VI. Wirtschaftsgeschichte.

In dem Aufsatz von J. Oppenhoff < 2098> wird das Verhältnis des Hauses Vaalsbruch zu der alten in ihrer Entstehung dunkeln Waldgenossenschaft Malensbusch dargelegt. Die alten Gewohnheiten dieses Busches sind zuerst 1510 aufgezeichnet worden. Obererbherr war der Besitzer des Hauses Vaalsbruch, das als Sonnenlehen und später als ein Spliß des Gronsfeldtschen Lehens bezeichnet wird. Neben der Geschichte dieses Hauses bieten besonderes Interesse die Rechte der Hövener, deren Genossenschaft vielfach im Streit mit dem Herrn von Vaalsbruch lag. Die Parteien konnten den Lehnhof in Brüssel, später im Haag anrufen. Versuche des Herrn v. Clermont (als Besitzer von Vaalsbruch), die ziemlich unklaren Verhältnisse der Buschberechtigung aufzuhellen, blieben ohne Erfolg. Forstwirtschaftlich war die Art der Nutzung für den Waldbestand ungünstig. Die umfangreichen Statuten (sie umfassen 53 Artikel von 1510 bis 1785) werden nach einer Abschrift von 1788 abgedruckt. Bemerkenswert ist, daß diese Buschgenossenschaft noch heute besteht, wenn auch das Buschgericht seit c. 1825 eingegangen ist. -- Ein gewaltiges Stück Wirtschaftsgeschichte tritt uns entgegen in der von H. van Ham < 2102> verfaßten Festschrift »250 Jahre Dillinger Hütte«, deren prächtige Ausstattung durch die Astra-Werke in Saarlautern besorgt worden ist. Vor allem ist zu begrüßen, daß der Verfasser die ältere Zeit und damit auch die Geschichte der Herrschaft Dillingen besonders berücksichtigt hat. Diese war altlothringischer Besitz, seit dem 14. Jh. im Besitz der Edelherren von Siersberg, die dann durch die Freiherren von Braubach abgelöst wurden. Durch Heirat kam sie an Franz de Lénoncourt, Marquis de Blainville, dessen Sohn Charles Henri 1685 von König Ludwig XIV. die Erlaubnis erhielt, eine Hütte zur Erzeugung von Eisen und Stahl zu errichten. Wie sich diese Hütte »zwischen zwei Welten« (dies sowohl technisch als politisch-geographisch gemeint) bis heute entwickelt hat, das wird auf Grund deutscher und französischer Akten in fesselnder Form dargestellt. Die außer Urkundennachbildungen beigegebene Zeittafel gibt in Kürze einen Begriff von der Entwicklung dieses bedeutendsten unter den fünf großen, heute bestehenden Hüttenwerken des Saarlandes. Daß der Verfasser die Geschichte dieses Werkes bis in die neueste Zeit führt, wird man ihm besonders danken können. -- In ein anderes Industriezentrum führt uns der Aufsatz von W. Engels < 2100>. Trotz des engen Zusammenschlusses der bergischen Gewerbetreibenden zu Handwerksbrüderschaften, die ihre Glieder zum Verbleibungseid verpflichteten, mehrten sich in der zweiten Hälfte des 18. Jh.'s die Fälle, daß bergische Gewerbtätige ins Ausland wanderten. Der Verfasser zeigt, in welcher Weise die Regierung dagegen einschritt. Besonders berücksichtigt er dabei die Zeit von 1795 bis 1805, in der durch die Besetzung des linken Rheinufers durch die Franzosen ein besonderer Anreiz für die Auswanderung gegeben war.


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Es hätte hier vielleicht stärker hervorgehoben werden können, daß die französischen Zolltarife die bergischen Fabrikanten in die schlimmste Lage brachten. Schon 1791 wurden gerade von den Erzeugnissen, die Berg lieferte, erhebliche Abgaben gefordert. Die Begünstigung bergischer Waren im J. 1796 war nur vorübergehend, denn 1801 wurde der Tarif von 1791 wieder hergestellt. Bei dem zunehmenden Schmuggel blieb den bergischen Fabrikanten nichts andres übrig, als sich auf dem linken Rheinufer zu etablieren. -- Ein Beispiel, wie familiengeschichtliche Forschung dazu führen kann, Einblicke in die Entwicklung von Gewerbe und Industrie bestimmter Gegenden zu gewinnen, bietet der gehaltvolle Aufsatz von I. Barleben < 2099>. Die ursprünglich im Jülichschen (M.-Gladbach) ansässige, der reformierten Gemeinde zugehörige Familie Lüps (Lübsch) handelte zunächst mit Textilien, widmete sich dann in Wesel und Orsoy im 18. Jh. der Tuchfabrikation. Es gelang ihr auch, trotzdem behördliche Maßnahmen (Wollausfuhrverbot und dergleichen) sie vielfach hemmten, die für das Zentrum des Staats bedeutungsvoll, für den Niederrhein aber schädlich waren, z. B. in Verbindung mit der Familie Erkenswick eine ansehnliche Position zu erringen. Besonders der in Orsoy ansässige Zweig der Familie gewann in der 2. Hälfte des 18. Jh.'s die Führung in der Tuchindustrie. Wir erhalten hier übrigens auch nähere Aufklärung über den Fabrikbetrieb selbst, über Beschaffung des Materials und den Absatz. Zu Beginn des 19. Jh.'s erreichte die Firma ihre größte Blüte, bis sie durch Brand und Konkursverluste viel einbüßte. Einzelne Glieder der Familie haben dann sich der Erwerbung größeren Landbesitzes zugewandt.

In einer liebevoll durchgeführten landwirtschafts-geographischen Studie untersucht W. Müller-Wille < 2103> das ursprünglich territorial weitgehend zersplitterte Gebiet des im Jahr 1817 aus politischen Gründen gebildeten Fürstentums Birkenfeld. Im ersten Kapitel behandelt er Zahl und Größe der Ackerfluren. Die Zahl der Dorfsiedlungen und damit auch der Dorfackerfluren ist seit dem 17. Jh. ziemlich konstant geblieben, dagegen bestanden damals mehr Einzelhöfe, als heute. Die Größe der Fluren schwankt außerordentlich. Im 17. und 18. Jh. umfaßte die Ackerflur im weiteren Sinne das Dungland, das Feldweideland und das Feldwaldland jeder Gemarkung, dagegen die Ackerflur im engeren Sinne nur das Dungland. Seit dem 18. Jh. hat sich die Stellung des Ackerbaues innerhalb des landwirtschaftlichen Betriebs bedeutend verschoben, wodurch sich auch die Größe der Ackerfluren veränderte. Zwei weitere Kapitel sind den Besitzverhältnissen und der Bewirtschaftung der Ackerfluren gewidmet. Die Änderung der Wirtschaftsweise bedingte auch eine Wandlung in der Gestaltung des Wegenetzes, die im 4. Kapitel behandelt wird. Eine reichliche Zahl sorgfältig gearbeiteter Karten unterstützt das Verständnis der Darlegungen in weitgehendem Maße.


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