Reproduktionen und Handschriften-Verzeichnisse.

Ihms ( 195) Palaeographia latina ist in unveränderter Neuauflage erschienen. -- Von Chrousts Monumenta palaeographica ( 194) liegen zwei Lieferungen vor. Die eine bringt Proben von theologischen Handschriften, die aus dem Kloster Pegau in die Universitätsbibliothek Leipzig gelangt sind. Sie verteilen sich auf das zwölfte Jahrhundert, und einige weisen reichen Buchschmuck auf. Wieweit das Pegauer Scriptorium von der Corveyer Schule beeinflußt worden ist, bedarf noch näherer Untersuchung. Das andere Faszikel bildet die Fortsetzung zum »Urkundenwesen der Markgrafen von Brandenburg« (vgl. Jberr. 6, S. 111). Von dem berühmten Landbuch Karls IV. sind zwei Handschriften reproduziert, ferner Geschäftsbücher aus der ersten Zeit der hohenzollernschen Kurfürsten, endlich Urkunden von 1379--1423 sowie zwei Entwürfe von 1424. 558a und auch andere Nummern zeigen Schrifteigentümlichkeiten, die für die Entstehungsgeschichte der Fraktur in Betracht kommen. -- In der Sammlung »Bildwiedergaben ausgewählter Urkunden und Akten zur Geschichte Westfalens« veröffentlicht v. Winterfeld ( 209) als Materialien zum »Städtewesen und die Hanse« eine Folge von Urkunden, Briefen, Stadtbüchern, Protokollen und chronikalen Aufzeichnungen, beginnend mit dem Marktprivileg Ludwigs des Frommen für Corvey und endend mit einem Bericht über die Schließung der Hansekontors in Nowgorod. Schon in Jberr. 6 (S. 407) ist auf die Mängel des Reproduktionsverfahrens hingewiesen worden.

Die Wiener Genesis ist von Gerstinger ( 213) neu herausgegeben. A. Boeckler hatte die große Liebenswürdigkeit mir folgendes darüber mitzuteilen: Der Fortschritt, den diese Publikation gegenüber der älteren von 1895 bedeutet, liegt in erster Linie darin, daß sie alle Seiten in ausgezeichnetem farbigen Lichtdruck bringt, so daß man sich auch bei feineren stilkritischen Untersuchungen mit der Wiedergabe begnügen kann. Zum andern geht die Veröffentlichung über die frühere darin hinaus, daß sie alle Anhaltspunkte heranzieht, die eine solche Handschrift bietet, vor allem die Paläographie, die Ikonographie und das Archäologische. Gerade letzteres führt zu wesentlichen Neuergebnissen für das Problem der Lokalisierung und Datierung. Haartracht,


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Architekturformen, die Gestalt einzelner Geräte, die Amtstracht der Hofbeamten u. a. weisen in die Justinianische Zeit. Tiertypen, Baumformen usw. sprechen für Entstehung in Syrien oder den benachbarten Gebieten Kleinasiens. Diese Lokalisierung gewinnt eine wesentliche Stütze dadurch, daß die Auswahl und Reihung der Miniaturen im Cod. Rossanensis, der Schwesterhandschrift der Wiener Genesis, der antiochenischen Perikopenordnung der Fastenzeit entsprechen. -- In der bekannten Sammlung der »Blauen Bücher« sind Swarzenskis »Vorgotische Miniaturen« ( 215) in zweiter Auflage erschienen. Der kurze Text enthält einleitend neue prinzipielle Bemerkungen. Das reiche Abbilderungsmaterial hat einige Änderungen erfahren. Beachtung verdienen auch neu hinzugekommene Anmerkungen. -- Von dem großen Unternehmen »Beschreibendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich« enthält der vorliegende Band Hermanns ( 212) Codices aus Venedig und der Terra Ferma, die größtenteils dem fünfzehnten Jahrhundert entstammen. Darunter befinden sich auch viele miniierte Inkunabeln, vor allem aus der Offizin Jensons. Von den Handschriften seien angeführt: Nr. 25. Petrarcas Trionfi von Jacobus Veronensis, Nr. 28. Liber precum für eine Nonne aus dem Hause Contarini hergestellt, Nr. 29 ein Rotulus Biblia figurata in forma arboris genealogicae, Nr. 99. Horarium aus dem Atelier des Benedetto Padovano, Nr. 138. Columba, Tractatus asceticus aus einem Karthäuserkloster, und Nr. 139. Tacuinum sanitatis. -- Gerade zum hundertjährigen Bestehen des Berliner Kupferstichkabinetts publiziert Wescher ( 211) ein Verzeichnis der Miniaturen von dessen Handschriften und Einzelblättern mit zahlreichen Abbildungen. Die an sich kleine Sammlung enthält kostbare Stücke fast aus allen Ländern vom 11.--17. Jhd., darunter besonders viel italienische. Kunsthistorisch ist der Katalog mit großer Sorgfalt gearbeitet; doch der Schrift schenkt der Verf. keine Beachtung.


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