II. Quellen.Die Urkundenpublikationen sind durch drei
wichtige Veröffentlichungen wesentlich vorwärts geschritten. An erster Stelle stehen die Regesten der
Mainzer Erzbischöfe aus den Jahren 1328--1353, bearbeitet von Otto <
196>; so schließt sich endlich die Lücke zwischen den von Vogt
und von Vigener bearbeiteten Bänden. Es ist die wichtige Zeit der Erzbischöfe Balduin von Trier, Heinrich von
Virneburg und Gerlach von Nassau mit über 3200 Nummern. Das erschlossene Material ist von gleicher Bedeutung
für die heute im Vordergrunde der Forschung stehenden reichsgeschichtlichen Probleme wie für die Fragen
territorialer Macht- und Verfassungskämpfe. Gegen 25 Prozent der Regesten werden zum ersten Male
veröffentlicht; den größten Anteil haben das Vatikanische Archiv, das Hauptstaatsarchiv in München
und die Würzburger Ingrossaturbücher. Auf Hessen und Nassau entfällt nicht ganz ein Drittel. Gewisse
Ungleichheiten in bezug auf Vollständigkeit der Überlieferung und Literaturangaben mögen mit dem Wechsel
des Bearbeiters zusammenhängen; über einzelne Ergänzungen und Berichtigungen vgl. Bock
<
196>. Das Register steht noch aus. -- In rascher Folge hat
Glöckner <
197> die Neuausgabe des Codex Laureshamensis <1929,
157 S. 499> zu Ende geführt. Der zweite Band enthält das Kopiar
mit den Urkunden aus den rheinischen Gauen, der dritte mit denen des Lahn- und Maingebietes sowie Schwabens, ferner
spätere Schenkungen, Güter- und Zinsregister. Die Druckanordnung gibt eine klare Übersicht über die
Überlieferung, vermehrt um Hinweise auf die chronologischen Regesten des ersten Bandes. Besondere Sorgfalt ist auf
die oft schwierige Datierung verwandt (die weitaus überwiegende Urkundenzahl stammt aus der Zeit Karls d. Gr.),
ferner auf den Anteil der einzelnen Schreiber, vor allem aber auf möglichst einwandfreie Bestimmung der Ortsnamen.
Drei Kartenbeilagen vermitteln die Übersicht über die weite Ausdehnung des Klosterbesitzes in Süd- und
Westdeutschland. Namen- und Sachregister, das erste bei seiner Anlage in der Benutzung erschwert durch Mangel an
Verweisen, erschließen das Ganze und vermitteln noch einmal die kritische Leistung des Bearbeiters. So ist eine
der wichtigsten Quellen für die Karolingerzeit zur Wirtschafts-, Siedlungs- und Landesgeschichte für die
wissenschaftliche Auswertung neu zubereitet. -- Eine langjährige Verpflichtung löst die Hist. Kommission
für Hessen und Waldeck mit der Vorlage des Hersfelder Urkundenbuches ein, das in
Weirich <
194> unter Benutzung der weit gediehenen Vorarbeiten
Hörgers () einen würdigen Bearbeiter gefunden hat. Der erste Halbband umfaßt mit
119 Nummern (zwei Drittel Königsurkunden), fast alle aus dem Staatsarchiv Marburg, die Jahre 771--1100. An bisher
unveröffentlichten Urkunden sind freilich nur zwei Papsturkunden von 981 und 1054 (die zweite bisher unbekannt)
hervorzuheben (vgl. die Abhandlungen des Verfassers <
2197,
2206>). Die Überlieferung der neben Fulda bedeutendsten Abtei des
nördlichen Hessen geschlossen übersehen zu können, bietet aber einen wesentlichen Fortschritt für
die Beurteilung des Urkundenstoffes überhaupt; die Früchte zeigen sich bereits in der Urkundenkritik des
Bearbeiters. Erwähnt seien genauere Datierungen der Fälschungen Nummer 1, 2, 11, 24, 59, Feststellung neuer
Abhängigkeitsverhältnisse
S.492 von den Vorlagen, Einordnungen in sachliche Zusammenhänge; unter ihnen sind die Ausführungen über die Zehntstreitigkeiten mit Halberstadt, auf Hölk und Stengel <1933, 2966> aufbauend, im wesentlichen abschließend. Textgestaltung und Drucktechnik zeigen die bewährte Schule Stengels. Über neue Lesungen, Verluste in der Überlieferung namentlich der Privaturkunden und einige Berichtigungen vgl. Gutbier, Z. Ver. hess. Gesch. 61, S. 262 ff. Einleitung und Register sind dem zweiten Halbbande vorbehalten.Clemm veröffentlicht, in Textgestaltung und Auswertung mit gleicher Gründlichkeit, »das Totenbuch des Prämonstratenserstifts Ilbenstadt« (Arch. hess. Gesch. N. F. 19, S. 169--274) nach der allein erhaltenen Abschrift von 1572 mit weit über 3300 Namen von Geistlichen und Laien. Er unterscheidet unter den verlorenen Vorlagen eine ältere Schicht kurz nach 1260 in gruppenmäßiger Zusammenfassung der Einträge nach Dignitäten, eine in diesem Aufbau seltene Form der Totenbücher, sodann eine Fortführung bis 1572 in zeitlicher Folge der Todesfälle. Über drei Viertel aller Namen werden der älteren Schicht zugewiesen; geben ihre Einträge zahlreicher fremder Bischöfe, Äbte und Pröpste sowie sächsische und romanische Namensformen ein Abbild von den weiten Beziehungen des Stifts in seiner Blütezeit, so tritt in der jüngeren Schicht nur noch die umliegende Landschaft in Erscheinung. Die Tradition einer Verbindung nach Prémontré findet eine gewisse Stütze; innerhalb der Ordensrichtungen wird auf engere Beziehung zu Magdeburg geschlossen. --Demandt < 2090> veröffentlicht ein bisher wenig beachtetes Güterverzeichnis des Stiftes Fritzlar von 1209 sowie zwei Kalendarien aus Mitte und Ende des 13. Jh.'s aus dem Codex Adelhardi, einer Prachtbibelhandschrift der Gräflich von Schönbornschen Bibliothek zu Pommersfelden, ferner ein Kalendarium und Güterverzeichnis von 1310 aus einer Kasseler Handschrift und gibt eine ebenso gründliche wie aufschlußreiche Übersicht über den Stiftsbesitz im 13. Jh.; das Propsteivermögen ist bereits Ende des 12. Jh.'s vom Stiftsvermögen getrennt und daher nicht mit aufgeführt. Zeigt das Güterverzeichnis von 1209 überwiegend alten Grundbesitz, Ausstattungsgut des Adels für die Kapitulare ihrer Familien, so enthalten die jüngeren Kalendarien meist Zinseinkünfte und Rentenverschreibungen aus bürgerlichen Kreisen, ein Abbild des Wandels der Wirtschaftsformen jener Zeit. Gegenüber diesen beiden Quellengattungen tritt die Einzelurkunde für die Besitzentwicklung ganz zurück. Konzentrierung des Besitzes, besonders innerhalb der dem Stifte gehörigen Mutterkirchen, deutet auf hohes Alter der Besitzungen. Der Stiftsbesitz, namentlich wo er sich zu »Territorien« massiert, wird für die politische Auseinandersetzung zwischen Mainz und Hessen stärker als bisher gewertet; der Übergang von der Eigen- zur Zinswirtschaft dürfte für die Schwächung der Mainzer Stellung nicht unerheblich gewesen sein. --Beckers Alsfelder Regestensammlung < 195> mit den Urkunden aus dem Staatsarchiv Darmstadt hat fast nur für die Ortsgeschichte Bedeutung. |
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