b) Lutherausgaben und Quellen.

Die Münchener Ausgabe der Werke Luthers in ihrer neuen Form <vgl. 1935, S. 398> hat weitere Fortschritte gemacht. In der Hauptreihe sind unter dem Titel »Von der Obrigkeit in Familie, Volk und Staat« als 5. Band die Schriften zur Neuorganisation der Gesellschaft (einschließlich der Schul-, Ehe- und Wirtschaftsschriften) veröffentlicht (München, Kaiser, 528 S.). Die Auslegung des 101. Psalms »allen christlichen Obrigkeiten und Regenten sonderlich nützlich und tröstlich zu lesen« ist neu aufgenommen. Außerdem sind im 3. Ergänzungsband Luthers »Schriften wider Juden und Türken« -- letztere nur in Auswahl -- abgedruckt (609 S.; hrsg. von W. Holsten). Die geschichtliche Einführung betont das religiöse Anliegen Luthers in der Judenfrage, wozu freilich auch die moralischen Beweggründe kommen, und klärt Luthers scheinbar widerspruchsvolle Haltung im Türkenkrieg (Ablehnung des Kreuzzuges, aber Pflicht zur Verteidigung der Heimat, L. selbst will als Heeresprediger mitziehen). Daneben sind wichtige Quellen zur Reformationsgeschichte neu herausgebracht worden. Clemen druckt die Acta exustionis antichristianorum Decretalium (WA 7, 184 ff.) in verbesserter Textgestaltung ab und fügt die deutsche Übersetzung aus einem soeben gefundenen Einblattdruck bei < 2338>. Friedensburg schildert die Vorgänge nach dem Bekanntwerden des von Paul III. veranlaßten Consilium de emendanda ecclesia < 2345>. Luther hat sich bekanntlich gegen diese kuriale Denkschrift völlig ablehnend verhalten, die dagegen in den humanistischen Kreisen Straßburgs günstig aufgenommen wurde. Sturm entschloß sich zur Antwort -- freilich unter strenger Wahrung der protestantischen Haltung. Sadolet, einer der Verfasser des Consilium, schrieb eine ziemlich oberflächliche Entgegnung, die Sturm schroff zurückwies. Während das Consilium selbst in der von der Görresgesellschaft veranstalteten Aktenpublikation das Concilium Tridentinum in einer sorgfältigen Ausgabe vorliegt <1930, 1623>, sind nunmehr durch Fr. die anderen Dokumente aus seltenen Drucken der Forschung zugänglich gemacht. -- Eine andere Veröffentlichung führt in die Zeit nach dem Augsburger Interim, an dem vor allem Johann Agricola, der willige Hofprediger Joachims II. von Brandenburg, Schuld hat. Bekanntlich setzte eine ganze Flut von Gegenschriften aus dem protestantischen Lager ein. Radtke veröffentlicht die Gegenschrift des Calenberger Reformators Corvinus, deren besondere Bedeutung unbestreitbar ist < 2341>. Wohl ist auch sie eine Streitschrift mit dem üblichen gehässigen Beiwerk. Aber Corvinus spricht den Lehrgehalt des Interims Artikel für Artikel durch und vergleicht alles mit den früheren theologischen Anschauungen Agricolas. Gerade dadurch wird die Preisgabe des evangelischen Glaubens aus politischen Gründen mit unwiderlegbarer Klarheit gezeigt. Diese Schrift, deren Herausgabe indessen verhindert wurde, war eine sehr wirksame Widerlegung des Interims. Hier kann man Hommels Veröffentlichung eines Spottgutachtens Luthers über Agricola anschließen, wenn es auch schon der Zeit der antinomistischen Kämpfe entstammt < 2330>. Auch dieses Schriftstück läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Schließlich sei auf die Herausgabe von Mainz--Magdeburger Beichtbriefen des St. Peterablasses verwiesen, die Ficker im Lutherjahrbuch 1936 (S. 1--46) in Reproduktion und lateinischer Umschrift wiedergibt. Schon Löscher hat sich in seinen Reformationsacta über die geringe


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Zahl der erhaltenen Ablaßbriefe gewundert. Nun klärt sich das Rätsel. Sie sind vom Buchbinder als Heftrücken benutzt worden. F. benutzt die Gelegenheit, um die einzelnen Briefe inhaltlich zu vergleichen und zu fragen, welche Form Luther bei den Resolutiones vorgelegen hat. Jedenfalls versichern diese Dokumente einen kaum zu überbietenden Anspruch auf Gewährung der Gnade, wobei die Totalität der Gnadenwirkung von der totalen Papstgewalt abgeleitet wird.


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