3. Allgemeines.

In seiner Untersuchung über den Schwyzer Freiheitsbrief und die Gültigkeit königlicher Privilegien überhaupt stellt Schieß ( 775) fest, daß vor Erteilung des Freibriefes für Schwyz 1240 Habsburg in diesem Lande unbestrittene Rechte besessen habe. Da aber der Freibrief in keiner Weise eine Entschädigung gegenüber den Habsburgern erwähnt, so muß angenommen werden, daß die Ansprüche der Habsburger neben dem Freiheitsbrief der Schwyzer weiter bestanden und daß von Rudolf und seinen Söhnen so verfahren wurde, als ob nie ein solcher Brief bestanden hätte. Auf Grund einer größeren Anzahl von Beispielen legt Schieß dar, daß die Nichtbestätigung von Privilegien durch spätere Herrscher nicht als Aufhebung dieser Privilegien zu betrachten sei. Vielmehr ist denkbar, daß auch von seiten des Privilegierten die Erneuerung des Dokumentes nicht nachgesucht wurde, um unangenehmen Auseinandersetzungen aus dem Wege zu gehen. An eine solche Lage wäre bei Schwyz zu denken, dessen Freibrief von Rudolf von Habsburg nie erneuert wurde.

Über den Richterartikel des eidgenössischen Bundesbriefes von 1291 äußert sich Schiess ( 774). Die Frage, wer unter dem »iudex« des Bundestextes zu verstehen sei, hat von jeher zu den verschiedensten Deutungen geführt. Schiess weist darauf hin, daß der Inhaber der oberen Gewalt über die Täler zu keiner Zeit ständig im Lande weilte. Er ernannte Stellvertreter und als Stellvertreter bezeichnete er den Ammann. In dem Ammann wird man den Richter zu erblicken haben, auf den sich das Bündnis der Eidgenossen bezieht und von dem gefordert wird, er müsse ein Einheimischer sein und er dürfe sein Amt nicht erkauft haben. Der Richterartikel und der vorangehende Satzteil des Bundestextes sind Zusätze aus dem Jahre 1291. In einer Gesamtwürdigung des Bundesbriefes erblickt Schiess in dem Dokument »besonnene Mäßigung und rechtlichen Willen seiner Urheber«.

Über den Bundesbrief von 1291 handelt die Arbeit von Hunziker ( 773). Der Verfasser sucht eine Beurteilung des Bundes und seiner Vorgeschichte zu geben: Voraussetzungen und Grundlagen; Vorgeschichte und Werden des Bundesbriefs von 1291; der Bundesbrief von 1291; die Auswirkungen des Bundesbriefes. In der Bewertung der Ewigkeitsklausel scheint dem Verfasser die Übersicht über andere Bündnisse mit dieser Klausel zu fehlen. Er betont nämlich, das Bündnis von 1291 sei das erste Bündnis, »das einen unbegrenzten und ewigen Bestand in Aussicht nahm, mit anderen Worten, eine eigentliche Staatsgründung schuf«. Gegenüber diesem Gedanken einer Staatsgründung sei hingewiesen auf die Zusammenstellung von T. Schiess, Quellenwerk zur Entstehungsgeschichte der Schweiz. Eidgenossenschaft, I 1932 (S. 782 Anm. 22), wo eine ganze Reihe von Urkunden mit Ewigkeitsklausel vermerkt ist. Gegen die Art und Weise, wie der Verfasser die Tellgeschichte in


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den Rahmen der geschichtlichen Ereignisse einzufügen versucht, können schwerste Bedenken nicht unterdrückt werden. Er nimmt die von Karl Meyer nur als Hypothese gedachten Gedanken auf und gibt ihnen eine positive Form; es ist fraglich, ob mit Recht. Die Methode, den Bund von 1291 und seine Vorgeschichte in den Zusammenhang der allgemeinen Reichsgeschichte einzureihen, ist zu begrüßen; es ist aber zur Unterrichtung fernerstehender Leser zu sagen, daß diese Auffassung nicht neu ist und schon von Paul Schweizer und Wilhelm Oechsli angewendet wurde. -- Wer die neuere Auffassung Karl Meyers kennenlernen will, sei verwiesen auf seine beiden Arbeiten: Artikel »Uri« im Historisch-Biographischen Lexikon der Schweiz (Band 7, S. 146--152, Neuenburg 1933) und »Die Gründung der Eidgenossenschaft im Lichte der Urkunden und der Chroniken«, 2. durchgesehene und vermehrte Auflage, Zürich 1931.


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