I. Allgemeines.

Der Breslauer Festvortrag von Meyer < 251> ist ein Ausdruck der Verbundenheit mit jener Landschaft, von der M.s wissenschaftliche Arbeit ausgegangen ist. Er verfolgt die politische Schicksalslinie Schlesiens, die durch einen geringeren Anspruch auf Eigenleben als bei jedem anderen deutschen Grenzland gekennzeichnet ist, von der Vorzeit über die Leistung für die ma.'liche Ostbewegung, für das Habsburgerreich, schließlich für das aufstrebende Preußen und Zweite Reich bis hin zu unseren Tagen, mit seinem Blick immer zugleich auch das Wirtschafts- und Geistesleben umfassend. Die Möglichkeiten gesamtdeutscher Betrachtung, die am stärksten in der Würdigung der deutschen Rückbesiedlung des MA.'s und in der maßvollen Auseinandersetzung mit Srbik hervortritt, erscheinen freilich noch nicht hinreichend ausgewertet, die Sinndeutung der Habsburgerzeit Schlesiens kann sich mit M.s Formulierungen nicht begnügen, und die auch von M. unterstrichene Erkenntnis des Mangels an eigenstaatlicher Leistung muß der schlesischen Landesforschung ein Ansporn bleiben, durch gesamtschlesische Ausrichtung über die heutigen und früheren Staatsgrenzen hinweg immer mehr herauszuarbeiten, wie tief gerade durch die Spannung zwischen politischer Gestaltungskraft und völkischem Ausströmen das Schicksal des schlesischen Stammes ein Sinnbild unserer deutschen Volksgeschichte zu sein vermag. -- Der Aufsatz von Pfitzner < 250> bildet zusammen mit einem früheren <1933/34, 2201> die kritische


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Auseinandersetzung mit Bd. I des neuen polnischen Sammelwerkes zur schlesischen Geschichte. Da Bd. III unten besprochen wird, während Bd. I in diesen Jahresberichten seinerzeit nicht angezeigt wurde, scheint ein kurzer nachträglicher Hinweis auf Bd. I hier angebracht (Historja Śląska od najdawniejszych czasów do roku 1400 I [Geschichte Schlesiens von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1400 I], hrsg. von St. Kutrzeba, Krakau 1933, Verlag der Polska Akademja Umiejętności, VIII, 954 S., 10 Taf., 32 Abb.). In diesem Band werden die historisch-geographischen Grundlagen von Semkowicz (71 S.), die polnische Sprache in Schlesien im MA. von Taszycki (17 S.), die Vorgeschichte von Kostrzewski (34 S.), die Verfassungsgeschichte von Wojciechowski (274 S.) dargestellt. In die Behandlung der politischen Geschichte teilen sich Grodecki (bis 1290, 172 S.) und Dąbrowski (1290--1402, 236 S.). Ein französischer Auszug von fast 100 S. erleichtert auch Nichtkennern der polnischen Sprache die Benutzung des Bandes. Außer Pfitzner haben auch andere namhafte deutsche Forscher zu diesem Werk Stellung genommen, vgl. die eingehende Sammelbesprechung in den Jbb. Gesch. Osteuropas I, 1936, S. 63--155. -- Aus dem in erster Linie für Werbezwecke bestimmten Schlesienbuch des Verlags Busche (Schlesien. Schriftleitung des wissenschaftlichen Teiles von E. Randt, Dortmund, 103 S.) verdienen die Beiträge von J. Pfitzner »Schlesiens Geschichte« (S. 5--16), Fr. Andreae »Schlesisches Geistesleben« (S. 24--31) und G. Grundmann »Schlesien und seine Kunst (S. 32--37) eine Erwähnung als knappe Übersichten, die bei aller Kürze durch Persönlichkeit und Sachkenntnis der Verf. eine eigene Note erhalten haben. -- Eine aufschlußreiche Bilanz polnischer wissenschaftlicher Beschäftigung mit schlesischen Fragen zieht das Buch »Stan i potrzeby nauki polskiej o Śląsku. Praca zbiorowa pod redakcją R. Lutmana« [Stand und Bedürfnisse der polnischen Wissenschaft über Schlesien. Sammelwerk unter der Leitung von R. Lutman], Kattowitz 1936 (Wydawnictwa Instytutu Šląskiego, Serja Pamiętnik, Tom I, XXVI) 525 S., Rez. v. L. Petry, Jbb. Gesch. Osteuropas II, 1937, S. 327--30).


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