1. Urkunden und Archive.

Von der Sammlung der Aargauer Urkunden ist in gleicher Ausführung wie die im letzten Jahresberichte angezeigte Sammlung der Urkunden von Lenzburg ein Band mit den Urkunden des Schloßarchivs Wildegg, bearbeitet vom Merz ( 128), erschienen. Die Urkunden betreffen in der Hauptsache örtliche Verhältnisse.

In der Festgabe Türler veröffentlicht Welti ( 1447) einen Zinsrodel der Stadt Bern. Aus dem Dokument vom Jahre 1446 sind die Gläubiger und die Schuldner der Stadt Bern ersichtlich, deren Kreis bis weit nach Süddeutschland hinausreicht. Von besonderem Interesse ist die Beobachtung, daß Bern während dem eidgenössischen Bürgerkriege, dem sog. alten Zürichkrieg, der Geldgeber der Länderkantone und der Stadt Luzern war, also der Gegner Zürichs.

In seiner Untersuchung über die Entstehungszeit der Fälschungen des Klosters Peterlingen (Payerne, im Kanton Waadt) stellt Hirsch fest ( 241), daß sich das Cluniacenserkloster Payerne im 12. Jahrhundert bemühte, vom Range eines Priorates zu demjenigen einer Abtei emporzusteigen und sich gegenüber Cluny eine selbständigere Stellung zu erringen.

Aus den Darlegungen Stengels ( 240) über die Fälschungen des Pfäferser Paters Karl Widmer (17. Jhd.) ergibt sich, daß der Fälscher nur aus gelehrter Ambition, nicht etwa aus politischen oder materiellen Gründen seine Falsifikate herstellte. Es handelt sich um die Behauptung Widmers, Pfäfers habe einst nicht weniger als 12 Königsdiplome (Karls des Großen, Ludwigs des Frommen, Arnulfs, Ottos des Großen, Ottos III., Heinrichs II., Konrads II., Heinrichs III., Friedrichs I. und Heinrichs VI.) und 4 Papstprivilegien (des Zacharias, Stephans IV., Leos III. und Gregors V.) besessen. Die Urschriften wären nach Widmer noch vorhanden gewesen und seien von ihm zum bequemeren Gebrauch des


S.510

Klosters abgeschrieben worden. Davon ist nun nicht mehr die Rede, auch die Möglichkeit einer echten ma. Grundlage fällt nach den Darlegungen Stengels dahin.

Bruckner ( 226) untersucht die Vorakte der älteren St. Galler Urkunden und würdigt dieselben auch nach der diplomatischen Seite. Die Texte dieser Dorsual- und Marginalnotizen werden in extenso abgedruckt. Die Vorakte bilden eine Ergänzung zum ersten Bande des Urkundenbuches der Abtei Sankt Gallen.

Die Arbeit Usteris ( 54) stellt den ersten Versuch dar, auf systematischem Wege einige Sonderfragen der schweizerischen Archivgeschichte zu behandeln. Dargestellt werden: Benennung der Archive, Aufbewahrungsort, Sicherheit, Diebstähle und Brände, Archivbenützung und Inventare, Überführung und Deponierung von Urkunden. Die Beispiele sind in der Hauptsache aus Originalquellen geschöpft.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)