. Waldhufendörfer sind langgestreckte Reihendörfer, in denen die Gehöfte mit angrenzenden Feldstreifen in Abständen längs einer Straße oder eines Baches liegen. Es ist die geläufige Form, nach der die Siedler durch Rodung und Ausmessung nach fränkischen oder großen Hufen vom 12. bis 15. Jhd. im Waldgebiete


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der Sudeten und in ihren Vorlanden, doch auch auf dem schlesischen Landrücken Niederschlesiens und vereinzelt in Oberschlesien, Fuß faßten. In diesen ursprünglich rein agrarischen Siedlungen fand später durch Zuzug von Gärtnern und Häuslern die Leinen-, Tuch- und Schleierweberei Eingang. Spätere Gründungen in Gebirgstälern nannte man Waldstreifendörfer. Bezeichnend für die Waldhufendörfer ist das fränkische Gehöft, ein geschlossenes Viereck. Der Abschnitt über die Bauten ist volkskundlich bemerkenswert. Ein Blick in E. Boehlichs Volkskunde-Bibliographie und das neue Buch von Br. Schier über Hauslandschaften und Kulturbewegungen im östlichen Mitteleuropa zeigt, wie emsig auf diesem Gebiete gearbeitet wird. -- Die viel beachteten Ausgrabungen auf der Oppelner Schloßinsel haben Koebner ( 1303) zu grundsätzlichen Betrachtungen über derartige slawische Holzburgen, wie auch eine auf dem Breiten Berg bei Striegau freigelegt worden ist, veranlaßt, obwohl eine abschließende Beurteilung noch nicht möglich ist. Er unterscheidet Volksburgen oder Zufluchtsstätten, Gau-Geschlechterburgen, die später im Besitz der Fürsten waren, und Beamtenburgen, die seit dem 12. Jhd. Verwaltungszentren wurden. Oppeln wäre als Gefolgschaftsburg oder Burglager eines über mehrere Länder herrschenden Fürsten anzusehen. Die Untertanen leisteten Burgwachtabgaben und Frondienste. Die Oppelner Grabungen sind ein Beispiel für die Notwendigkeit archäologischer und historischer Zusammenarbeit. --Hellmich ( 572) hat sein vor 10 Jahren erschienenes Verzeichnis von Steinkreuzen, Bildstöcken, Staupsäulen, Galgen und Gerichtstischen (vgl. dazu auch Boehlich, Bibliogr. d. schl. Volkskde. 1930, Nr. 2097 ff.) wesentlich ergänzt und durch Karten veranschaulicht. Über den Ursprung der Sühnekeuze sei noch auf E. Mogk (Jberr. 5, S. 171) hingewiesen. -- Schlesiens Stellung zum Deutschen Reiche im Mittelalter ist schon 1924 von A. Kutscha behandelt worden. Schnee ( 854) setzt die Arbeit fort und betont, daß Friedrich d. Gr. Schlesien mit voller Souveränität und Unabhängigkeit vom Reiche 1742 erworben habe, nicht als böhmisches Lehen. Das Reich gab 1751 seine Zustimmung. Friedrich war souveräner Herr über Schlesien wie über Preußen. -- Wutkes Arbeit über die Oderschiffahrt wird durch Wendt ( 1501) glücklich ergänzt, indem er die Versuche Ferdinands I. in den Jahren 1556--1563, die obere Oder schiffbar zu machen und mit der Elbe zu verbinden, schildert. Die ersten Förderer waren der Kammerpräsident Fr. v. Redern, der Landeshauptmann Mathes v. Logau und die Breslauer Handelsherrn Georg Hornig und Mathes Lausnitz. Auf das Heft von Herrmann über die Oder (Jberr. 6, Nr. 440; angez. Zs. schl. Gesch. 65, 584 f.) sei bei dieser Gelegenheit nachträglich aufmerksam gemacht.


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