IV. Mittelalter und Neuzeit bis zur Emanzipation.

Die Juden unterstanden im MA. direkt nur der weltlichen Gewalt, aber ihre Sonderstellung leitete sich wesentlich aus den religiösen Anschauungen und aus dem Kirchenrecht her. Deshalb ist eine Untersuchung des Verhältnisses der Kirche zu den Juden, wie sie Grayzel vorlegt <1933/34, 2380>, von großer Wichtigkeit. Er veröffentlicht die auf Juden Bezug nehmenden Papstbriefe, -dekrete und Konzilsdekrete von 1198 bis 1254 in lateinischer und englischer Sprache und gibt eine ausführliche Einleitung, die die Tendenzen der kirchlichen Judenpolitik aufzuzeigen sucht. Die Kirche, die im 13. Jh. zur höchsten Machtentfaltung gelangt, bringt in diesem Zeitraum die Theorie von der Ausschließung der Juden aus der christlichen Gesellschaft zum Abschluß. Das Vorbild Gregors I., der Duldung der Juden angeordnet hatte, wirkt zwar immer noch nach, vermag sich aber nicht mehr voll durchzusetzen. Die Konzile sind im ganzen judenfeindlicher als die Päpste, bei welchen schon finanzpolitische und personelle Rücksichten eine Rolle zu spielen beginnen. -- Das Problem des Antisemitismus im MA. hat W. Grau in seiner Erstlingsarbeit <1933/34, 2396> aufgegriffen. An Hand des Materials über das Ende der Regensburger Judengemeinde erörtert er die Motive, die zur Austreibung der Juden im Jahre 1519 führten, und findet darin Beweggründe sozialer, religiöser, wirtschaftsethischer und rassischer Natur. Besonders fruchtbar ist die Erkenntnis, daß die Judenfrage in engster Beziehung zu dem sozialen Problem des späten MA.'s, der »Gesellenfrage«, stand und daß jüdische und frühkapitalistische Wirtschaftsformen zwar in vielem ähnlich, aber nicht wesensverwandt waren. Die an diese Arbeit angeknüpfte Auseinandersetzung zwischen Straus <1935, 1737> und Grau < 1720> zeigt auf das deutlichste den Gegensatz der Betrachtungsweisen: bei jenem zielt die Forschung allein auf die Geschichte des Judentums, bei diesem auf die Erkenntnis der deutsch-jüdischen Fragen insgesamt ab.

Die Autorschaft Pfefferkorns an den unter seinem Namen veröffentlichten Werken untersucht M. Spanier in zwei Aufsätzen <1935, 1728; 1936, 1722>.


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Er unterscheidet echte Pfefferkornsche, bearbeitete Pfefferkornsche Schriften und Zusätze des Kölner Scholastikerkreises. -- F. Kynaß' Dissertation über den »Juden im deutschen Volkslied« <1933/34, 2383; Rez. von W. Grau, Histor. Z. 154, S. 108 f.> beschränkt sich auf die Namenverse des Kinderliedes und die einstrophigen Spottlieder, wie sie aus dem 16. bis 18. Jh. überliefert sind, und untersucht die darin vorkommenden alttestamentlichen Stoffe und Namen und die typischen Judennamen. Er kommt zu dem Ergebnis, daß es keine ausgesprochenen Haß- oder Hetzlieder gegen die Juden gab, aber auch keine, die dem Juden freundlich gegenüberstanden. Die Aufklärungsideen sind nicht in das Volkslied eingedrungen.


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