II. Zeitschriften.

Das wissenschaftliche Zeitschriftenwesen ist von den Umwälzungen der letzten Jahre verhältnismäßig wenig berührt. Die zahlreichen Titeländerungen haben wohl sein Gesicht, aber nicht sein Wesen geändert. Das »Deutsche Archiv für Geschichte des Mittelalters« < 245> (früher »Neues Archiv«) bringt mit dieser Titeländerung zum Ausdruck, daß es künftig nicht nur die Hilfswissenschaften und die Quellenkritik, kurzum, den engeren Kreis der von den Monumenten gepflegten Forschungen, sondern darüber hinaus die darstellende Geschichte pflegen will. Das Organ, das sich früher ganz der Erforschung der Kriegsschuldfrage widmete, hat, nachdem durch die Tat des Führers Versailles zerrissen und damit die Erörterung der Kriegsursachen aus der Sphäre von Verleumdung und Rechtfertigung zur wirklich wissenschaftlichen Betrachtung erhoben wurde, seinen Titel in »Berliner Monatshefte. Zeitschrift für neueste Geschichte« geändert. Die Umbenennung des »Korrespondenzblattes« des Gesamtvereines der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine in »Blätter für deutsche Landesgeschichte« (seit Jg. 83. 1937) bedeutet nicht mehr als eine sprachliche Verbesserung der Titelfassung. Schon sehr viel einschneidender und wesentlicher ist der Wechsel in der Leitung der »Historischen Zeitschrift«; mit dem Band 153 (1935) hat an Stelle von Friedrich Meinecke Karl Alexander von Müller die Leitung der ältesten und angesehensten aller bestehenden Zeitschriften geschichtlichen Inhalts übernommen. Dieser Wechsel hat eine Ergänzung des bisherigen Mitarbeiterstabes mit sich gebracht. Keine der neuerrichteten Forschungsstätten hat ein neues rein wissenschaftliches Organ gegründet. Das Reichsinstitut für die Geschichte des neuen Deutschlands hat dafür eine Form gefunden, die manche Unzulänglichkeit einer regelmäßig erscheinenden Zeitschrift überwindet. Sie gibt die programmatischen Vorträge ihrer Mitglieder als selbständige Schriften geringeren Umfangs, die im Verlage der Hanseatischen Verlagsgesellschaft erscheinen, heraus. Diese einzelnen Schriften werden leichter zu dem Kreis von Anteilnehmenden gelangen als die Aufsätze in einer Zeitschrift; es besteht niemals der Zwang, diese Schriftenreihe nach dem Maß eines zugemessenen Raumes zu füllen; es fehlt aber der Schriftenreihe die diskursive Form der Rede und Gegenrede und die Möglichkeit, im Besprechungsteil zu jeder Neuerscheinung Stellung nehmen zu können. Dagegen sind zahlreiche Zeitschriften entstanden, die sich an ein breiteres Publikum wenden; der »Reichsbund für deutsche Vorgeschichte« gibt seit 1936 die volkstümliche Monatsschrift »Germanen-Erbe« heraus, die das ältere fachwissenschaftliche Organ, den »Mannus«, ergänzt. An anderer Stelle sind zahlreiche weitere vorgeschichtliche Zeitschriften genannt <1933/34, S. 248; 1936, S. 188; 1937, S. 216>. Die Aufzählung weiterer populärer Monatsschriften, die sehr viel mehr politisch-weltanschaulich als wissenschaftlich ausgerichtet sind, würde an dieser Stelle zu weit führen. Für Spezialgebiete sind eine ganze Reihe von Neugründungen zu erwähnen. Die ursprünglich in den Bahnen Oswald Spenglers wandelnde »Welt als Geschichte« (seit 1935) pflegt die Universalgeschichte im weitesten Sinne. Die »Militärwissenschaftliche Rundschau. Hrsg.


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vom Generalstab des Heeres« mag hier genannt sein, obwohl ihre Aufgabe in der geistigen Durchbildung des Truppenführers besteht und ihr Inhalt eigentlich nicht historisch-wissenschaftlicher Art ist. Bei der Bedeutung, die die Pflege militärischer Tradition, Verwertung von Kriegserfahrungen und kriegswissenschaftliche Vergleiche für ihre Zwecke ausmachen, ist auch ihr Beitrag an historischen Stoffen nicht zu übersehen. Ungleich wichtiger sind die drei in diesem Berichtsjahr neuerschienenen Zeitschriften, die den am stärksten vom wissenschaftlichen Impuls der Gegenwart getragenen Gebieten gewidmet sind. Die »Jomsburg« < 244> ist den historischen und politischen Fragen eines Raumes gewidmet, nämlich des Sektors, der südlich durch die Linie Karpathen-- Schwarzes Meer, nördlich durch den germanischen Norden bezeichnet ist. Mit ihren reichen Schrifttumsnachweisen und gut ausgewählten Mitteilungen aus dem wissenschaftlich-politischen Leben des Ostens und Nordens verspricht sie eine Sammelstätte für alle Arbeiten über den Nordostraum, der in Geschichte und Gegenwart eng mit dem Leben und Schicksal des deutschen Volkes verbunden war und ist, zu werden. Das »Deutsche Archiv für Landes- und Volksforschung« < 243, S. 341> pflegt alle Zweige der Volksforschung, die Verbindung von Land und Volk, Wirtschaft, Bevölkerungsbewegung, Sprache, Musik und geistiges Leben; sie bringt Aufsätze und auch Schrifttumsberichte, ein reiches kartographisches Material, aber keine Besprechungen und Mitteilungen. An letzter Stelle sei noch die Vierteljahrsschrift »Auslandsdeutsche Volksforschung« < 1533> genannt. Sie bemüht sich, die Ergebnisse aller Wissenschaften zur Erforschung des Volkstums zusammenzufassen. Sie überschreitet mit diesem Programm in sehr viel stärkerem Maße als die beiden letztgenannten die Grenzen der geschichtlichen Wissenschaften; ihr Ausgangspunkt ist die Wirklichkeit des ganzen deutschen Volkes. Geschichtliche Ereignisse haben für diese Forschungsrichtung nur dann eine Bedeutung, wenn sie über diese Wirklichkeit Beiträge liefern können.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)