§ 10. Münzkunde

(A. Suhle)

Eine Frage, die immer wieder von Zeit zu Zeit in der Numismatik behandelt wird, ist die, worin eigentlich die Bedeutung der Münzkunde als Wissenschaft liegt. So hat dies W. Jesse in seinem Aufsatz getan über »Münze und Geld in Geschichtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre« < 423>. In diesem glaubt er in der »wirtschaftlichen und rechtlichen Seite der Münze, in der Münze als Geld das eigentliche Wesen der numismatischen Wissenschaften zu erblicken«. Hiergegen ist von vornherein zu sagen, was J. selbst zugibt, daß die Numismatik, d. h. die Lehre von der Münze, nur ein Teil, wenn auch ein sehr großer, der Geldgeschichte sein könnte. Denn diese umfaßt in ihrem Bereich ein viel größeres und umfassenderes Gebiet, in dem aber keineswegs die Münzkunde aufgeht. M. E. muß man von der Münze in erster Linie als einem geschichtlichen Denkmal ausgehen, dessen Bedeutung in verschiedenster Hinsicht untersucht werden muß und kann. Die Geldgeschichte ist etwas anderes als die Münzkunde, während jene wohl zum Verständnis der Münze notwendig ist, ist diese nicht unbedingt zum Verständnis der Geldgeschichte nötig; diese kann unter Umständen ohne tiefere Kenntnis der Münzen selbst getrieben werden.

Eine wichtige Aufgabe unserer Wissenschaft ist heute immer mehr die Pflege der Funde, die als eine wichtige Quelle für die Handels- und Wirtschaftsgeschichte erkannt sind. Ich habe auf ihre Bedeutung bereits 1934 hingewiesen in einem Vortrag, der jetzt gedruckt vorliegt < 424>, in diesem nannte ich vor allem das Beispiel von Österreich, wo schon seit 1928 regelmäßig Hefte mit Angabe der neuen Münzfunde erschienen sind; infolgedessen war es hier schon möglich, zu bestimmten Ergebnissen zu kommen, so z. B., daß sich die Funde im Donautal, im nördlichen Niederösterreich und an der ungarischen Grenze besonders häufen. Ich machte damals praktische Vorschläge zur Erfassung der deutschen Münzfunde. Die Sache ist heute in Fluß gekommen, und es ist zu hoffen, daß bereits im nächsten Jahr die erste Nummer des neu gegründeten Fundblattes erscheint.

Auf dem Gebiet des Münzwesens der Germanen hat sich neuerdings W. Reinhart, ein Diplomingenieur, veranlaßt durch seinen Aufenthalt in Portugal und Spanien, der suebischen und westgotischen Prägungen angenommen, worüber in Deutschland bisher überhaupt kaum etwas erschienen ist. R. behandelt in einem längeren Artikel < 425> das suebische Münzwesen, das nach seiner Ansicht in den letzten Jahren der Regierung des Kaisers Honorius (395--423) begonnen hat. Hauptsächlich auf Grund der bisherigen Literatur gibt er einen kritischen Überblick der Münzen, welche den Sueben während ihrer Herrschaft im westlichen und nordwestlichen Spanien zugeschrieben werden können. Derselbe Verf. bespricht dann anschließend hieran (Mitt. Bayer. numism. Ges. Jg. 55, S. 191--198) das bisher in Deutschland kaum bekannte und kaum vorhandene Buch des Felipe Mateu y Llopis, Kustos am Madrider Münzkabinett, über »Las monedas Visigodas del Museo Arqueologico Nacional«, Madrid 1936, auf das ich hier ausdrücklich aufmerksam mache.

Das Schrifttum der Münzkunde des MA.'s und der Neuzeit ist wieder einmal um einige größere Monographien bereichert worden. Von diesen ist die


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wichtigste die über die Münzen der Stadt Hildesheim < 440>, die H. Buck, der bereits im Vorjahre mit O. Meier die Münzen der Stadt Hannover bearbeitet hat, unter Zuhilfenahme des Materials des am 11. April 1936 verstorbenen Prof. Dr. M. v. Bahrfeldt <vgl. 152> neu bearbeitet hat. Das Münzwesen dieser Stadt bedurfte schon längst einer eingehenden Behandlung, da seit H. Ph. Cappes Schrift von 1855 nichts wieder erschienen ist. In diesem Buche konnte Buck seiner behutsamen und gründlichen Art voll und ganz nachgehen und hat so ein vorzügliches Werk geschaffen, das sobald nicht überholt werden dürfte. Die Stadt Hildesheim kam 1428 durch Verpfändung der bischöflichen Münze für 700 rheinische Gulden in den Besitz derselben; abgesehen von einigen Hohlpfennigen setzte aber die Prägung erst 1469 mit kleinen Groschen ein. Sie dauerte dann bis ins 18. Jh. und endigte 1772 mit Kupferpfennigen. Buck bietet zunächst in Regesten eine Übersicht über die Münz- und Geldgeschichte der Stadt, worauf ein Abschnitt über ihr Geldwesen folgt. Sorgfältig wird dann auch das fremde, in Hildesheim auftretende Geld behandelt, einschließlich der Gegenstempelungen, dann das Vorkommen des Hildesheimer Geldes außerhalb der Stadt, die Münzgebäude und der Münzbetrieb und schließlich das Wappen. Es folgen wichtige Urkunden und Tabellen, unter diesen eine Übersicht über den Überschuß aus den Erträgnissen der Münze nach den Münzrechnungsbüchern bis 1639. Die Münzbeschreibung, die einschließlich Medaillen und Zeichen 655 Nummern umfaßt, ist nach den leitenden Münzbeamten eingeteilt, ein Einteilungsprinzip, zu dem man bei dem Fehlen der Lebensdaten von Fürsten bei einer Stadt sehr leicht kommt. Dadurch wird die Beschreibung zu Münzannalen, die den im Anhang befindlichen Regesten entsprechen. (Vgl. die Besprechung von W. Jesse im Niedersächs. Jb. f. Landesgesch. 14, S. 429 ff.)

Auch das Münzwesen der Grafschaft Mansfeld hat mit Ausnahme des MA.'s eine ausführliche Darstellung erfahren < 450>. O. Tornau, der bereits über die Kippermünzen dieser Grafschaft ein brauchbares Buch geschrieben hat, hat eine unendliche Arbeit darauf verwandt, die vielen Münzen der Mansfelder Grafen, die diese bei ihrem großen Erzreichtum und bei der Zersplitterung des Geschlechts in mehrere Linien geschlagen haben, zusammenzustellen. Es ist ein sehr stattlicher Band geworden, allein 1476 verschiedene Nummern, von diesen 412 Taler, verschieden nach Münzherren, Münzzeichen und Jahren, im ganzen aber 2900 verschiedene Stempel, indem manche Talerjahrgänge in 41, 51, 71 und sogar 82 Stempeln vorkommen -- der Graf David von der Hinterortlinie (1603--1628) hat allein 226 festgestellte Stempel schneiden lassen. Leider war es T. nicht möglich, eine abgerundete Münzgeschichte zu geben, was daran liegt, daß einerseits ein großer Teil der Akten verschwunden und das übrige außerordentlich verstreut ist, warum es dem Vf. bei seinem hohen Alter unmöglich war, es vollständig zusammenzubekommen. Leider fehlt eine Würdigung des Mansfelder Talers in seiner kulturgeschichtlichen Bedeutung; dieser, der seit dem Beginn seiner Prägung 1521 ständig den heiligen Georg, den Schutzpatron des gräflichen Geschlechts, als Münzbild zeigt, mit dem Spruch auf der Satteldecke: »Ora pro nobis«, und später mit dem in der Umschrift: »Bei Gott ist Rat und That«, ist bekanntlich als Amulett bei Soldaten außerordentlich beliebt gewesen.

Von A. Häberle ist die Fortsetzung der Ulmer Münz- und Geldgeschichte in der Neuzeit erschienen < 458>, über die sich H. Gebhart in den Dt. Münzbll.


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(58, 1938, S. 107 ff.) sehr scharf geäußert hat. Ich kann seine Beurteilung nicht vollständig teilen. Wenn er auch vollkommen recht hat, daß bei H. schlimme grammatische Fehler und große Mißverständnisse in numismatischen Dingen vorgekommen sind, so ist dieser Arbeit doch nicht ein ehrliches Wollen abzusprechen, die dem Publikum recht spröden Münzen diesem verständlich zu machen, was er teilweise durch die photographische Wiedergabe von Münzverordnungen, Dekreten, Tarifen, Spottbildern aus der Kipperzeit und von Prägestöcken tut. So erfüllt das Buch, wenn man ihm auch gewiß keinen großen wissenschaftlichen Wert zusprechen kann, den Zweck, dem Ulmer Bürger die Münzgeschichte seiner Vaterstadt in der Neuzeit von 1546 bis zu ihrem Ende, 1773, in ganz anschaulicher Weise gegenständlich zu machen. -- Das Münzwesen noch einer zweiten süddeutschen Stadt ist im letzten Jahre behandelt worden; das ist das von Memmingen, dessen Münzen und Medaillen Wölfle beschrieben hat < 459>. Zunächst geht er auf das MA. ein, in dem diese Stadt landesherrliche bzw. kaiserliche Münzstätte war; höchstwahrscheinlich ist in ihr schon von den Welfen, also vor 1191, geprägt worden, später von den Kaisern vermutlich bis etwa 1300. In der Neuzeit hat dann die Stadt 1622 im Zusammenhang mit den Ausartungen der Kipperzeit selbst eine Münze eingerichtet, um dem unerträglichen Mangel an Kleingeld abzuhelfen, diese war aber nur bis 1636 in Tätigkeit.

Zwei außerhalb der eigentlichen Münzforscher stehende Gelehrte haben sich vom Wirtschafts- und Rechtsstandpunkt mit der Münzgeschichte beschäftigt. Das ist einmal H. Troe in seiner Dissertation »Münze, Zoll und Markt und ihre finanzielle Bedeutung für das Reich vom Ausgang der Staufer bis zum Regierungsantritt Karls IV.« < 2181>. Im ersten Teil dieses Werkes (S. 7--111) wird die Münze behandelt, leider ohne kritische Benutzung der numismatischen Schriften, die ja bekanntlich recht ungleich in ihrem wissenschaftlichen Werte sind. Wenn T. meint, daß der König bei seinem Aufenthalt in Bischofsstädten nicht bloß vom Schlagschatz befreit war, sondern auch die Einkünfte der Münzprägung erhielt, so kommt mir das durchaus wahrscheinlich vor. Es ist aber offenbar nicht richtig, daß die Gesamtheit der Kurfürsten durch die Goldene Bulle die unbeschränkte Münzhoheit erhielt (vgl. hingegen Schwinkowski in Z. f. Numismatik 28, S. 317 ff..). Auf etwa 70 Seiten gibt T. einen recht nützlichen Überblick der reichseigenen Münzen in Lübeck, Goslar usw. In Frankfurt a. M. befand sich aber nicht seit den ältesten Zeiten eine königliche Münze (S. 66), sondern diese ist erst durch Friedrich Barbarossa gegründet worden. Keineswegs kann man sagen, daß die Gelnhäuser Münze unbedeutend gewesen sei (S. 70); die vorhandenen Pfennige beweisen das Gegenteil. Die Aachener Münzprägungen sind sicherlich nicht größtenteils aus Anlaß der Königskrönungen erfolgt (S. 105), wie überhaupt die oft behauptete enge Verbindung von Münzprägung und Anwesenheit eines Königs an einem Ort noch sehr der Untersuchung bedarf. -- Der andere Gelehrte ist der Greifswalder Universitätsprofessor G. Löning, der ein Buch über »das Münzrecht im Erzbistum Bremen« < 2072> geschrieben hat. Dieses ist für die Numismatik von großer Bedeutung, da über das von L. behandelte verfassungsgeschichtliche Problem, die Entwicklung des Münzrechts im Erzbistum Bremen, zugleich Grundsätzliches zu diesem Problem gesagt wird. So weist L. mit Recht auf die Mängel der Ehebergschen Stufentheorie von dem Anheimfall der Münze an die Territorialherren


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hin. Dann betont er m. E. ganz richtig, daß der Besitz des eigentlichen Münzrechts vielfach für die Städte gar nicht so wichtig war, ihnen lag häufig sicher nur an einem Aufsichtsrecht, das ihnen meist völlig genügte. Weiter opponiert L. gegen das Schlagwort von der »Territorialität« der Münze, die es erst geben könne, wenn überhaupt ein Territorium vorhanden war; solange es das nicht gab, könne man nur von einer »lokalen oder allenfalls regionalen Differenzierung« sprechen (S. 35). Er polemisiert deshalb auch mit Recht gegen die von P. J. Meier vertretene landesherrliche Münzpolitik Heinrichs des Löwen, wofür die erste und unentbehrliche Grundlage fehle, nämlich ein flächenhaft geschlossener Territorialstaat, wobei sich der Verf. weitgehend auf die Forschungen Rörigs stützt. Im besonderen ist vor allem wichtig das 4. Kapitel über die Beteiligung des bremischen Domkapitels am Münzrecht, welche sich in dem Recht der Mitwirkung bei Verfügungen über die erzbischöfliche Münzstätte, in dem Empfang einer Rente aus der Münze und in der freilich späten Ausübung einer Münzkontrolle äußert. L. zeigt dann im 7. Kapitel, daß die Stadt schon 1233 urkundlich nachweisbar einen Einfluß auf das Münzwesen des Erzbischofs ausübte, doch sei »die Ausübung eines unbeanstandeten Münzaufsichtsrechts durch die Stadt erst im 14. Jh. belegt« (S. 146). Diese übernahm dann erst 1369 die Münze in Pfandbesitz, behielt sie aber nur 100 Jahre, offenbar weil, wie L. S. 202 meint, »die seit 1433 unumschränkt wieder herrschenden Kaufmannsgeschlechter keinen Wert auf den Besitz der Münze legten; der Fern- und Großhandel brauchte eben diesen unmittelbaren Einfluß auf den Münzbetrieb nicht notwendig. Für die Bargeschäfte des Kleinhandels und des Marktverkehrs genügte das Münzaufsichtsrecht des Rates durchaus«. So bietet die Schrift von L. eine Reihe neuer Gedanken, die entschieden befruchtend auf diesen Teil der Münzforschung wirken werden.

Wenden wir uns nun zu numismatischen Einzelaufsätzen, so ist zunächst ein Vortrag von F. Wielandt, des jetzigen Verwalters der badischen Münzsammlung, über die münzgeschichtlichen Beziehungen zwischen Baden und dem Elsaß wichtig < 454>; diese seien seit jeher sehr eng gewesen und erst durch den Fall Straßburgs an Frankreich zerrissen worden. Die münzgeschichtliche Zusammengehörigkeit des Oberelsasses und der Breisgaulande war begründet im Umfang der Diözese Basel, während die des Unterelsasses mit der Markgrafschaft Baden in dem Liegen der Stammlande der Zähringer in den Diözesen Straßburg und Speyer ihre Ursache hatte.

In einem kleinen Aufsatz habe ich einen Überblick über die brandenburgischen Münzfunde aus voraskanischer Zeit gegeben < 433>, in dem ich einen Versuch gemacht habe, diese für die politische und Handelsgeschichte auszuwerten. In Karrin bei Wolgast ist im vergangenen Jahr ein Münzfund gemacht worden, der etwa 4000 in der Hauptsache pommersche Pfennige aus der 2. Hälfte des 13. Jh.'s enthielt. Ein Typ von ihnen, mit einem Adler im Torgebäude, ist zum Gegenstand eines Streites zwischen Dr. T. Hoffmann und mir geworden < 434--436>. H. hat sich nämlich hauptsächlich durch eine gewisse Ähnlichkeit dieses Typs, der wegen seines Adlers in Pommern nicht unterzubringen ist, mit dem ältesten Berliner Siegel verleiten lassen, in ihm die ältesten in der Stadt Berlin geprägten Pfennige zu sehen. Das ist aber hauptsächlich deshalb nicht gut möglich, weil die Mache der Fundstücke eine völlig einheitliche war; diese Tatsache zwingt zu der notwendigen Annahme, daß sie alle in der näheren


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oder weiteren Umgebung des Fundortes geschlagen sein müssen, wozu kommt, daß die Mache der fraglichen Pfennige in der eigentlichen Mark überhaupt gar nicht vorkommt. Ich halte sie für askanische Prägungen aus dem Lande Stargard, das von 1236 bis 1299 zur Mark gehörte.

In einem Artikel in den Baltischen Studien habe ich versucht, der pommerschen Münzgeschichte des MA.'s, über die seit Dannenberg (1893) nichts Zusammenfassendes mehr geschrieben ist, neue Grundlagen zu geben < 438>. Zunächst habe ich die ältesten Münzen aus der zweiten Hälfte des 12. Jh.'s behandelt, die mit ihren deutschen Münzmeisternamen ein Zeugnis der beginnenden Germanisierung des Landes sind. Dann sind von mir bis 1330, also soweit das pommersche Urkundenbuch erschienen ist, sämtliche Urkundenstellen über pommersche Münzstätten und Münzen zusammengestellt worden. Weiter zeige ich den allmählichen Übergang der landesherrlichen Münzstätten an die Städte, infolgederen nur wenige Münzen den Herzögen verblieben; doch behielten diese mehr oder minder ein Aufsichtsrecht über fast alle verliehenen Münzen, so daß es bei einer Erstarkung der herzoglichen Macht ohne weiteres möglich war, sie den Städten wieder abzunehmen, was mit Ausnahme von Stralsund unter Bogislaw X. gelang.

Zu den von Heinrich dem Löwen zur Sicherung seiner Eroberungen im slawischen Nordosten gegründeten 5 Grafschaften gehörte die Grafschaft Lüchow, deren Inhaber 1317 ausstarben. Dieser Grafschaft, von der bisher nichts von einer Münzprägung bekannt war, schreibt Dr. Gaettens in einer umfassenden Monographie eine Anzahl Pfennige zu < 439>. Er geht dabei von einem Stück mit der Umschrift »comes Olricus« aus, das man bisher dem Grafen Ulrich von Wettin zuteilte. Da aber dieses in seiner Mache viel mehr der brandenburgischen entspricht, als der meißnischen, so ist G. auf den Gedanken gekommen, einen Ulrich in der Nähe der Mark zu suchen, und hat ihn in Ulrich III. (um 1188) von Lüchow gefunden. Diese Konjektur hat sehr viel Wahrscheinlichkeit. Da nun diese Grafen einen gerauteten Schild als Wappen haben, so hat G. dann weiter ihnen Pfennige beigelegt, die bisher den Grafen von Mansfeld wegen einer Raute zugeschrieben wurden, aber ebenfalls wegen ihrer Mache aus deren Münzreihe herausfielen. Auch hierin möchte ich ihm größtenteils zustimmen; ob aber alle Pfennige, die er wegen der Raute von den Grafen von L. geprägt wissen will, ihnen wirklich angehören, steht noch dahin. -- Eine kleinere Schrift behandelt ein thüringisches Dynastengeschlecht < 447>, nämlich die Vögte von Straßberg, mit deren Münzwesen sich Otto beschäftigt hat, dessen nachgelassenes Manuskript Krug kritisch herausgibt. Diese Vögte, die zweifellos den Vögten von Weida verwandt waren, führen als Wappen einen Adler, über den von links nach rechts unten ein Schrägstreifen liegt. Auf Grund dieses Wappens werden diesen Dynasten wohl mit Recht einige Hohlpfennige zugeschrieben. -- Im letzten Bericht <1936, S. 173> wies ich auf eine Abhandlung von H. Gebhart hin, in der dieser die Münzung der Meranier in Franken als weltliche Herren völlig ablehnte. Hiergegen wendet sich A. König in seinen »Betrachtungen zur Münzkunde in Ostfranken im 13. Jh.« < 460>; er möchte ihnen wenigstens die Pfennige lassen, die auf Bamberger Schlag geprägt sind.

E. Waschinski, der sich schon seit längerer Zeit mit dem Münzwesen Preußens beschäftigt, hat eine Schrift dem »bischöflichen Münzwesen des


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Deutschordenlandes« gewidmet < 431>. Es gibt nur eine einzige Urkundenstelle (1251), aus der hervorgeht, daß der Bischof von Ermland, der immer eine Sonderstellung unter den preußischen Bischöfen eingenommen hat, eine Zeitlang das Münzrecht wahrgenommen hat; wie W. aus einer anderen Urkundenstelle von 1442, in der dieser Bischof bei dem Hochmeister den Antrag stellt, münzen zu lassen, da zu wenig Geld im Lande sei, »einen Schluß auf die Prägetätigkeit der geistlichen Herren« ziehen kann, ist mir unverständlich. Im übrigen sind alle Münzzuteilungen, die W. an die verschiedenen Bistümer vornimmt, fast durchweg zweifelhaft und keineswegs genügend begündet. Dasselbe gilt auch von einer zweiten Schrift desselben Verf.'s, die sich mit dem pommerellischen Münzwesen der Samboriden beschäftigt < 432>. Das einzige, was wir von diesem mit Sicherheit sagen können, ist, daß in Dirschau eine Münzstätte bestanden hat. Aber was hier geprägt ist und womöglich noch an anderen Orten, ist schwerlich zu sagen, weshalb die von W. vorgeschlagenen Zuteilungen von Pfennigen meist reine Konjektur sind. Im Elbinger Jb. (1936, S. 203 ff.) hat W. einen Dukaten Heinrichs von Plauen veröffentlicht, der nach Ansicht des Verf.'s vor dessen Wahl zum Hochmeister geschlagen ist. Ein glücklicher Urkundenfund setzt W. zugleich in den Stand, schon für 1410 den Schlag von »preusche Gulden« nachzuweisen. W.s Abhandlung über die Kaiserbulle für die Kieler Universität 1652 (Z. Ges. Schlesw.-Holst. Gesch. Bd. 65, S. 379--91) kann ich in diesem Zusammenhang nur kurz erwähnen. -- Von K. Kennepohl, von dem eben die Osnabrücker Münzgeschichte erschienen ist, ist ein recht interessanter in Friesoythe bei Oldenburg gemachter Fund von fast nur deutschen Sterlingsnachahmungen veröffentlicht worden < 443>. Den Anstoß zu diesen haben die Münzen in Dortmund, Münster und Osnabrück gegeben, wobei durch diesen Fund »der starke wirtschaftliche Einfluß Münsters auf die Gebiete Mittel- und Nordwestfalens infolge des überragenden Anteils der münsterschen Sterlinge an seinem Inhalt (71 ' klar zum Ausdruck gebracht wird«.

Aus der Literatur zum neuzeitlichen Münzwesen wäre zunächst eine wichtige Abhandlung von M. Sellmann über die neueren Münzen der Reichsstadt Mühlhausen (Mühlhauser Heimatbll. 1937, Nr. 5--7) zu nennen. Das Münzrecht, das nach S. der Stadt Mühlhausen in Thüringen schon bereits von Kaiser Friedrich II. verliehen ist, wurde von ihr erst im Ausgang des MA.'s durch eine umfangreiche Prägung von Pfennigen und Hellern ausgeübt, die ersten Groschen folgten erst 1503, und 1573 wurden in M. die ersten Taler geschlagen; an der Kipperprägung beteiligte man sich durch Ausgabe von kupfernen Pfennigen und Dreiern. Im 18. Jh. ließ die Stadt nur noch alle 30 Jahre Münzen schlagen, um eine Verjährung des Münzrechts zu verhindern, wobei man schon gar keine eigenen Münzen mehr hatte, sondern sich der Claustaler bediente. -- Freiherr von Schrötter hat einen sehr merkwürdigen Fund aus dem Dreißigjährigen Kriege veröffentlicht < 437>, der in Jüterbog unter der Kellertreppe einer ehemaligen Hakenbude gemacht wurde. Der Schatz enthielt 10_277 Stücke, davon allein 9000 Heller, Pfennige und Dreier aus ganz Deutschland, wobei aus Kurbrandenburg nur 108 Dreier und 3 Groschen stammten. Es ist also eine erstaunliche Menge verschiedenen Kleingeldes, die sich eigentlich nur durch den großen Krieg erklären läßt, in welchem die Soldaten durch ganz Deutschland zogen und von Land zu Land die jeweiligen Münzen mitnahmen.


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Die Untersuchung der Münzverhältnisse in der Kipperzeit ist wieder fortgeschritten. Dr. Rahnenführer hat sich diesmal mit der kursächsischen Münzstätte zu Annaberg beschäftigt, die der direkten Aufsicht der Regierung in Dresden unterstand < 446>. Die umfangreiche Prägung von verschiedenen Sorten begann Juli 1621 und dauerte bis Frühjahr 1623. P. Bamberg weist eine neue kursächsische Münzstätte in Tennstedt nach (Dt. Münzbll. Jg. 57, S. 369 ff.). G. Krug zeigt in einer Untersuchung über Merseburger Kippertaler < 449>, daß Stempel für diese teilweise von Dresdener Eisenschneidern geliefert worden sind, indem die in dieser kleinen Münzstätte infolge des massenhaften Bedarfs an Stempeln nicht in der Lage waren, den Bedarf zu decken, weshalb man sich vorübergehend an die große Münze in Dresden wandte. Ein sehr eifriger Münzunternehmer war der Graf Anton Günther von Oldenburg. Er richtete 1614 in Jever eine Münze ein. Für diese stellte er den Holländer Nikolaus Wyntgis als Münzmeister an, der bis 1622 hier tätig war. Über dessen Wirken in Jever berichtet Georg Müller auf Grund von Akten im Oldenburger Landesarchiv < 444>.

Das Ritterstift St. Alban in Mainz hat merkwürdigerweise Goldmünzen geschlagen, die unter dem Namen »St. Albansgulden« bekannt sind. Wie es zu dieser Münzprägung kam und wie lange sie bestanden hat, schildert R. Walther in einem kleinen Aufsatz < 452>. St. Alban war ursprünglich ein Benediktinerkloster, das später in Verfall geriet, weshalb es durch Papst Martin V. auf dem Konstanzer Konzil in ein weltliches Kollegiatstift umgewandelt wurde. Dieses erhielt 1518 von Maximilian I. infolge der nahen Beziehungen seines damaligen Propstes Melchior Pfinzing, der des Kaisers Geheimsekretär war, das Goldmünzrecht, auf Grund dessen 1518, 1597, 1712--1780 Dukaten zu Geschenkzwecken hergestellt wurden. -- Die Bischöfe von Straßburg, die 1422 ihre Münze in ihrer Bischofstadt an die Stadt verkauft hatten, gründeten in ihrer neuen Residenzstadt Zabern eine neue Münzstätte. Mit deren Prägung am Ende des 16. Jh.'s beschäftigt sich L. Bachmeyer, wobei besonders auf das von ihm im Anhang veröffentlichte Inventar der Münze hingewiesen werden muß < 455>. -- A. Noß, der Verf. der rheinischen Münzwerke und des eben erschienenen ersten Bandes der pfälzischen Münzen, hat einen Halbbatzen des Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz von 1657 entdeckt < 456>. Diese Münze ist insofern bedeutsam, als sie vor dem Reichsvikariat geprägt ist, über das sich Pfalz mit Bayern nach dem Tode Ferdinands III. herumstritt. Damit wäre sie die erste Münze, die dieser Fürst, der die Pfalz nach dem Dreißigjährigen Kriege wieder aufbaute und sich auch des vernachlässigten Münzwesens annahm, überhaupt geprägt hat.

Zuletzt die Fortschritte in der Münzforschung in Österreich, in der jetzt zum Deutschen Reiche gehörenden Ostmark, deren Münzgeschichte in ihrer Bedeutung für das übrige Reich jetzt eingehend untersucht werden müßte. -- E. Holzmair vom Wiener Münzkabinett konnte durch die Entdeckung zweier Aktenstücke zur weiteren Aufklärung der großen Münzprägung unter Leopold I. einen wichtigen Beitrag liefern. Von der neuen Sorte der 15-Kreuzer, die von 1659 bis 1664--1663 brach der Türkenkrieg aus -- geschlagen sind, sind von der Wiener Münze allein 283/4 Millionen ausgegeben worden. 1695 mußte man zur Ausprägung von unterwertigen Kreuzern die Augsburger Münze zur Hilfe heranziehen < 464>. A. von Loehr, der bisherige Direktor der Wiener


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Sammlungen, gibt einen guten Überblick über die Ergebnisse und Aufgaben der österreichischen Geldgeschichte in der Neuzeit < 465>; vor allem berichtet er ausführlich über die großen Schwierigkeiten beim Zustandekommen des augenblicklich einzigen Nachschlagewerks, »des Miller von Aichholz«, das 1911 begonnen wurde und erst 1920 vollendet war. Im nächsten Band der Wiener Numismatischen Zeitschrift, dem letzten dieser Zeitschrift überhaupt, die ebenso wie die Zeitschrift für Numismatik und die Bayrischen Mitteilungen im Jahrbuch für Numismatik aufgeht, hat dann L. eine wertvolle Liste der vom Wiener Kabinett von 1920 bis 1937 erworbenen und die ihm bei seinen zahlreichen Reisen in auswärtigen Sammlungen bekanntgewordenen österreichischen Prägungen als Nachtrag zu dem eben genannten Nachschlagewerk veröffentlicht < 466>.

Auf dem Gebiet der Medaille ist zunächst ein wichtiger Aufsatz von F. Lehne über die kaiserlichen Schaumünzenprivilegien erschienen < 428>. Aus diesen geht überraschenderweise hervor, daß die älteren Privilegien den Hauptwert auf das Verbot der Nachahmung legen, während ein Passus, der ein Erlauben der Prägung zum Ausdruck bringt, überhaupt fehlt oder sehr kurz gehalten ist. Das ändert sich erst seit 1689, seit welchem Jahre das letztere in den Vordergrund tritt. --

M. Bernhart, der unermüdliche Forscher auf dem Gebiet der deutschen Medaille, hat eine interessante Reihe von Selbstbildnissen deutscher Medailleure zusammengestellt < 429>, die von Peter Vischer d. Ä., Hans Schwarz, Valentin Maler, Antonio Abondio, R. Faltz, Schega, Hedlinger u. a. bis zu I. Pf. Holzhäuser (gest. 1792) geht. Im Anschluß an jede Medaille gibt der Verf. einen sehr nützlichen Lebensabriß des Dargestellten. -- Ebenso wie Bernhart Nürnbergs Medailleure und Bildnisse Nürnberger Kunsthandwerker auf Schaumünzen des 16. Jh.'s in einem größeren Aufsatze behandelt hat <1936, S. 176>, was bei dem Nurvorhandensein des Habichschen Korpus in Bibliotheken sehr erfreulich ist, so hat er jetzt dasselbe für Augsburg getan < 462>. B. weist zunächst darauf hin, daß diese Stadt durch ihre große wirtschaftliche Blüte und auch durch die Reformation künstlerischen Auftrieb erhalten habe. Er behandelt dann eingehend das Leben und das Werk des Hans Schwarz, des Friedrich Hagenauer, des Christoph Weiditz, dem er die vielumstrittenen Medaillen des Kardinal Albrecht und des Simon Pistorius (1533--1539) zuschreiben will, dann das Werk des Hans Daucher, des Hans Kels und neben anderen das des Balduin Drentwett. Bei seiner Beschreibung der 28 Künstler und Kunsthandwerkerbildnisse bemerkt der Verf. mit Recht, daß diese außer ihrem ikonographischen Werte durch Beifügung von Altersangaben und Berufsnennungen, durch Verbindung mit Frauen und durch die häufige Anwendung der Familienwappen als Rückseitenbilder auch biographischen und genealogischen Wert haben. -- Zur Medaillenkunde der neueren Zeit liefert L. Frede einen Beitrag durch seine Schrift über Angelica Facius (1806--1887) als Medailleurin < 430>, deren erstes Schaffen mit Goethe und Karl August von Weimar verbunden ist. Eine Gedenkmünze, die sie auf Goethes Kunst- und Hausfreund Heinr. Meyer geschnitten hat, ist ihre beste und persönlichste Arbeit.

Da in letzter Zeit gerade auf die Wichtigkeit der Medaille für die Familienforschung hingewiesen wurde, nenne ich noch ein vielleicht ganz nützliches Heft von W. Burkhardsberg, »Münz- und Schaumünzkunde für Familienforscher« (Leipzig, Degener, 21 S. = Praktikum für Familienforscher. 28).


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