I. Urkundenforschung und Hilfswissenschaften.

Über die Privilegien des Erzbischofs Anno II. für das Kloster Siegburg besteht seit langem Unklarheit. Die Untersuchungen von Oppermann haben auch zu keinem völlig befriedigenden Ergebnis geführt. Zu wesentlich anderen Resultaten als er kommt E. Weise ( 1616), der in scharfsinniger Weise die allmählichen Veränderungen der Gründungsurkunde zusammenstellt unter genauer Prüfung des Inhalts


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(Vogtsetzung, Güterkomplex) und des Schriftcharakters der einzelnen Stücke, so daß es ihm schließlich möglich wird, den ursprünglichen Text der Gründungsurkunde herzustellen. -- Auch das Diplom Heinrichs IV. für Siegburg (4. Okt. 1071) hat E. Weise ( 242) behandelt. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, daß man eine formale Fälschung aus dem 1. Jahrzehnt des 12. Jhds. annehmen kann.

Dem großen Siegelwerk von W. Ewald ( 297) möchte man gern uneingeschränkten Beifall zollen, zumal die prächtig ausgeführten Tafeln ihn ohne Zweifel verdienen. Aber es kann doch nicht verschwiegen werden, daß dem Verf. bei der Textgestaltung zahlreiche Flüchtigkeiten unterlaufen sind, die teils in einem Mangel an Akribie, teils in der Vernachlässigung der Literatur ihren Ursprung haben. Gewiß ist anzuerkennen, daß uns hier eine Fülle von Stadt- und Gerichtssiegeln vorgelegt wird, deren Sammlung an den verschiedensten Stellen sowie deren Beschreibung kein geringes Maß an Arbeit erforderte. Aber bei genauerem Zusehen stößt man doch auf allerlei Auslassungen, die leicht hätten vermieden werden können. Man hat den Eindruck, daß das Werk noch mehr hätte ausreifen müssen. Das wäre um so notwendiger gewesen, als der Druck enorme Kosten beanspruchte. (Über die Fehler und Unterlassungen im einzelnen vgl. die Besprechung von W. Kisky in den Annalen des histor. Vereins für den Niederrhein, Heft 120.) Von dem 5. Band (Rheinische Siegelkunde) ist erst eine Lieferung erschienen, deren Ausführungen allgemeiner Art den Meister der Sphragistik verraten.

Das Werk von W. Berdrow ( 270) entspricht nicht nur in der äußeren Ausstattung, sondern auch inhaltlich dem Ansehen, das die Familie Krupp genießt. Wunderbar, wie dieser bedeutendste Zweig des Kruppschen Stammes, dem es gewidmet ist, der Stadt Essen seine Anhänglichkeit bewahrt hat. 1587 taucht hier erstmalig der Name Krupp auf. 1887 stirbt Alfred Krupp, der Konstrukteur des Gußstahlgeschützes und der Urheber der weltumfassenden Bedeutung seines Hauses. In diesen 300 Jahren liegt die familiengeschichtliche Entwicklung der Krupp in Essen beschlossen. Hier nahmen sie immer eine sehr geachtete, zeitweilig sogar eine beherrschende Stellung ein als Kaufleute, Ratsmitglieder usw. Der Verf. hat es nicht unterlassen, auch auf die versippten Familien, wie die Eichhoff u. a. näher einzugehen. Dagegen mußte er die Geschichte der weitverzweigten westfälischen Linie ausscheiden, über die aber die von Fritz Gerhard Kraft in einem besonderen Band behandelten genealogischen Tafeln Auskunft geben. Den allgemeinen Ausführungen Berdrows über den Wert der Familie und der Familiengeschichte wird man durchaus beipflichten können.


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