§ 2. Archivwesen

(H. O. Meisner)

Archive sind in ihrer Haupterscheinung Spiegelbilder des staatlichen Lebens und dadurch zugleich oft nationale Besonderheiten, im Unterschied von den im wesentlichen international gleichgeformten Bibliotheken. Dasselbe gilt von der Archivwissenschaft. So mußte H. Jenkinson in seinem neuaufgelegten


S.153

»Handbuch« < 74> von den heimischen Verhältnissen ausgehen. Nicht nur die Beispiele, mit denen er seine Theorie »illustriert«, sind der englischen Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte entnommen, wie schon ein Blick in das Register zeigt, auch die Definition des Grundbegriffs »Archives« ist aus den besonderen insularen Verhältnissen zu verstehen. Wenn nämlich als ein Wesensmerkmal der echten Archivalien die ununterbrochene »line of responsible custodians« angesehen wird, wenn das der -- im Hauptfalle -- staatlichen Aufsicht entfremdete Archivale als »blemished« gilt, so ist dies zwar durch die Sorge vor einer möglichen Verfälschung bedingt, beruht aber ebenso auf der geringen Meinung, die man drüben überhaupt von der »Einzelurkunde« in Privatbesitz hat, weil die in einer der zahlreichen Rollen registrierte Urkunde die gleiche oder vielmehr, da die »rolls« stets im staatlichen Gewahrsam verblieben, höhere Beweiskraft besaß. Echte Archivalien dienen ferner nach J. nur zur eigenen Information der für die aktenerzeugende Handlung verantwortlichen Personen bzw. ihrer Rechtsnachfolger, sie sind nicht im Interesse oder zur Information der Nachwelt verfaßt. Weil bei Entstehung archivwürdiger Akten jede Spekulation auf die Zukunft ausgeschlossen sein soll, das sog. archive making in der Vergangenheit nur nach den praktischen Bedürfnissen der damaligen Gegenwart erfolgt ist und auch künftig sich nur so vollziehen darf, sei der praktische Geschäftsmann noch am ehesten imstande, das richtige Ausmaß des für die Nachwelt zu erhaltenden Quellenstoffes (»the crux of the whole matter«) zu bestimmen, mit anderen Worten: der »administrator« wird zur ersten und letzten Instanz in der Frage der Aktenkassation erhoben! Nicht der »Historiker«, denn der würde nach Ansicht des Verf. solche Klassen von Archivalien bevorzugen, die seinen Spezialuntersuchungen dienen; noch weniger der »Archivar«, der gar nicht Überlegungen darüber anzustellen habe, welchen Interessen seine Archivalien zu irgendeiner Zeit dienen könnten. So ergibt sich folgende Gewaltenteilung im Reiche der Archivalien: to make (Administrator), to use (Historiker), to keep (Archivar). Der Letztgenannte ist nämlich nach der englischen Theorie Historiker nur beiläufig (incidentally), sondern in erster Linie Bewahrer und Erhalter einer Substanz, deren Umfang bereits feststeht. Die hiermit zusammenhängenden Aufgaben werden in dem Handbuch ausführlich erörtert. Man kann der Gesamtkonzeption J.'s eine logische Geschlossenheit nicht absprechen, obwohl die kontinentale Archivwissenschaft gerade in Kernpunkten auf einem anderen Standpunkt steht. Auch in Deutschland lehnt man die erwähnte Gewaltenteilung ab, der deutsche Archivar kommt von der Geschichte und bleibt ihr als seiner Grundwissenschaft treu, unbeschadet aller beruflichen Sonderverpflichtungen; er ist Verwaltungsbeamter und Wissenschaftler, sein Verhältnis zu den Archivalien ist to make (im Aussonderungsverfahren), to use und to keep zugleich! Der Verf. hat allerdings keine Gelegenheit, auf diese grundsätzlichen Unterschiede einzugehen, da er die deutsche Literatur über einschlägige Fragen (Provenienzprinzip, Archiv- und Bibliotheksgut, Terminologie, Archivalienschutz -- über diesen vgl. neuerdings L. Herman Smith, The American Archivist, April 1938, S. 59 ff.) nicht heranzieht. Die »Archivalische Zeitschrift« findet sich lediglich erwähnt, nirgends ausgewertet. Auch die inzwischen von deutscher Seite erarbeitete neue Disziplin der »Aktenkunde« bleibt im wesentlichen außerhalb des Blickfeldes. Die »documentary classes« werden nach dem Merkmal der administrativen Herkunft oder materiell-inhaltlich,

S.154

nicht nach der Stilform unterschieden. -- Um so reicher ist das Handbuch in anderer Beziehung. Vor allem verdienen die über den äußeren und inneren Archivalienschutz mitgeteilten Winke, Methoden und Regeln die Aufmerksamkeit aller Berufsgenossen. Voll ausgenutzt würde J.'s Arbeit freilich erst durch eine kommentierte Übersetzung.

Was die Geschichtswissenschaft als Archivgut vorfindet und auswertet, gehörte zunächst als Registraturgut einem anderen Lebenskreise an. Die ihm hier verliehene Form aber wirkt in sein zweites, das archivische Dasein fort, das Problem der »Aktenführung« ist also nicht nur für die Behörde selbst, sondern ebenso für das Archiv und damit für die Forschung von Wichtigkeit. F. Nordsieck (Organisation und Aktenführung der Gemeinden. Stuttgart, Kohlhammer, VIII, 160 S.) behandelt die den Gemeinden in heutiger Zeit gestellten Organisationsaufgaben, zu denen für ihn mit Recht eine gute Aktenführung gehört. Dabei wird die zentralisierende Form als veraltet, den Grundsätzen der Vereinfachung und Arbeitsersparung nicht mehr entsprechend, abgelehnt und dem sog. registraturlosen Verfahren das Wort geredet, bei welchem an die Stelle der bisherigen Zentralregistratur dezentralisierte »Expedientenregistraturen« treten. N. gebraucht, wie schon andere vor ihm statt Registratur den zwar kurzen, aber nicht stets brauchbaren Ausdruck »Aktei«, er redet daher von »Fachakteien«. Das wesentliche bei dieser nach dem Kriege auch in staatlichen Behörden eingeführten »Büroreform« ist neben der Auflösung der Registratur in mehr oder weniger zahlreiche Einzelgruppen zu Händen der verschiedenen Sachbearbeiter die Abschaffung des die Einheit symbolisierenden und verbürgenden »Geschäftstagebuchs« (Journal) und die Ersetzung der bisherigen nadelgehefteten Aktenbände durch mechanische Lochordner oder »Hefter«. Es ist hier nicht der Ort, auf die »Reform« näher einzugehen, der Verf. sieht nur ihre Vorzüge, nicht die Mängel, er betrachtet die Neuerungen auch nur vom Standpunkt der laufenden Verwaltung, nicht in ihren Folgen für die Akten als »Archivalien« (vgl. o.). Sind aber schon die Ansichten über die allgemeine Brauchbarkeit der »Fachakteien« bei den Behörden selber geteilt -- gerade in wichtigsten Ämtern des Reiches und der Länder hält man an der »zentralisierenden Form« fest, und anderswo erfolgte nach der registraturlosen, der schrecklichen Zeit die Rückkehr zum alten Zustand -- so verwandelt sich im Archivdasein der Nutzen in offenkundigen Schaden. Die modernen »Aktenordner« sind für Archivzwecke völlig unbrauchbar, ihr Inhalt muß -- was N. nicht erwähnt -- in sog. Ablege- oder Abheftmappen überführt werden (näheres vgl. Archival. Z. Bd. 45). Die Bedeutung der angeblich »veralteten« Geschäftstagebücher mit ihren verschiedenartigen Indizes für Archivrecherchen und damit für die Benutzung der Akten zu staatlichen, wissenschaftlichen und privaten Zwecken kann freilich nur der würdigen, der mit ihnen arbeitet. Der Satz, das Tagebuch könne lediglich feststellen, wo sich ein Vorgang befinden müßte (nicht wo er im Augenblick sich befindet), verliert im Archivdasein seine Geltung, soweit eine solche überhaupt besteht. Ob aber die »reformierten« Registraturhilfsmittel künftig einmal dasselbe leisten werden, ist noch fraglich, bisherige Teilerfahrungen sprechen dagegen. So gesehen ist es zu begrüßen, daß die »Reform«-Bewegung bei den Staatsbehörden augenblicklich zum Stillstand gekommen ist. Im Wiederaufnahmeverfahren wird man sich vor jeder schematischen Verallgemeinerung hüten müssen.


S.155

Von der großangelegten Bestandsveröffentlichung des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs < 86; vgl. 1936, S. 140> wurde im Berichtsjahre der zweite Band herausgebracht. Sein Hauptinhalt bezieht sich auf die Haus- und Hofarchivalien. Da ist zunächst das habsburgisch-lothringische Familienarchiv (Bearbeiter v. Reinöhl); ein äußerst buntes Gemisch verschiedenster Provenienzen, entstanden etwa um dieselbe Zeit und unter ähnlichen Verhältnissen wie das Hohenzollernsche Hausarchiv, aber in der skrupellosen Vermengung unterschiedlicher Bestandteile viel weitergehend als es die Begründer des preußischen Instituts gewagt und erreicht hatten. Hier finden sich neben den aus Splittern nahezu aller Urkundenabteilungen bestehenden »Familienurkunden« und den nach derselben exzerpierenden Methode unter dem Pertinenzgesichtspunkt aus ihrem organischen Zusammenhang gerissenen »Familienakten« folgende Gruppen: Korrespondenz der Mitglieder des Herrscherhauses (darunter einige bereits zum Käsehändler geratenen Stücke Ferdinands II. und III.), die Courtoisieschreiben anderer Staatsoberhäupter an den Kaiser, das sog. Handarchiv Franz II., soweit es von Arneths Aufteilungssucht verschont geblieben ist, das Archiv Maximilians von Mexiko, eine im Archiv gebildete »Sammlung«: Erzherzog Rudolph (u. a. mit dessen Briefen an Moritz Szeps), der bis 1954 gesperrte Nachlaß Franz Ferdinands. Eine besondere Abteilung bildet sodann das »lothringische Hausarchiv«, das Franz Stephan nach Florenz und dann nach Wien mitnahm, während die auf die Territorien Lothringen und Bar bezüglichen Archivalien nach internationaler Gepflogenheit dem neuen Besitzer Stanislaus Leszczynski verblieben (von O. Brunner und J. Seidl). Neben den beiden Hausarchiven bestehen die »Hofarchive«, die umfangreiche Hinterlassenschaft der verschiedenen herzoglichen, erzherzoglichen und kaiserlichen Hofämter, vom Oberhofmeisteramt bis zum »Hof-Atelier für Restaurierung der Gobelins« oder dem »Ahnenprobenexaminator« (von Kraus, Huter und v. Lacroix). Das wichtigste Material enthält der Abschnitt über das Kabinettsarchiv (von v. Reinöhl). Der Bestand eines »Kaiserlichen Kabinetts« ist für die Regierung Josephs I. bezeugt; der erste Kabinettssekretarius erscheint unter Karl VI., also später als etwa in Brandenburg und Sachsen. Maria Theresia verfügte über zwei Kabinette. Während unter Joseph II. der Einfluß des Leiters der Kabinettskanzlei gering war, unterstellte sie Franz II. einem »Kabinettsminister«, eine Zwischenschaltung, die den ursprünglichen Charakter des herrscherlichen Immediat- Regierungsbüros wesentlich veränderte; erst unter Franz Joseph gewinnt es ihn zurück. Der Inhalt des Kabinetts archivs geht weit über den Rahmen des Begriffs hinaus, finden sich hier doch auch zahlreiche Nachlässe sowie gänzlich unerwartet die Akten folgender Behörden: Älterer und jüngerer Staatsrat, Staatskonferenz, Reichsrat, Generaladjutantur und Gendarmeriedepartement, Militärgouvernement Wien (Präsidialakten). Die bestandsgeschichtliche Erläuterung dieses Mosaiks beansprucht daher einen besonders breiten Raum, zugleich ist sie ein Musterbeispiel für die Notwendigkeit und Ergiebigkeit behördengeschichtlicher Forschungen zu archivinventarischen Zwecken (vgl. Archival. Z. Bd. 45).

Dem neueren Beispiel Berlins und Wiens ist die württembergische Archivverwaltung gefolgt, und zwar veröffentlicht sie durch den früheren Leiter des Ludwigsburger Filialarchivs K. O. Müller eine »Übersicht« < 85> ihrer Bestände (wie Preußen), kein Inventar. Man beschränkte sich also unter dem


S.156

Hauptstichwort des Einzelbestandes im allgemeinen auf knappe Angaben über den Inhalt (Rubriken), die Zeit und die vorhandenen Behörden- und Archiv- Findbücher (Findkarteien); gelegentlich ist auch der Umfang, etwa durch die Zahl der landesüblichen »Büschel«, angedeutet. Während aber die sog. neuen Reposituren des Dahlemer Archivs -- keineswegs auch die übrigen Abteilungen, wie S. 3 im Anschluß an Dt. Lit.-Ztg. 1937, Sp. 221, gesagt wird -- in der Reihenfolge aufgeführt sind, in der sie an das Archiv gelangten und wie sie dort lagern, d. h. ohne Rücksicht auf die große behördenorganisatorische Zäsur von 1808, ist die württembergische Gesamtübersicht unabhängig vom Standort, systematisch angelegt nach zehn Hauptabteilungen, die sich aus der Herkunft und der Zeitzugehörigkeit ergeben. So entsteht folgende Reihe: Altwürttembergische Bestände vor 1806, Neuwürttembergische Bestände vor 1803 bzw. vor 1806--10, »Gemischte« Behörden vor 1806 (beide Gebiete betreffend), Behörden der Übergangszeit 1803--17, Neuere Akten der Zentral- und Mittelbehörden seit 1806 bzw. 1817, Neuere Akten der örtlichen Ämter seit 1806, Hausarchiv, Vermischte Bestände (darin auch ein »Kaiserselekt«), Geschichtliche Sammlungen, Landesarchiv und Reichsakten (seit der Regelung von 1936, laut welcher das Reichsarchiv nur noch für die Akten der Ministerien und anderen obersten Reichsbehörden sowie für Behörden, deren Wirkungskreis sich über das ganze Reichsgebiet erstreckt, zuständig ist). Die schwäbischen Archivalien sind von der bei uns in der ersten Hälfte des 19. Jh.'s (in England schon früher! Methodizers!) grassierenden Pertinenzkrankheit im wesentlichen verschont geblieben. Der andernorts erst wiedergefundene, dafür dann aber auch theoretisch und prinzipiell entwickelte Herkunfts- (Erwachsungs-) Grundsatz war also hier mehr oder weniger eine empirisch-praktische Gegebenheit, und diese wiederum natürlich eine Voraussetzung für die »planmäßige Einteilung«. Die ihr, wie gesagt, nicht entsprechende Lagerung (Staatsarchiv Stuttgart, Filialarchiv Ludwigsburg oder an beiden Stellen) ist in jedem Falle durch Siglen erkennbar gemacht. Die zehn Hauptabteilungen zerfallen je nach Bedarf in Unterabteilungen und Untergruppen. Ihre Zahl (annähernd 2000) zeigt den Umfang der beiden Archive, die »zu den größten des deutschen Sprachgebiets gehören« und zugleich auf eine lange Überlieferung zurückblicken, da die Reihe der Archivare schon Ausgang des 15. Jh.'s beginnt. Die älteren heißen übrigens auch hier, wie in Brandenburg, (Hof-) Registratoren. Die lange Liste seiner Berufsgenossen hat der Verf. in mühsamer Quellenarbeit mit biographischen Notizen nach dem Wiener Muster zusammengestellt. Ebenso dankenswert ist die Einleitung über die bestehenden und die früheren staatlichen Archive Württembergs. Während ein alphabetischer Sachweiser den Benutzer bequem zum Gegenstand seiner Forschung hinführt, ist auf behördengeschichtliche Vornotizen in der Regel verzichtet worden, weil »über den Aufbau der württembergischen Behördenorganisation das Werk von Wintterlin Auskunft gibt«. Mit gutem Bedacht aber sind in den Dahlemer Übersichten solche Hinweise gegeben worden, da durch sie die unzähligen Behördenfirmen erst ein Gesicht gewinnen und man unmöglich immer in einer (ja auch anderswo vorhandenen) Verwaltungsgeschichte nachschlagen kann, abgesehen davon, daß dort die wesentlichen Angaben im behördengeschichtlichen Längsschnitt nicht beisammen und manche Einzelheiten überhaupt nicht zu finden sind. Auch in den Rubriken der alten Registratoren und Archivare spiegelt jedes Archiv seine landschaftliche Besonderheit

S.157

wider. Die dabei nicht selten begegnenden ungeläufigen Ausdrücke und Bezeichnungen bedürfen in jedem Einzelfalle, nicht nur hier und da, einer Erläuterung. Schließlich sollte bei modernen Veröffentlichungen über Archivbestände die junge Disziplin der Aktenkunde ein Wort mitreden. Sie hat in ihrem systematischen Teile die Aktenschriftstücke nach ihren Stilmerkmalen klassifiziert. Worauf es jetzt ankommt, ist die Ausrichtung regionaler Besonderheiten auf die allgemeinen Grundformen. Man hätte es also auch im vorliegenden Fall begrüßt, wenn Begriffe wie Büschel, General- und Spezialreskripte, Dekrete und (?) Resolutionen, »Konz.-Dekrete«, Direktorien, Normalien (Befehlsbücher u. ä.) im Hinblick auf das aktenkundliche Schema kurz erläutert worden wären. Gerade die »weitesten Kreise der Geschichts- und Heimatforscher«, in deren Hände das Buch gelangen soll, werden sonst mit dergleichen nichts anzufangen wissen. Doch dies sind Wünsche, die erst aus der Fülle des Gebotenen rege werden und den Gesamtwert nicht schmälern.

Die Jubiläumsschrift von A. Largiadèr (Das Staatsarchiv Zürich 1837 bis 1937. Gedenkschrift. Zürich, Staatsarchiv, 42 S.; 16 Taf.) behandelt die neuere Geschichte des Züricher Archivs seit Begründung eines Staatsarchivariats an Stelle des bisherigen Registratorenamts im Jahre 1837. Sie zerfällt in einen personellen und in einen institutionellen Teil. Um das Institut haben sich Meyer von Knonau, der Vater des bekannten Historikers, P. Schweizer und Largiadèrs Amtsvorgänger P. Nabholz besonders verdient gemacht. Auch im Kanton Zürich brachte das 19. Jh. eine Konzentration bis dahin nebeneinander vorhandener staatlicher Archive; hierbei ist -- ein bemerkenswerter Vorgang -- außer Finanz-, Schul-, Spital-, Zeughaus- und Gerichtsarchivalien (man spräche wohl richtiger von Altregistraturen) auch das Antistialarchiv auf Wunsch des Kirchenrats dem politischen Archiv einverleibt worden. Ihm folgten seit 1920 aus dem Gewahrsam der Zivilstandsämter die Pfarrbücher sämtlicher Gemeinden mit Ausnahme von Zürich und Winterthur (1936: 576 Bände). Dem Büchlein ist eine Reihe guter Faksimiles beigegeben, darunter die älteste deutsche Urkunde des Bestandes (1251), aus der Sammlung der Zwinglibriefe ein Schreiben aus Straßburg von 1529 (vor dem Marburger Religionsgespräch) und die Bewerbung Gottfried Kellers um den Posten des Staatsschreibers von 1861. Gern sieht man in Abbildung den Dominikaner-»Predigerchor« wieder, in den das Archiv nach dem Kriege verlegt wurde, und den dortigen Arbeitssaal, der mit den gotischen Spitzbogenfenstern im höchsten Teile des etagierten Chores seinesgleichen nicht hat.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)