IV. Kirchengeschichte.

Für die frühmittelalterliche Kirchengeschichte ist eine mit besonnener Kritik geschriebene Arbeit von Warichez ( 219) über Eleutherius, Bischof von Tournai [456--531] zu erwähnen. (Rolland, Rev. belge 10, 675--678). Mit der Geschichte des Bistums Utrecht befassen sich zwei Aufsätze. Polman ( 168) hat Bischof Odilbald von Utrecht (870 bis 899) eine kurze Studie gewidmet; der in dieser Zeit erscheinende Bischof Egilbold verdankt nur Schreiberversehen sein Dasein und ist daher aus der Liste der Bischöfe zu streichen. Post ( 171) glaubt die strittige Frage der Kathedralkirche von Utrecht für die frühmittelalterliche Zeit zugunsten von St. Martin entscheiden zu können. Auch der kleine Aufsatz von Lampen ( 113) über Neuerscheinungen zur Geschichte Willibrords berührt die Kirchengeschichte dieser Gegenden. Dagegen ist die Ansicht von Stumpff ( 200), der sich mit der verwickelten Frühgeschichte von Egmond befaßt und die älteste Gründung Adalberts einen Kilometer von Egmond sucht, nicht unbedingt überzeugend. Zur Kirchengeschichte Flanderns im 12. Jhd. bringt Sproemberg (S. 34, Nr. 724) in dem ersten Band seiner Arbeit über Alvisus von Anchin [1111--1131] eine Darstellung der flandrischen Kirchenreform des 12. Jhs. Sie ist zwar durch die Cluniazenser über St. Bertin eingeführt worden, gelangt aber unter führender Beteiligung des Alvisus und durch das Eingreifen der Grafen von Flandern zur Selbständigkeit. Später gewannen durch Bernhard von Clairvaux zisterziensische Auffassungen Einfluß und die Reform breitete sich durch die Schüler des Alvisus nach Cambrai und nach Nordfrankreich aus. Dargestellt ist auch der Kampf St. Bertins um seine Selbständigkeit gegen Cluni und die Reform der Grafschaft Boulogne (Verlinden, Rev. belge 10, 1156--1162 und Sabbe, D. L. Z. 1933, 747--751). Stroick ( 198) veröffentlichte eine Neuausgabe der Collectio de scandalis ecclesiae, als deren Verfasser er den berühmten Wibert von Tournai zu erweisen versuchte (Jberr. 6. S. 481). De Poorter ( 170) gab einen Brief Wiberts an Isabella, die Schwester Ludwigs IX., heraus. Wilmart ( 226) sucht in die sehr umstrittene Frage, wer der bekannte Kirchenschriftsteller Gerhard von Lüttich gewesen sei, Licht zu bringen. Er hält ihn für den Abt des Zisterzienserklosters Val St. Lambert Gerhard († 1206) und veröffentlicht einen unbekannten Traktat Gerhards De amore Dei. Für die Lütticher Verhältnisse ebenfalls interessant sind die Dokumente, die Lippens ( 132) über die Gründung des Franziskanerkonvents in Lüttich 1487 herausgegeben und mit einer wertvollen historischen Einleitung versehen hat. Zum 550. Todestag von Jan van Ruusbroec ( 189) erschienen eine Reihe von Arbeiten über diesen berühmten flämischen Mystiker sowie Neuausgaben seiner Werke (Ganshof, Rev. belge 10, 1244). Van Mierlo ( 141) weist auf die außerordentliche Bedeutung Ruusbroecs für die niederdeutsche Prosa hin und Roemans ( 186) gibt eine Bibliographie seiner Werke. Meertens ( 139) setzte die Veröffentlichung niederländischer Gebetbücher


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des 15. Jhds. fort (Jberr. 6., S. 482 und Debongnie 'Rev. d'hist. eccles. 29, 730--731). Für die Geschichte der religiösen Frömmigkeit in den südlichen Niederlanden ist auch ein Artikel von Heijman ( 96) zu erwähnen, der sich mit den Verdiensten der Norbertiner auf diesem Gebiet beschäftigt. Über die Beziehungen der Kurie zu den Bischöfen des belgisch-niederländischen Gebietes sind eine Reihe wichtiger Veröffentlichungen mit reichem Material erschienen. Für Utrecht gibt Post ( 172) aus dem Reichsarchiv in Utrecht eine Reihe von Aktenstücken (1301--1559), die sich mit der Wahl der Bischöfe und der Verwaltung des Bistums während der Sedisvakanz beschäftigen. Paquay ( 156, 157 u. 160) hat in verschiedenen Artikeln über die Beziehungen des Heiligen Stuhls zum Fürstentum Lüttich im späteren Mittelalter gehandelt, namentlich auch Material über die Korrespondenz der beiden bayrischen Fürstbischöfe Ernst und Ferdinand (1581--1659) mit der Kurie veröffentlicht (Quicke, Rev. belge 11, 419). Jadin ( 101, 102 u. 103) hat seine große Veröffentlichung der Informationsberichte der Kurie über die Bischöfe und Äbte der Niederlande, Lüttichs und Burgunds vom 16. Jh. bis zur französischen Revolution abgeschlossen. In den früheren Bänden des Bull. de l'Institut hist. belge de Rome ist die Zeit von 1567--1637 (Bd. 8, 1928) und 1637--1709 (Bd. 9, 1929) behandelt worden. Nunmehr erscheint der Abschluß, die österreichische Zeit (1713--1794). Der Wert dieser zeitgenössischen Berichte für die politische, kulturelle aber auch wirtschaftliche Geschichte ist ein sehr erheblicher, weil sie auch Angaben über Ausbildung der Kandidaten und den äußeren Zustand der Diözesen und Abteien enthalten. Abgeschlossen wird das Werk durch die Veröffentlichung des Materials über die belgischen Bischöfe von 1802--1848. Eine gewisse Ergänzung bringt Paquay ( 159), der ebenfalls aus den päpstlichen Archiven die Berichte über die Präconisationen der Bischöfe der belgischen Provinzen von 1559--1853 herausgab. Aufschlußreich für das Schicksal der Protestanten in den südlichen Niederlanden im 17. Jh. ist ein Aufsatz von Pasture ( 161). Auf Grund belgischer Berichte in römischen Archiven wird der Kampf der Bischöfe gegen die kalvinistische Propaganda geschildert. Bemerkenswert ist, daß man die übriggebliebenen Kalvinisten dulden mußte, um Vergeltungsmaßregeln gegen die holländischen und englischen Katholiken zu vermeiden. Für die Geschichte des Protestantismus in den Niederlanden bringt das große biographische Nachschlagewerk von de Bie und Loosjes ( 15) über die protestantischen Theologen in den Niederlanden reiches Material.


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