II. Darstellungen.

Eugen von Frauenholz' < 1885> heeresgeschichtliche Studie befaßt sich eingehend mit der Persönlichkeit des ersten bayerischen Kriegsministers Grafen von Triva. Die Darstellung beruht -- abgesehen von den allgemein üblichen familiengeschichtlichen Quellen -- auf eigenen Essays, auf Reden, Tagebüchern usw. des klugen, aber etwas ledernen Offiziers, des frommen Illuminaten -- ein scheinbarer Gegensatz! --, des klaren, nüchternen, aber beim Kampf in der Defensive bleibenden militärischen Führers. Den Hauptteil der Darstellung bildet Trivas große Leistung der Organisation der bayerischen Armee in den Jahren 1803--1813 und die Schilderung der Armee während und nach den Freiheitskriegen. Seine Stellung zum König, zum Kronprinzen, zu Montgelas, zu Wrede wird herausgearbeitet, insbesondere aber sein Verdienst, daß er »die bayerische Armee aus einem mißachteten Söldnerhaufen zu einem im Volk wurzelnden Heer von europäischer Geltung umgeschaffen hat«. E. Gebele < 984> bringt unter dem Titel »Augsburger Truppen gegen Napoleon« den Abdruck des handschriftlichen Tagebuchs eines Angehörigen des 10. »Nationalfeldbatallions Augsburg«, Christian Franz Karl Gaßners, eines jungen Forstakademikers aus dem gräflich Fuggerschen Ort Babenhausen. Es beginnt am 9. Juli 1813 und schließt mit dem Ende des Krieges 1815. Dem Tagebuch schickt G. eine kurze Einleitung über die Persönlichkeit Gaßners voraus.

Des Grafen Montgelas' fränkische Universitätspolitik findet durch Ilse Aukamp < 2560> erstmals eine zusammenfassende Würdigung. Die einführenden Bemerkungen über die Persönlichkeit des großen bayerischen Staatsmannes bieten nichts Neues, die abträglichen Urteile über die Altbayern und die Münchner Bevölkerung zeigen, daß die Verfasserin sich nicht so recht in die damalige Zeit und die Geisteshaltung der hier bodenständigen Bevölkerung


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einfühlen konnte. Wir kommen mit solchen gutgemeinten, aber m. E. überheblichen Urteilen nicht weiter. Doch das nur nebenbei. Reizvoll ist die Betrachtung des Nebeneinander der alten bischöflichen Universität Würzburg, der alten reichsstädtischen Hochschule Altdorf und der landesherrlichen, markgräflich-brandenburgischen Universität Erlangen; sie ist die jüngste der drei Schwestern. Es ist ein Kulturspiegel im kleinen, der hier geboten wird, wobei die Verfasserin der Universität Erlangen den breitesten Raum widmet. Dabei erfahren wir, daß Erlangen seinen Fortbestand dem Sturz Montgelas' verdankt. Die Schilderung des Zusammenbruchs der alten reichsstädtischen Universität wirkt gerade durch die schlichte Sachlichkeit der Darstellung. Der Einblick in die wirtschaftlichen Grundlagen der Universitäten und die Rückwirkungen auf Ansehen und Leistungen der Hochschulen ist ebenfalls wertvoll. -- Jener aktivistische Politiker, der für das bayerische Staatsrecht, für die Sturm- und Drangzeiten der bayerischen Ständekammer seit 1818 und für die Universität Würzburg in gleicher Weise von zeitweilig entscheidender Bedeutung war, Wilhelm Josef Behr, hat nunmehr eine biographische Bearbeiterin gefunden. Eva Peiffer < 1011> befaßt sich mit Behrs staatsrechtlicher und politischer Schriftstellerei, mit seiner Stellung auf dem Landtag 1819, mit seiner Tätigkeit als Würzburger Bürgermeister und seinem Hochverratsprozeß. Behrs Staatsbegriffe sind weitgehend von Kant beeinflußt. Sein politisches Ideal ist der Verfassungsstaat. Der Zweck dieses Staates ist die Rechtsverwirklichung. Diesem Zweck hat sich nach seiner Doktrin jedes Glied im Staat einzuordnen. Die große nationale Linie fehlt bei Behr noch. Der Hochverratsprozeß, der ihm gemacht wurde, ist eine Farce aus der Zeit einer staatlichen Tyrannis. Anderseits muß man den »doktrinären Starrsinn« und eine gewisse politische Naivität Behrs zugeben. Diese beiden Eigenschaften haben ihn in das Elend geführt, in dem die Rehabilitierung des Jahres 1848 für ihn nur ein kleiner Trost mehr sein konnte. Eva Pfeiffer hat die schwierige Materie klar und kritisch durchgearbeitet. Der kleine Druck freilich erschwert das Lesen der Arbeit sehr. -- Herbert Silbernagel < 1012> bietet in seiner Dissertation über die Pfalz unter dem Regierungspräsidenten Freiherrn von Stengel in den Jahren 1832 bis 1837 zugleich eine Biographie dieses Vorbildes eines feinsinnigen und vielseitig gebildeten, führenden Verwaltungsbeamten. Bayern verdankt es dem Freiherrn von Stengel -- das entnehmen wir den Darlegungen --, daß die Pfalz sich damals nicht losgerissen hat, sondern -- nach den Jahren der Aufpeitschungen und Unruhen -- in Verwaltung, religiöser Toleranz und Ausgeglichenheit und schließlich auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine Musterprovinz des bayerischen Königsreichs wurde. Die Reibungen, welche er mit München hatte, sind nicht seine Schuld, sondern in erster Linie jene des Fürsten Oettingen- Wallerstein, der die aus seiner ganzen Stellung sich ergebende Selbständigkeit Stengels nicht vertrug. Beachtenswert sind die klaren Überlegungen Silbernagels über das Verhältnis Bayern-Pfalz.

Die Schilderung des »Einsamen Königs« (Ludwig II.) von Werner Bertram < 1068> ist, wie der Verfasser selbst auf dem Vorsatzblatt angibt, »geschrieben in tiefer Verehrung und Begeisterung für den unglücklichen König zur Erinnerung an die 50. Wiederkehr seines Todestages«. Es handelt sich hier nicht um ein streng historisches Buch, wohl aber um eine volkstümlichvornehme Darstellung des Lebens des Königs, spannend geschrieben, voll leidenschaftlicher


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Einsatzbereitschaft für den König, mit reichem Wissen um das historische Geschehen. So unwahrscheinlich es klingt -- der Verfasser gewinnt trotz der gewaltig angeschwollenen, nicht immer wertvollen Literatur, dem Leben des Königs und seinem Charakter neue Seiten ab. Mag man sonst auch gelegentlich anderer Ansicht sein: Die Würdigung des Sterbens des Königs wie Guddens (S. 252), ist jedenfalls unbedingt gerecht. Die Vermutungen über die Rolle der Kaiserin Elisabeth von Österreich usw. werden immer eine Sache des Glaubens bleiben. Bis ins Letzte lassen sich diese Sachen nicht beweisen. Der Schluß ist eine Rechtfertigung des Königs durch den Verfasser gegenüber ungünstigen Zeugenaussagen und vermeintlich oder wirklich falscher Beurteilung.

Mein eigenes Buch < 2468> über München hat sich die Aufgabe gesetzt, zu schildern, wie diese Stadt im vergangenen Jahrhundert der Mittelpunkt deutschen Kulturlebens geworden ist, wie sie es verstanden hat, die schöpferischen Menschen, die den Weg zu ihr fanden, umzuformen, und wie andererseits alle die Gelehrten, Künstler, Baumeister, Dichter, Schauspieler und Sänger, die sich aus allen Gegenden des noch nicht geeinigten Reiches hier zusammenfanden, das kulturelle Leben befruchteten, belebten, in neue Bahnen lenkten und hier einen Mittelpunkt wahrhaft deutscher Kultur schufen. Weit ist der Weg vom jungen Mozart und Karl Maria von Weber zu Richard Wagner und Richard Strauß, gewaltig der Bogen, der sich spannt von Schelling und Thiersch zu Röntgen und Sauerbruch, von Klenze und Fischer zu Oskar von Miller und Paul Ludwig Troost. Gewaltig ist die Leistung des ersten Ludwig wie des Führers, gewaltig die Leistung und die Wirkung dieser herrlichen deutschen Stadt.(E. Franz)


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