II. Das Mittelalter.

Von dem Ergebnis seiner langjährigen Forschungen über den hochfreien Adel des deutschen Südostens hat uns Otto von Dungern schon in seinem Buch über Adelsherrschaft im Mittelalter 1927 ein eindrucksvolles Bild gegeben. Auch wer den rechtsgeschichtlichen Deutungen nicht immer restlos zu folgen vermag, wird hier wie kaum an anderer Stelle ein Bild von dem bekommen, was Herrschaft und Adel im MA. wirklich bedeuten. Nun hat Dungern begonnen, das Resultat mühsamer Einzelforschung (vgl. 738) in einem Genealogischen Handbuch zur bayrisch-österreichischen Geschichte vorzulegen ( 259). Die erste im Berichtsjahr erschienene Lieferung enthält die Grafen von Andechs, die Wittelsbacher (bis um 1200), die Grafen von Lambach und Formbach, von Vohburg, die steirischen Ottokare, die Grafen von Rauschenberg und Reichenhall, von Plain und Hardeck, die hochfreien, im 13. Jhd. erloschenen Herrn von Auersperg, die Grafen von Weyarn und ihre Nebenlinien, die zum Teil der Herausgeber selbst, zum Teil Camillo Trotter bearbeitet hat. Man kann nur wünschen, daß das Unternehmen von dem bisher keine weitere Lieferung erschienen ist, nicht ins Stocken gerät. Denn ein solches Handbuch würde erst ein Fundament für die Geschichte des deutschen Südostens im früheren MA. geben. Nicht nur die politische Geschichte wird daraus reichen Gewinn ziehen; wenn man etwa an Hand der Untersuchungen R. Pühringers über früh- und hochromanische Baukunst in Österreich die bestimmenden Kräfte im geistigen Geschehen zu verfolgen sucht, so wird man immer wieder auf Zusammenhänge stoßen, die erst eingehende genealogische Untersuchungen klarlegen können. --

Vom Handschriftenkatalog des Augustinerchorherrnstiftes Klosterneuburg bei Wien, den H. Pfeiffer und B. Cernik ( 112) seit langem bearbeiten, liegt ein zweiter Band vor, so daß von dem über 1250 Handschriften umfassenden Band nun ein gutes Drittel beschrieben ist. Beide Bände enthalten fast ausschließlich liturgische und theologische Literatur von der Patristik bis zur Spätscholastik, besonders aus dem Kreis der Wiener Universität im 14. und 15. Jhd.

Ein wichtiges Problem, die Pläne einer Erhebung Österreichs zum Herzogtum hat Oswald Redlich in der Festschrift für Luschin behandelt ( 770), es werden die Verhandlungen des letzten Babenbergers Friedrich II. 1245, angebliche Pläne Kaiser Friedrichs III., dann die Entwürfe Maximilians I. und Karls V. besprochen

Der Wert der Arbeit von Ferdinand Stöller über den Kampf um die südostdeutschen Herzogtümer 1276--78 ( 769) liegt in einer eingehenden Darlegung der militärischen Seite der Vorgänge. Wenn hier vor allem der »Parteigängerkrieg«, die sich flächenhaft ausbreitenden Fehden der den kämpfenden Gewalten anhängenden feudalen Gewalten behandelt werden, wenn darauf hingewiesen wird, daß entgegen den jüngeren Vorstellungen im MA. den großen strategischen Operationen und auch der Schlacht nicht jene entscheidende Bedeutung zukommt wie später, so sind hier wichtige Gesichtspunkte über den Zusammenhang von politisch-sozialer Struktur und Kriegführung aufgedeckt, die bisher darum verdeckt waren, da dem Historiker ja meist kriegswissenschaftliche Schulung fehlt, dem Militär aber das Interesse für eine Art von Kriegführung abgeht, aus deren Studium er in den Voraussetzungen seiner Zeit nichts mehr lernen kann. Außerordentlich wichtige Beiträge zur österreichischen Geistesgeschichte des 15. Jhds. enthält V. Redlichs Buch über Tegernsee ( 1591), das an anderer Stelle besprochen wird. Handelt es sich doch um die »Melker Reform«, die ihren Weg


S.490

von der Wiener Universität donauwärts nach Oberdeutschland genommen hat. Die Untersuchungen, die Hans Kramer über die österreichische Geschichte des Aeneas Silvius angestellt hat, erstrecken sich auf die Handschriftenverhältnisse und das Verhältnis der drei Rezensionen, die eine wichtige Vorbereitung für eine kritische Ausgabe darstellen. Wichtig sind vor allem die genauen Angaben über die letzte Form der bekannten Beschreibung Wiens (Vgl. auch S. 181).


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)