V. Verfassungs- Rechts- und Wirtschaftsgeschichte.

Die Entwicklung der Strafgerichtsbarkeit in Württemberg verfolgt Graner ( 1277) vom späten MA. an bis zu dem 1607 von der Tübinger Fakultät ausgearbeiteten aber nie zur Gesetzeskraft erhobenen Entwurf eines 5. Teils des Württ. Landrechts über das peinliche Gericht. Die große Bedeutung der Stadtgerichte und die Rolle des


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herzoglichen Vogts als öffentlicher Ankläger werden besonders scharf herausgearbeitet; ebenso bespricht G. eingehend die von Herzog Ulrich aus politischen Gründen vorübergehend eingesetzten Sondergerichte (»Landgerichte«). Zur Widerlegung einer irreführenden Angabe Melanchthons stellt Th. Knapp ( 1276) fest, daß das Gericht des Schwäbischen Bunds in seinen Tagungen nicht an Tübingen als Malstatt und auch nicht an bestimmte Termine im Jahr gebunden war -- im Gegensatz zum württ. Hofgericht. Er stellt die wichtigsten Bestimmungen der Bundesordnungen über das Gericht zusammen und zeigt, daß es freie Wahl der Bundeshauptleute war, wenn das Gericht von 1503--1512 unverändert in Tübingen tagte.

Einen recht beachtlichen Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte legt Weidner vor ( 1449). Er verfolgt die seit Eberhard im Bart deutlich hervortretenden Versuche der württ. Herzöge, ihr geographisch verhältnismäßig geschlossenes Territorium zu einem nach außen scharf abgegrenzten und von innen gesund und kräftig aufgebauten einheitlichen Wirtschaftskörper auszugestalten. Diese Bestrebungen führen zu scharfen Zusammenstößen mit den benachbarten Reichsstädten, vor allem mit Esslingen, deren wirtschaftliche Vorrangstellung im württ. Gebiet die Herzöge, voran Ulrich, mit allen Mitteln niederzukämpfen suchten zugunsten der Wirtschaftskraft des eigenen Landes. Als besonders wichtig für den inneren Aufbau dieser württ. Volkswirtschaft erweist sich die Regierungszeit Herzog Christophs; sie hat die Grundlagen und Voraussetzungen geschaffen für die aktive, rein merkantilistische Politik Herzog Friedrichs I., die W. nicht mehr behandelt. W. neigt etwas dazu, die schon im Mittelalter vorhandene wirtschaftliche Entwicklung des württ. Gebiets zu unterschätzen. Kaiers Studien zur Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte der ehemaligen schwäbischen Besitzungen der Universität Freiburg ( 1451) erwähnen wir hier, weil seine wirtschafts- und agrargeschichtlich aufschlußreichen Ausführungen überwiegend heute württ. Gebiet behandeln (Ehingen, Biberach, Waldsee, Munderkingen, Rottenburg).


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