IV. Kirchengeschichte.

Schütte < 2207> vertritt die Ansicht, daß die Ernennung Liudgers zum »pastor« des westlichen Sachsen (etwa 792) bereits die Übertragung bischöflicher Gewalt bedeutete. Nach Wurm < 2209> ergibt sich für das Bistum Paderborn folgende Reihenfolge der Entwicklung: erste Sprengeleinteilung mit Zuweisung an Sturm 777, neue Einteilung und Unterstellung unter Würzburg 780, Einsetzung eines eigenen Bischofs (Hathumar) 806. --Honselmann < 2270> untersucht ein von den Bollandisten benutztes Paderborner Kalendarium, von dem er eine im 17. Jh. hergestellte Abschrift aufgefunden hat, und erbringt den Nachweis, daß es aus der Zeit Meinwerks (nach 1015) stammt. Auf Grund der sehr zuverlässigen Abschrift hat H. auch einen Abdruck des Kalendars beigegeben. -- Wie Schröders Abhandlung < 2270> zu entnehmen, hat durch Meinwerk die Verehrung des Liborius als Kompatron des Paderborner Domes und der Diözese ihren eigentlichen Antrieb erhalten, so daß er allmählich den Hl. Kilian aus dieser Rolle verdrängte. Seine eigentliche Blüte erlebt sein Kult jedoch im 14. und 15. Jh.; infolgedessen ist er als Pfarrpatrozinium bei ma.'lichen Kirchen selten. Einen neuen Aufschwung hat schließlich das 17. Jh. gebracht. -- Die »Grabungen und Funde in und am Paderborner Dom seit 1907«, über die Al. Fuchs <in 2136, S. 207--236>, berichtet, ermöglichen teils die Kontrolle der schriftlichen Überlieferung, teils bringen sie eine Erweiterung der aus ihr stammenden Kenntnis der älteren Bistumsgeschichte. -- Die Arbeit Drägers < 2215> behandelt sowohl die innere Verfassung des Mindener Domkapitels und seine Stellung im Bistum wie seine ständische Zusammensetzung, wobei die Ständebegriffe v. Klokkes zugrunde gelegt sind. -- Einen kurzen Führer durch die Geschichte des Klosters Grafschaft Mark stellt die Schrift von Fr. Wiethoff, Kloster Grafschaft und Wilzenberg (Schmallenberg, Sonnenschein 1935, 121 S.) dar; sie enthält auch einen teilweisen Abdruck eines Grafschafter Besitzverzeichnisses von 1515. -- Redecker < 2214> hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein allseitiges Bild der Entwicklung des Stifts Schildesche während des MA.'s auf Grund der archivalischen Überlieferung zu geben. Neben den Verfassungsverhältnissen hat er auch Besitz- und Wirtschaftsgeschichte einbezogen. Es ergibt sich daraus das typische Bild eines Kanonissenstifts, verbunden mit einer, einem Propst unterstehenden Klerikergemeinschaft. Von seiner Gründerin dem königlichen Schutz unterstellt, wurde es von Heinrich II. dem Bistum Paderborn übergeben, geriet aber im 13. Jh. in die Hand der Vögte, der Grafen von Ravensberg. Der Arbeit mangelt es an tieferem Eindringen in wissenschaftliche Fragestellung. --Mawicks Untersuchung < 2093> über das Kollegiatstift St. Patrocli in Soest geht von Geschichte und Bestand des Besitzes, seiner Verwaltung und Nutzung aus und führt von da aus auch auf einzelne Fragen der inneren Verfassung des Kapitels, ähnlich, wie es in der bereits besprochenen Arbeit v. Rodens (s. oben III 4) der Fall ist. Die Propstei führte seit 1257 ein vollkommenes Eigendasein. Ihre Güter nehmen auch in besitzrechtlicher Hinsicht eine Sonderstellung ein: sie wurden als (bäuerliche)


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Lehen ausgetan. Das Kapitelsvermögen war nur zu einem Teil einheitlicher Verwaltung und Nutzung (in Form von Präbenden) unterworfen; teils wurde es in Form von Obödienzen einzelnen Kanonikern zu eigener Verwaltung überlassen. -- Das Dortmunder Dominikanerkloster hat durch Rensing < 2212> eine umfassende und allseitige Bearbeitung seiner Geschichte erhalten. Es ist erst 1309 gegen den Widerstand des Rates gegründet. Bald nach der Jahrhundertmitte lassen sich die ersten Fälle der Erwerbung von Grundbesitz und Renten für den Konvent nachweisen; noch vor Ende des Jh.'s ist auch Privateigentum einzelner Insassen bezeugt. Im 15. Jh. stellte es die Inquisitoren für Westfalen, in deren Tätigkeit eine Anzahl Inquisitionsprotokolle aus dem Besitz der Bonner Univ.-Bibliothek lebendigen Einblick gewähren. In der zweiten Hälfte des 15. Jh.'s setzen die Bestrebungen ein, das Dortmunder Kloster der observanten Richtung zuzuführen; aber erst eine 1509 mit Gewalt durchgeführte gründliche Reform hatte dauernden Erfolg. Der Reformation gegenüber hat das Kloster sich behauptet und dem katholischen Kultus in der Reichsstadt seitdem einen Rückhalt geboten, bis es 1816 der Aufhebung verfiel. --Segin < 2211> schickt der Geschichte des Klosters Dalheim eine siedlungsgeschichtliche Einleitung vorauf, die für das Sind- und das Soratfeld die Entstehung der »heim«-Siedlungen und die Umsiedlung und Wüstungsbildung des 13.--14. Jh.'s behandelt. Er sieht in den »heim«-Orten um Lichtenau fränkische Anlagen, die sich um einen Königshof und das Kirchdorf gruppieren. Die für beide Bezirke charakteristische Wüstungsbildung, die er im Sinne der Umsiedlungstheorie deutet, steht nachweisbar im Zusammenhang mit der Anlage von Burgstädten; doch sind außer ihnen auch die größeren Dörfer das Ziel des Zuzugs gewesen. Auch der Untergang des Frauenklosters Dalheim war wohl eine Folge dieses Vorgangs. Von dem Augustinerchorherrenstift Böddeken aus ist im 15. Jh. am alten Orte ein Chorherrenkonvent eingesetzt worden, der der Windesheimer Kongregation eingegliedert wurde und dessen Ausstattung mit Grundbesitz durch die Entvölkerung des Sindfeldes begünstigt worden ist. Ganze Dorfmarken inzwischen wüst gewordener Ortschaften gingen in seinen Besitz über; z. T. sind auf ihnen im Anschluß an neu angelegte Klosterhöfe auch Dörfer neu entstanden. -- Beginenhäuser haben in Münster 10 oder 11 bestanden. Ihre Gründung fällt in das 13. und 14 Jh. Im Laufe der Zeit hat sich ihre Zahl bis auf 4 verringert; 2 von ihnen haben den alten Charakter aufgegeben und eine Ordensregel angenommen. Es ist das Verdienst Zuhorns, in die bisher nur mangelhaft geklärte Geschichte der verschiedenen Häuser durch eindringende Untersuchung < 2208> in weitgehendem Maße Klärung gebracht zu haben. Neben der Erörterung der Einzelfragen von mehr örtlicher Bedeutung, z. B. nach Entstehungszeit und Lage der Niederlassungen, ist nachdrücklich versucht, gerade das Typische und das Gemeinsame herauszuarbeiten. So ergibt sich in ständischer Hinsicht durchweg eine dauernde enge Verbindung mit dem patrizischen Familienkreis, weshalb Z. sie geradezu als »patrizische bzw. großbürgerliche Damenstifte« ansprechen möchte. In mehreren Fällen scheint ein gewisses Verhältnis zu einer Pfarrei vorgelegen zu haben, dagegen fehlen Anzeichen für eine Aufsicht durch den Rat vor 1600 ganz. Auch eine Anlehnung an einen Orden, insbesondere an einen der Bettelorden, fehlt ursprünglich. Bedeutsam ist schließlich der Nachweis, daß der Untergang zweier Häuser in der Diözese Münster auf das Verbot Clemens V. zurückgeht. -- R. Schulze schließt in »Auf roter Erde« 11, S. 51 u. ö. seine Geschichte des Minoritenklosters in Münster <vgl. 1935, S. 512>

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mit einer Darstellung des Zeitraums von 1592--1619 ab. -- Bei den Wattenscheider Benefizien, deren Rechts- und Besitzverhältnisse den Gegenstand der Arbeit von Römer < 2213> bilden, handelt es sich um selbständige Kapellbenefizien, die nicht an der Pfarrkirche errichtet waren, sondern an einer Schloßkapelle, einem Gasthaus bzw. einem Leprosenhaus bestanden. -- Im Mittelpunkt der Dissertation von F. K. Schamberger, Die Wattenscheider Bruderschaften unter besonderer Berücksichtigung ihrer Mitglieder (Beitr. z. Wattensch. Gesch. H. 10; Wattenscheid, Busch 1935, 197 S.) steht der vor 1326 gegründete Wattenscheider Kaland, dessen Mitgliederlisten für das 14.--16. Jh. erhalten sind. -- Die (auch als Buch erschienene) Abhandlung Völkers < 2301> wird in der Hauptsache zwar den Brauchtumsforscher interessieren. Sie enthält jedoch zugleich viel kult- und liturgiegeschichtlichen und nicht minder rechtsgeschichtlichen Stoff und beleuchtet die weitgehend zeitbedingte Stellung der kirchlichen Obrigkeit zum Volksbrauch. Ein eigener Abschnitt befaßt sich mit der Frage, welche Bräuche auf vorkirchlichen Ursprung zurückzuführen sein dürften. -- In der »Geschichte des höheren Schulwesens in Siegen (1536--1936)« von H. Kruse (Siegen, Vorländer, 199 u. 111 S.) spiegelt sich die kirchliche Entwicklung des Siegerlandes seit der Reformationszeit, beginnend mit der Berufung des Erasmus Sarcerius nach Siegen i. J. 1536, in allen ihren Phasen. Nur von sehr kurzem Bestand war die 1616 in Siegen gegründete Kriegsakademie, eine Gründung Johanns des Mittl. von Nassau-Siegen.


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