V. Rechts-, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte.

In einer Kölner Dissertation aus der Schule von Planitz behandelt W. Tillmann den Prozeß des Ingelheimer Oberhofs (Würzburg 1935; VI, 83 S.). In Darmstadt beruhen die Gerichtsbücher (Haderbücher) des Ingelheimer Reichsgerichts. Aus dem Prozeß dieses Oberhofs will der Verfasser die Klagen um Schuld, um Fahrhabe und um Liegenschaften, das Beweisverfahren sowie die Vollstreckung systematisch darstellen. Die Haderbücher geben über die Tätigkeit des Oberhofs nur geringe Auskunft, da sie fast ausschließlich Handlungen der Ortsgerichtsbarkeit enthalten. Dagegen sind sie für die Erforschung des in Ingelheim geltenden Rechts von großer Bedeutung. Die von Loersch s. Z. vermißten Haderbücher sind inzwischen aufgefunden worden. Auch die Kopialbücher sind von Bedeutung. -- Die Streitigkeiten zwischen den Städten Aachen und Köln über den Vorrang ihrer Gesandten zum Reichstag hat W. Beemelmans < 1976> unter Benutzung dickleibiger Aktenbände des Kölner Stadtarchivs in weiser Beschränkung auf das Wesentlichste dargelegt. Der in Regensburg (1541) ausgesprochene Vorsitz Kölns war von Aachen nie völlig


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anerkannt worden. Aber erst von 1570 an, seit auf dem Speyerer Reichstag bestimmt wurde, jeder Stand, der der Session halber zu klagen habe, solle binnen sechs Monaten seine Klage beim kaiserlichen Hof einreichen, beginnt das eigentliche Gefecht, in dem das schwerste Geschütz an Privilegien, echten und unechten, von beiden Seiten aufgeführt wird, -- für den Historiker ergötzlich zu lesen. Fast ein Jahrzehnt dauerte der Streit, bis er schließlich infolge der politischen Verhältnisse im Jahr 1580 einschlief. Charakteristisch ist es für jene Zeit, daß man nicht darauf verfiel, die alten Reichstagsabschiede nachzusehen. Schon die Vorgänge des Jahres 1454 waren beiden Parteien ganz aus dem Gedächtnis entschwunden.

Die außerordentlich fleißig und zuverlässig gearbeitete Kölner Dissertation von R. Kulick < 1977> bietet ein erwünschtes Gegenstück zu der Bonner Dissertation von K. Schulz über den kurkölnischen Hofrat von 1724 an und eine Ergänzung zu dem bekannten Werk von Ferd. Walter. Die früheste Hofkammerbehörde hatte sich (schon 1498) in Österreich gebildet, die 1537 eine kollegiale Verfassung erhielt. Im Reich war es das Stift Münster, in dem sich dann zuerst (1573) eine kollegiale Behörde für das Finanzwesen bildete. In Kurköln erließ erst 1610 der Koadjutor Ferdinand eine ausführliche Hofkammerordnung, die dann 1652 und 1692 ergänzt und erneuert wurde. Den umfangreichen Stoff, den der Bestand Kurköln im Düsseldorfer Staatsarchiv bot, gliedert der Verfasser in folgender Weise: A. Die Beamten der Hofkammer; B. Dienstorganisation; C. Die Aufgabengebiete der Hofkammer, um schließlich in zwei kurzen Abschnitten das Verhältnis zu andern Behörden und insbesondere zum Hofrat zu erörtern. In den Beilagen erhalten wir u. a. Übersichten über die Persönlichkeiten, deren Gehälter, die Familien Kügelgen und Zeppenfeld, Texte verschiedener Verordnungen und schließlich eine chronologische Zusammenstellung von Hofkammerdaten (1692 bis 1793). -- Die von Kallen angeregte Arbeit von L. Friese < 1978> will die Entwicklung der preußischen Kommunalverwaltung in der Zeit des Absolutismus am Beispiel der Stadt Krefeld erläutern. Da Mörs in derselben Zeit preußisch wurde und gemeinsame Entwicklungslinien aufzeigt, hat der Verfasser vielfach Mörs mit herangezogen. In diese Zeit fällt die Begründung der Seidenindustrie, durch die Krefeld Weltgeltung erlangte. Nach einem kurzen Rückblick auf die vorpreußische Zeit behandelt der Verfasser die Zeit der Reformen unter Friedrich Wilhelm I., schildert die städtische Verwaltung und das Gerichtswesen in dieser Zeit und gibt schließlich ein Bild von der Entwicklung der Stadtverwaltung unter Friedrich dem Großen bis zur Franzosenzeit. Die einzigartige Blüte in dieser Zeit verdankt die Stadt zweifellos der Förderung und Begünstigung durch die preußische Herrschaft. Die Besonderheit der Krefelder Verhältnisse wurde von den preußischen Königen erkannt und respektiert. Trotz der Durchdringung der städtischen Verwaltungsstellen mit staatlichem Geist, haben sich die städtischen Beamten stets als Vertreter der Bürgerschaft gefühlt. Der Bürger- und Gemeinschaftssinn hat sich besonders in der zweiten Hälfte des Jh.'s gekräftigt. Die durch Beigabe von Exkursen und Abdruck von Quellen noch bereicherte Arbeit erweist sich als ein wertvoller Beitrag des von A. Giesen herausgegebenen Krefelder Archivs. -- Als einen Beitrag zur rechtshistorischen Entwicklung der Auflassung führt sich die Kölner Dissertation von Heinz Ruland ein (Die Entwicklung des Grundeigentums der Abtei Camp am Niederrhein im Bezirk des jetzigen Kreises Bergheim 1123--1802. Emsdetten, 65 S.). Wenn hier auch der Nachdruck auf das Rechtsgeschäft


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der Verkäufe usw. gelegt ist, wobei übrigens die Form der Urkundentexte eingehend behandelt wird, so bietet doch der erste Teil der Arbeit historisch Beachtenswertes, da an der Hand der Urkunden die Erwerbung der einzelnen Klosterhöfe durch diese erste Zisterzienserabtei auf deutschem Boden geschildert wird. -- Schließlich möchte ich hier noch hinweisen auf die sehr dankenswerte Übersicht der Stadtrechtsorte und Flecken im Regierungsbezirk Koblenz, die E. Schaus in der Zeitschrift »Rheinische Heimatpflege« (6. u. 7. Archivnummer) veröffentlicht. Rein statistisch werden hier bei jedem Ort die wichtigsten Urkunden und Daten, Literatur usw. angegeben. Eine Arbeit, die auf großen Kenntnissen beruht!


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