IV. Verfassungs- und Rechtsgeschichte.

Mit dem 2. Bande der von Küch ( 1285) bearbeiteten Rechtsquellen der Stadt Marburg ist eine Veröffentlichung der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck abgeschlossen worden, die als Edition ebenso mustergültig wie ihr Inhalt bedeutsam ist. Auf den ersten, 1918 erschienenen Band, der in der Einleitung einen in dieser Knappheit nur von einem wahrhaften Kenner der Materie zu schreibenden geschichtlichen Überblick, weiter die Texte von Urkunden und Akten, die Stadtbücher und schließlich Abhandlungen über die Marburger Stadt- und Bürgersiegel und die Notariatssignete der Stadtschreiber enthält, sei hier nachdrücklichst verwiesen. Im zweiten Band sind die Hauptrechnungen -- daneben wurden noch Steuerrechnungen, Stadt- und Kirchenbaurechnungen und Weinungeldregister geführt -- von 1451/1524 und die ältesten Ratsprotokolle von 1523/28 wiedergegeben. Wenn die Stadtrechnungen in erster Linie ein Bild der städtischen Finanzverwaltung geben, so ist ihre Bedeutung für den Historiker damit nicht erschöpft: sie stellen eine Quelle allerersten Ranges dar, auch für die Landesgeschichte in ihren verschiedenen Zweigen, für die Rechts-, Verwaltungs-, Kirchen- und allgemeine Kulturgeschichte. Durch ein ausführliches


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Register, das auch für den 1. Band mit gilt, wird ihre Auswertung erleichtert. Von Ferd. Wrede wird noch ein Glossar zu erwarten sein. Auf Küchs Darstellung des Marburger Geldwesens im MA. (Bestrebungen zur Stabilisierung der Münze) im Vorwort und auf die Wiedergabe einer bildlichen Darstellung einer Marburger Gerichtssitzung von 1551 soll noch besonders aufmerksam gemacht werden. -- Von einer anderen Publikation der Historischen Kommission sind bis zum Berichtsjahr von drei Bänden zwei erschienen. Ihr Bearbeiter, Fr. Gundlach ( 1283/84), hat in dem aus besonderen Gründen zuerst herausgegebenen dritten Band, dem Dienerbuch, ein Werk dargeboten, das in dieser Art in der Literatur noch nicht zu finden ist. Er gibt für den Zeitraum von 1247--1604 in alphabetischer Folge ein Verzeichnis der in den hessischen Zentralbehörden tätigen Personen mit Angaben über ihre »behördliche Laufbahn« und die ihre »Tätigkeit begrenzenden Daten«. Beim Durchgehen der einzelnen durchweg aus den Quellen verarbeiteten Artikel bewundert man die Akribie des Bearbeiters. Aus den Ordnungsarbeiten des Archivars erwachsen, will der Band wieder einem praktischen Zweck, dem eines Nachschlagebuchs, dienen. Sein Inhalt gibt zugleich ein schönes Zeugnis für die Tätigkeit des Adels und zahlreicher bürgerlicher Familien im herrschaftlichen Dienst. In gleicher Anordnung wie die systematische Zusammenstellung der Beamten am Schluß des dritten Bandes, d. h.: zeitlich und territorial (Oberhessen, Niederhessen) gegliedert in 9 Hauptstücke, wird im ersten Band eine Darstellung des Behördenwesens unternommen, die weniger eine Geschichte der Behördenorganisation sein, als die tatsächlichen Verhältnisse wiedergeben will. Daß die Zeit des Landgrafen Philipps den Hauptteil einnimmt, ist bei der Bedeutung des Fürsten und der Fülle des Materials für das 16. Jhd. selbstverständlich. Wer sich mit hessischer Landesgeschichte befaßt, wird für die Erleichterung der Forschung dankbar sein, die ihm Gundlachs Werk gewährt.


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