VII. Kirchengeschichte.

Zu einem seltener von der Forschung betreuten Gebiete: der Haltung der katholischen Kirche während der Hussitenzeit in den Sudetenländern, steuert Dřímal ( 17) einen beachtlichen Beitrag durch die Zeichnung des Lebensbildes des aus Köln am Rhein stammenden Brünner Weihbischofs Wilhelm von Köln (1393--1482) bei, der ein Hauptführer des mährischen, namentlich in Brünn sich behauptenden Katholizismus gewesen ist. Im Anhang teilt D. auch einige Urkunden zur Geschichte der Minoriten und Dominikaner im 13. Jhd. mit. -- Das von Zela ( 63) entworfene Bild der Olmützer religiösen Verhältnisse unter Bischof Markus Kuen (1553--65) lehrt, daß schon 1553 ein energischer Kampf gegen das Luthertum einsetzte, der allerdings erst unter seinem Nachfolger zum Siege führte. Z. hätte sich ein Sonderverdienst erworben, wenn er die lediglich angedeuteten Mißstände im Olmützer Klerus ausführlicher dargestellt und wenn er in der Darstellung des Kapitels Nationalität und Religion seine Urteile vorsichtiger formuliert hätte. Der Vergleich Kuens mit seinem nachbarlichen Amtsgenossen in Breslau Kaspar von Logau, dem Engelbert eine erschöpfende Monographie gewidmet hat, wäre von Nutzen gewesen. In den schon von Borovička und Stloukal mannigfach erhellten Bereich der katholischen Gegenreformation zur Zeit der in Prag residierenden Nuntien führt neuerdings Matoušek ( 33) ein, der die Tätigkeit des Nuntius' Speciano sowie des zu einer Einigung mit Rom sehr geneigten, dann aber vertriebenen Administrators des Konsistoriums sub utraque Fabian Rezek eingehend schildert. Er will damit ausdrücklich einen Ausschnitt aus jenen diplomatischen Unternehmungen der Kurie im Sinne der Kircheneinigung aufzeigen, die dann in der Schlacht auf dem Weißen Berge gipfelten.

Einen Höhepunkt kirchengeschichtlicher Forschung in den Sudetenländern stellt Müllers (S. 86, Nr. 1812) nunmehr mit dem dritten Bande zum Abschluß gekommene Brüdergeschichte dar, deren erster Band 1922 erschien. Der zweite und dritte Band umspannen die namentlich in der Zeit der Emigration äußerst unruhig verlaufende Brüdergeschichte vom 16.--18. Jhd. Dabei ruht das Schwergewicht der Darstellung auf der Zeit bis 1620. Der Abschnitt über die Literatur und Lehre der Brüderunität ist besonders hervorzuheben. Die reichliche Zuhilfenahme auch des tschechischen Schrifttums läßt das Werk als weitgehend vollständig und abschließend erscheinen.

In bedeutsamem Gegensatz zu den Darstellungen von protestantischer Seite verbreitet die von dem rührigen Neumann ( 38) auf Grund bisher unzulänglichen Materials des Königgrätzer Konsistorialarchivs aufgebaute Darstellung der volksreligiösen Bewegung in der Königgrätzer Diözese für die »dunkle« Zeit der Regierung Leopolds I. und seiner Nachfolger erwünschtes, die katholische Kirche stark entlastendes Licht. Wesentlich schuldiger an den bisher übertrieben dargestellten Verfolgungen der Nichtkatholiken scheint der Staat zu sein. Diese gelegentlich allzu temperamentvoll und polemisch durchgeführte Darstellung wird von einem umfangreichen Anhang von Urkunden, die freilich


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nach Šimák, Český časopis historický 1933, nicht sorgfältig genug ediert wurden, begleitet. --Bednář ( 6, 7) verficht in einem für die Jahre 1777--81 vorgelegten, mit einer ausführlichen Einleitung versehenen Quellenbande zur Geschichte der evangelischen Bewegung in Mähren die These, daß gerade die Rührigkeit und Standhaftigkeit dieser durch Jahrhunderte am Leben gebliebenen evangelischen Gemeinschaften das Toleranzpatent von 1781 vorbereitet, ja geradezu bewirkt habe. Dennoch wird man die Initiative von seiten Josefs II. nicht so gering anschlagen, wie es nach Bednář geschehen müßte. Daneben bleiben namentlich die meist deutsch geschriebenen neuen Quellen von größter Wichtigkeit für die Erkenntnis der Aufklärungszeit in Mähren und Österreich.


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