VI. Kirchengeschichte.

Ausgehend von einer erneuten Interpretation der Urkunde des (Schotten-) Abtes Beatus für das Schottenkloster Hohenau vom 21. Juni 810, der Schenkung einer Kirche in Mainz und sieben in Oberhessen zu suchender Kirchen, gelangt Voigt ( 1572), der auch der Überlieferung der Urkunde genauer nachgegangen ist, zu einer wesentlich andern als der bisher üblichen Auffassung des Verhältnisses zwischen Bonifatius und den Iroschotten, das von ihm nicht als schroffer Gegensatz, vielmehr als »achtungsvolles Verständnis« füreinander dargestellt wird. Dersch ( 1653) behandelt die hessischen Wallfahrten nach außer Landes liegenden Gnadenorten und bringt die Nachrichten über die in Hessen selbst gelegenen Wallfahrtsorte in einem dank seiner umfassenden Literaturkenntnis und sorgsamen Verwertung der archivalischen Funde abgerundeten und den Gegenstand erschöpfenden Aufsatz. -- Die Arbeit von Dr. Jul. Battes, Das Vordringen der Franziskaner in Hessen und die Entwicklung der einzelnen Konvente bis zur Reformation (Franziskanische Studien 18 [1931], S. 309--340), bringt, wohl vorbereitet durch das Hessische Klosterbuch von Dersch, die erste zusammenfassende Darstellung des Gegenstands für Hessen. Sie berücksichtigt auch die Termineien und geht auf die Frage der Zugehörigkeit der hessischen Kustodie ein. Die Tatsache, daß verhältnismäßig zahlreiche Konvente schon vor 1230 in Hessen nachweisbar sind, hat den Verfasser die Vermutung aussprechen lassen, daß diese Gründungen sehr wohl mit einer tätigen Mitwirkung der Hl. Elisabeth in Zusammenhang zu bringen seien. -- Mit unermüdlichem Fleiß hat Prälat Diehl ( 1786) an seiner Hassia sacra weitergearbeitet und im Berichtsjahr den ersten Band eines »Baubuchs« erscheinen lassen, der die evangelischen Pfarreien der Obergrafschaft Katzenellenbogen und des Oberfürstentums Hessen umfaßt. Behandelt wird die Baugeschichte und Baulast der kirchlichen Gebäude seit der Reformation; die Baulast in der Weise, daß »der gegenwärtige Rechtsstand« wie ihre »tatsächliche Handhabung« in den letzten Jahrhunderten dargetan wird. Der Band bietet, abgesehen von seiner praktischen Bedeutung, eine Fülle von Material für die baugeschichtliche, kirchenrechtliche und kirchengeschichtliche Forschung. Die Anhänge bringen u. a. ein Verzeichnis der Patrozinien von Kirchen und Altären sowie Biographien von Kirchenbaumeistern des 16. bis 19. Jhds. Diesmal sind auch die archivalischen Quellen im einzelnen aufgeführt. -- Die Kirchenkreise Siegen und Herborn haben sich mit ihrer Reformationsfestschrift ein würdiges Denkmal gesetzt ( 1785). Der Bearbeiter des 1. Teils, Schlosser, konnte sich damit begnügen, Bekanntes, die Kirchengeschichte der nassau-oranischen Lande von 1530--1815, in einem kurzen Abriß zusammenzufassen, aus dem der Abschnitt über die hohe Schule zu Herborn hervorgehoben werden soll. Der 2., fast sieben Achtel des Ganzen ausmachende Teil bringt aus der Feder von Neuser eine überaus gründliche, aktenmäßige Darstellung der Siegerländer Kirchengeschichte von 1815--1930. Über das lokale Interesse hinaus haben die Kapitel über die durch die engen Beziehungen zum Wuppertal beeinflußte Erweckungsbewegung und die Wirksamkeit ihrer Führer (Oberdörfer, Siebel und Weisgerber, des Siegerländer »Tersteegen«), wie die Abschnitte über das Gemeinschaftswesen überhaupt ihre besondere Bedeutung.


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