VI. Kirchengeschichte.

Schöffel < 2237> vermutet mit guten Gründen, daß der erwählte Würzburger Bischof Heinrich Caseus (1202--1207) einem im östlichen Mainfranken ansässigen Geschlechte v. Breitenbach und Strauf entstammte, das in jener Zeit von den Edelfreien zu den Ministerialen herabgesunken ist; einen Bischof Heinrich Käs v. Osterburg hat es entgegen der bisherigen Meinung nie gegeben. -- Neben den Kapitelsbruderschaften, die im 14. Jh. wohl schon allgemein bestanden haben und alle Geistlichen eines Landkapitels umfaßten, gab es in einzelnen Unterbezirken der Kapitel aus den verschiedensten Anlässen entstandene Sonderpriesterbruderschaften von nur örtlicher Bedeutung. Zeißner < 2236> bietet einen Überblick über die Verbreitung beider Vereinigungen, soweit sie im späteren MA. im Bistum Würzburg sich nachweisen lassen. -- Aus Weiheaufzeichnungen, Weihenotizen und -urkunden, von denen Deinhardt < 2274> für die Bamberger Diözese 203 Nummern, viele zum erstenmal, aus den Jahren 1007 bis 1530 zusammenträgt, lassen sich, wie der Herausgeber an diesem Beispiel selbst in der Einleitung darlegt, nicht nur die Unterlagen für eine innere Geschichte der Bistümer und Klöster, kunstgeschichtliche Aufklärungen und Zusammenhänge entnehmen, sondern auch und im besonderen Maße für die Heiligenforschung und die Kenntnis kultgeographischer und kultdynamischer Aufgaben reiche Quellen erschließen und danach neue Wege gehen. -- Über 1100 Welt- und Ordenskleriker wurden im Bistum Bamberg während der Jahre 1436--70 ordiniert, 13 Prozent davon entstammten anderen Diözesen. Der wortgetreue Abdruck der für diese Jahre fast vollständig erhaltenen Liste durch Kist < 2238> vermittelt nicht nur eine frühe familien-, kirchen- und klostergeschichtliche Quelle, sondern bietet auch Anreiz zu bevölkerungsgeschichtlichen Betrachtungen. Es wäre der wissenschaftlichen Feststellung daraus wert, wie viele junge Männer aus den einzelnen Orten -- besonders aus Nürnberg -- damals keine Familie gegründet haben.

Die bisher fehlende umfassende wissenschaftliche Darstellung der Nürnberger Reformationsgeschichte beabsichtigt Engelhardt < 2398> zu veröffentlichen. Der vorliegende erste Band, der 258 Seiten umfaßt, endet mit dem vom Rat veranlaßten Religionsgespräch von 1525, das den Schlußstein zum Reformationswerk der Reichsstadt setzte. Blieb der erhoffte Frieden zwischen den Parteien der Alt- und Neugläubigen dabei auch aus, so folgte der im Vorjahre stattgehabten Loslösung


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von Rom nun die Klärung der innerkirchlichen Lage durch das einheitliche Vorgehen gegen die Klöster in der Stadt; gleichzeitig begann der innere Auf- und Ausbau der landeskirchlichen Gewalt. Trotz der sehr weitläufigen Anlage des Werkes, welches mit ausgedehnten Schilderungen der damaligen, bekannten Reichsverhandlungen und mit vielen Briefstellen belastet ist, kommen die neuen Ergebnisse nicht den etwaigen gesteigerten Erwartungen gleich. Der Verfasser bestrebt sich die verstreuten Einzelschilderungen über die Nürnberger kirchliche Reformation zu einem großen Bilde zu vereinigen; verschiedenes neuere Schrifttum ist dabei seinem Blick entgangen. -- Angesichts der Gegensätze, welche die Pappenheimer Familie in der ersten Hälfte des 16. Jh.'s, besonders in weltanschaulicher Beziehung, spalteten, und der schwierigen Lage, in der sie sich befand -- Condominat über die Herrschaft, als Reichserbmarschälle notwendige Rücksichtnahme auf den Kaiser, auf den sächsischen Kurfürsten als Lehensherrn -- wie angesichts der Teilung der kirchlichen Rechte über die Dörfer zwischen Eichstätt, Ansbach und Pappenheim, ist es begreiflich, daß die Einführung und der endliche Sieg der Reformation in der Herrschaft Pappenheim nicht so sehr von dem Willen und der Macht der Obrigkeit, denn von dem Gehalt der lutherischen Lehre selbst beeinflußt worden ist. Bis zum Tode des Eichstätter Bischofs Christoph von Pappenheim im Jahr 1539 war noch die katholische Lehre in der Herrschaft maßgebend, bis 1546 machte die neue Lehre, wenn es sich auch aktenmäßig wenig nachweisen läßt, Fortschritte. Von da bis zum Augsburger Religionsfrieden wurde unter kaiserlichem und Eichstätter Druck, wenn auch nur widerstrebend, versucht, den alten Glauben wieder einzuführen; seit diesem Staatsgesetz wird die neue Lehre durch die pappenheimischen Landesherrn für die Untertanen verbindlich gemacht. Kraft < 2404> schildert diese Entwicklung unter Einstreuung vieler Urkunden und Briefabschriften in ausführlicher Darstellung: mit dem Aufbau der neuen Kirchenform in den nächsten Jahrzehnten ist die Einführung der Reformation im Pappenheimischen abgeschlossen. -- Ein sehr seltenes Schriftchen aus dem Jahre 1793: Charakteristik des noch unaufgeklärten und ungebildeten Teiles der protestantischen und katholischen Geistlichkeit in Franken, das nach Gürsching < 2397> von zwölf aufklärerischen evangelischen Geistlichen herausgegeben ist, erscheint infolge des Verlustes der gleichzeitigen Konsistorialakten als eine Geschichtsquelle von besonderem, wenn auch unterschiedlichem Werte. Mit dem Charakter einer innerkirchlichen Streitschrift verbindet sie die politische Absicht, die Hardenbergische Religions- und Schulpolitik zu unterstützen. -- Welche Grundgedanken und Absichten diese Politik in Ansbach-Bayreuth unter der preußischen Regierung von 1791--1803/6 verfolgt hat, wie sie im einzelnen durchgesetzt wurde, zeigt die reichhaltige, aufschlußreiche Darstellung Stroedels < 2396>. Die fränkische Kirche wird in dieser Zeit zur Staatskirche umgeformt, die seit dem 16. Jh. geltende unabhängige Konsistorialverfassung durch die einschneidenden Gesetze von 1795 und 1798 der weltlichen Regierung eingegliedert. Der Staat erstreckt im Geiste der Zeit auch in den fränkischen Provinzen seine uneingeschränkte Oberhoheit bis in den innersten Lebensraum der Kirche, er übt die kirchlichen Hoheitsrechte aus, die Pfarrer werden zu den verschiedensten nichtkirchlichen Amtsaufgaben herangezogen. Das gilt für den evangelischen Teil wie für die Reformierten, die zudem einige ihrer Vorrechte aufgeben müssen, und für die katholische Kirche; die Hardenbergische Kirchenpolitik will den Bischöfen nur in jenen Orten Diözesanrechte und geistliche Gerichtsbarkeit zugestehen, in denen sie schon 1624 ausgeübt

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worden sind. Die verschiedenartigen und zahlreichen Neuordnungen, die durchweg praktischen Erwägungen entsprangen, fanden nicht alle Erfüllung, kamen z. T. nicht über Planungen hinaus. Doch hat die stets geradlinige und das Vorrecht des Staatsgedankens immer betonende Politik Hardenbergs in Franken schärfer in die Verfassung der Kirchen und ihr Leben eingegriffen als in einem andren Teile des Königreiches es der Fall gewesen ist.


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