II. Quellen und Darstellungen in zeitlicher Folge.

-- Die Leipziger Dissertation von Singer, Zur Kulturgeschichte der oberrheinischen Lande im 15. Jhd. ( 778) sucht die Ursachen klarzulegen, die auf der gegebenen geographischen und politischen Grundlage die reiche oberrheinische Kultur des 15. Jhds. erstehen ließen. Einen im ganzen brauchbaren Überblick bietend gräbt doch diese Erstlingsarbeit nicht gerade tief und liefert mehr eine geschickte Zusammenfassung bekannter Dinge als neue Erkenntnisse. Gelegentlich wird allzu Bekanntes in reichlich trivialer Form vorgebracht (»Das alemannische Volk gehörte eben unbedingt zu den deutschen Stämmen!« S. 119). In der einleitenden Übersicht über die verwickelten politischen Verhältnisse wäre der sehr charakteristischen und das Mittelmaß weit überragenden Gestalt Friedrichs des Siegreichen wohl doch etwas mehr Raum zu gönnen gewesen. Zu S. 105 f. ist noch der Aufsatz von Rott über die oberrheinischen Künstler der Spätgotik und Frührenaissance (ZGORh. 82) zu nennen. -- Die pfälzische Vorherrschaft, die bis gegen Ende des Jahrhunderts ungeschwächt fortbestand, erlitt bekanntlich einen empfindlichen Schlag durch den bairisch-pfälzischen Erbfolgekrieg des J. 1504. Unsere Kenntnis vom Verlauf der Ereignisse auf dem Hauptkriegsschauplatz, der Ortenau, konnte der inzwischen durch einen allzu frühen Tod der Wissenschaft entrissene fürstenbergische Archivar Barth ( 779) um eine Reihe von Einzelzügen bereichern, die er einem von ihm aufgefundenen Rechnungsbuch des Amtes Kinzigtal entnahm. Im Anhang zu seiner Darstellung ist diese Quelle in extenso abgedruckt. -- An die Schwelle des 19. Jhds. führt die Abhandlung von Schlick ( 1458), welche die wirtschaftlichen und kulturellen Zustände der Pfalz vor dem Übergang an Baden untersucht. Es ist ein im allgemeinen recht trübes Bild, das hier gezeichnet wird, einzig erhellt von dem Glanz des Mannheimer Kunstlebens, das doch über den Tiefstand der allgemeinen Bildungsfürsorge nicht hinwegtäuschen kann. Die kirchlichen Verhältnisse waren in der Pfalz unsicherer und zwiespältiger als in irgendeinem anderen deutschen Territorium. Auch die wirtschaftliche Lage war alles andere eher als glänzend, da es auf allen Gebieten an klaren und folgerichtig durchgeführten Verwaltungsgrundsätzen fehlte. Die Assimilation dieses Staatswesens bildete daher für die kleine, hausväterlich regierte Markgrafschaft Karl Friedrichs eine dornenvolle Aufgabe. Zu den außenpolitischen Schwierigkeiten, denen das neue Großherzogtum in den ersten Zeiten seines Bestehens ausgesetzt war, leitet die Arbeit von Gauer ( 926) über, soweit sie sich mit dem Bundestagsgesandten Blittersdorff als Vertreter einer »Staatsräson der Mindermächtigen« beschäftigt und die undankbare Rolle erörtert, die dieser Mann in Frankfurt -- besonders im Hinblick auf das Zensurgesetz -- gespielt hat. Im übrigen beschäftigt sich der Aufsatz wesentlich mit dem Problem der öffentlichen Meinung. Seine theoretischen Ausführungen sind besonders vom quellenkritischen Standpunkt aus lesenswert; mit gebotener Vorsicht wird dann der Versuch gemacht, einer Bestimmung des Verhältnisses zwischen den Ideen des frühen Liberalismus und der Volksmeinung in Baden näherzukommen. -- Franz Huber untersucht in seiner Schrift »Der 47er Ruf aus Offenburg« (Offenburg 1931) das Programm, welches die zu Offenburg am 12. September 1847 abgehaltene Versammlung entschiedener Verfassungsfreunde aufgestellt hat. Wie schon der Name andeutet, den sich die Versammlung gab, war das Programm kein ausgesprochen revolutionäres, insofern nämlich als man die


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Beseitigung der Monarchie damals nicht forderte. Es war das Gedankengut des folgerichtigen Liberalismus, das hier in wenigen Sätzen zusammengefaßt wurde. Über die Frage seiner Durchführbarkeit wird aber nicht so kategorisch zu urteilen sein, wie Huber annimmt, wenn man nicht vor dem sehr beträchtlichen Unterschied zwischen politischer Theorie und Praxis einfach die Augen schließt. Das Programm enthielt teilweise Ideologien, die im Verlauf der Weltgeschichte noch niemals -- weder auf gesetzlichem noch ungesetzlichem Wege -- zu verwirklichen waren. -- Zur Geschichte der badischen Revolution des J. 1848 sind aus den neuesten Lieferungen der badischen Biographien ( 42) zu nennen die kurzen Lebensabrisse Karl Blinds (1848 Schriftführer der in Lörrach ausgerufenen deutschen Republik, im Folgejahr Herausgeber der amtlichen Zeitung des Landesausschusses) und Franz Sigels, der in den verunglückten militärischen Operationen teils als Oberbefehlshaber, teils als Mieroslawskis Generaladjutant eine führende Rolle spielte und später in seiner neuen überseeischen Heimat Gelegenheit fand, als Heerführer im Sezessionskrieg Lorbeeren zu ernten. -- Die deutsche Verfassungsfrage wurde nach dem Scheitern der Bewegung des J. 1848 und der preußischen Unionspolitik auf den Dresdener Konferenzen 1850/51 erneut aufgegriffen. Welche Stellung Baden bei diesen Verhandlungen einnahm, wird in einer Abhandlung von Schill ( 957) erörtert. Baden wurde bei dem Kampf um die Gleichberechtigung der Mittelstaaten durch Minister Rüdt und dessen Nachfolger Meysenbug tatkräftig vertreten. Die Rückkehr zum alten Bundestag, besonders von Meysenbug frühzeitig als letzte Rettung aus einer aussichtslos verfahrenen Situation erkannt, bedeutete für Baden eine Rückkehr in gesichertere Verhältnisse nach der Unruhe der vergangenen Jahre, in denen Revolution und Aufteilungspläne seinen territorialen Bestand mehr als einmal gefährdet hatten. -- Die letzten Lieferungen der Badischen Biographien ( 42) behandeln außer den eben genannten langlebigen Achtundvierzigern meistens Persönlichkeiten, die gegen Ausgang des 19. Jhds. auf der Höhe ihres Wirkens standen. Neben den badischen Ministern Schenkel und Nokk seien Kuno Fischer und Friedrich Ratzel, der Buchhändler Trübner und Emil Heckel, der Mannheimer Vorkämpfer Richard Wagners genannt.


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