VI. Einzelne Geschlechter.

Die Jahresproduktion an Veröffentlichungen über einzelne deutsche Geschlechter, wie sie laufend die »Familiengeschichtliche Bibliographie« nachweist, zählt nach Tausenden; davon entfallen nach Ausscheidung des in Zeitschriften und Sammelwerken Enthaltenen etwa 2--300 auf selbständige Schriften in Form von Darstellungen, Chroniken, Stammtafeln, Familienblättern u. ä. Mit diesem Anwachsen der Quantität hat die Qualität, wie einmal festgestellt werden muß, nicht in erwünschtem Maße Schritt gehalten. Vieles, was heute, sei es auch nur dem engen Kreise der Familienangehörigen, als Frucht von Nachforschungen vorgelegt wird, ist unreif. Es ist nicht schwer, die Spreu vom Weizen zu sondern.

Über ma.'liche Dynasten- und ihnen standesnahe Geschlechter liegt diesmal eine längere Reihe von Abhandlungen vor. Eine Gießener Dissertation von E. Jacob < 1750> behandelt unter Berichtigung vieler Irrtümer die ältere Genealogie der staufischen Reichsministerialen von Bolanden, ihren Anteil an der Reichspolitik und die Entstehung ihres ausgedehnten Güterbesitzes. Den reichen Ertrag seiner Untersuchungen »zur Genealogie der Grafen von Mansfeld«, die bisher nur sehr unzulänglich geklärt war, faßt E. Brandenburg in einer Beilage zu seiner Ahnentafel Augusts des Starken < 1744, S. 106--21> zusammen. Dem Andenken des vor 300 Jahren erloschenen pommerschen Herzogshauses sind mehrere Arbeiten gewidmet. Eine genealogische Gesamtbehandlung des alten Greifengeschlechtes fehlte seit dem Erscheinen von Klempins ungenügenden Stammtafeln und ist nunmehr von M. Wehrmann in einer von der Universität Greifswald preisgekrönten Schrift < 1746> dargeboten worden, die der pommerschen Geschichtsforschung ein grundlegendes Hilfsmittel an die Hand gibt. Darin ist in sorgsamer Kleinarbeit alles erreichbare Quellenmaterial für jedes Mitglied des Hauses zusammengetragen, kritisch erörtert und durch mehrere Stammtafeln in übersichtlichen Zusammenhang gebracht. Großenteils beruhte


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die Unsicherheit in der Pommerngenealogie auf der vielfachen Namensgleichheit und auf Abweichungen in der Zählung der Herzöge. Diesem Mangel sucht A. Hofmeister abzuhelfen < 1748>, indem er eine grundsätzlich wie im einzelnen wohlbegründete Zählungsliste in Vorschlag bringt. Zur weiteren Ergänzung dient Wehrmanns < 1747> gleichfalls mit vielen Quellennachweisen versehene Zusammenstellung der Orte, an denen Mitglieder des Herzogshauses ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Aus dem Greifswalder Arbeitskreis sind noch mehrere wertvolle Beiträge zur Geschichte des pommerschen Hochadels hervorgegangen. So behandelt D. Kausche < 1777> in einer auf gründlichen Quellenstudien aufgebauten Dissertation die Genealogie, Geschichte und Begüterung des Hauses Putbus im MA., eines Geschlechtes, das in der rügischvorpommerschen, zeitweilig auch in der dänischen Geschichte eine führende Rolle gespielt hat und, wie die Mehrzahl seiner Eheverbindungen bezeugt, auf Grund seiner vornehmen Abkunft von dem alten Fürstenhause Rügens dem Stande der deutschen Edelfreien ebenbürtig erachtet wurde. Vielfach greift die Stammtafel der Putbus nach Dänemark hinüber, mit dessen bedeutendsten Familien sie sich gleichfalls verschwägerten. So konnte A. Hofmeister < 1776> durch scharfsinnige Kombinationen aus bisher nicht beachteten skandinavischen Urkunden eine Putbussche Stammutter des 14. Jh.'s nachweisen, die einer Seitenlinie des dänischen Königshauses entstammte. Mit diesen Grafen von Halland bestand um dieselbe Zeit auch bei den Grafen von Ravensberg eine Verwandtschaft, die bisher falsch erklärt wurde und, wie Hofmeister < 1778> in ähnlicher Weise überzeugend darlegt, durch gemeinsame Abstammung von einer Gräfin von Dassel vermittelt ist. In beiden Fällen ergeben sich weitreichende geschichtliche Zusammenhänge. Auch zur Genealogie der Grafen von Everstein in Pommern, über die eine größere Sonderuntersuchung in Vorbereitung ist, hat Hofmeister < 1754>, teilweise wieder unter Heranziehung entlegener skandinavischer Quellen, einige Aufschlüsse beisteuern können. Mit den schwäbischen Grafen von Gammertingen beschäftigt sich J. A. Kraus < 1757> in einem Aufsatz, der trotz verhältnismäßig spärlicher Überlieferung unsere bisher nur geringe Kenntnis von diesem ma.'lichen Dynastengeschlecht mittels der Urkunden wesentlich erweitert. Ebenso schließt A. Berg < 1787> mit seiner Arbeit über die in Thüringen reichbegüterten Herren von Tannroda, deren Stammtafel er zum erstenmal vollständig vom 12. Jh. bis zu ihrem Erlöschen 1433 darbietet, eine Lücke in der Literatur.

Unter größeren Monographien über Geschlechter des sogenannten niederen Uradels sind zunächst die Familiengeschichten der von Mengersen < 1773> und der von Werder < 1790> zu nennen. Beide beruhen auf älteren Vorarbeiten von Generationen und können wegen ihrer guten quellenmäßigen Begründung, übersichtlichen Gliederung und vorzüglichen Ausstattung zu dem Besten ihrer Art gerechnet werden. Die von Mengersen, zuerst nachgewiesen auf Klostervillikationen im Paderbornischen, dann auch im 14. Jh. mehrfach in der Stadt Brakel eingebürgert, wurzelten durch viele Jahrhunderte fest in ihrer Heimat, dem mittleren Wesergebiet, wo sie sich, wenn auch an Mitgliederzahl nie bedeutend, z. T. bis in die jüngste Zeit ihre alten Stammsitze erhalten haben. Der gleichen Ursprungsgruppe der Ministerialen entstammten auch die fuldaischen von Fulda, über die Lübeck < 1756> einige regestenartige Angaben für das 12. und 13. Jh. macht. Die Herkunft der erst nach Mitte des 14. Jh.'s im Lande


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Jerichow urkundlich erscheinenden von Werder läßt sich schwer klären, weil ihr Name auf eine vielfach vorkommende Ortsbezeichnung zurückgeht, nach der verschiedene Familien benannt sind. Aus diesem Grunde war es nötig, in dem Einleitungsband des fünfbändigen Familienbuches < 1790> zunächst eine möglichst reinliche Scheidung der verschiedenen, besonders in Hannover und den sächsischthüringischen Gebieten beheimateten Werdergeschlechter zu versuchen, und dies geschieht so erschöpfend, daß dieser erste Band als ein bedeutsamer Beitrag zur deutschen Adelsgeschichte überhaupt gelten kann. Ihrer im Jahre 1873 abgeschlossenen vierbändigen Geschlechtsgeschichte hat die Familie von Winterfeld(t) einen Ergänzungs- und Fortsetzungsband von E. Wentscher < 1793> folgen lassen; er enthält u. a. eine Übersicht über die einschlägige Literatur der letzten Jahrzehnte sowie Hinweise auf neuentdeckte Quellen, ferner eine gekürzte Stammliste nach dem neuesten Stande, einige Ahnentafeln angeheirateter Frauen und als Hauptstück ausführliche Lebensbeschreibungen von Angehörigen der jüngsten Generationen. Die begriffliche Unterscheidung der Adelsgeschlechter nach Maßgabe ihres Alters und ihres Herkommens begegnet bekanntlich deshalb in vielen Fällen Schwierigkeiten, weil sich zwischen dem seit Beginn der urkundlichen Überlieferung im 13. und 14. Jh. nachweislichen ritterbürtigen Landadel und dem durch Nobilitierung erlangten Adel eine dritte Gruppe einschiebt, für die diese beiden Kriterien nicht eindeutig zutreffen, nämlich die der alten stadtadligen und sonstigen, meist durch Grundbesitz gleichsam organisch in den Adel hineingewachsenen Geschlechter. In einem polemischen Artikel von grundsätzlicher Bedeutung bestreitet R. C. Ley < 1725> dem »Gotha« als maßgeblicher Adelsmatrikel das Recht, den Straßburger Böcklin von Böcklinsau, Kageneck und Zorn von Bulach die Anerkennung als »Uradel« zu versagen, indem er sie nochmals als uralte, schon seit dem 12. und 13. Jh. rittermäßig lebende und lehnsfähige Stadtadelsgeschlechter nachweist, mit denen manche mit Mühe bis gegen 1400 zurückgeführte »Uradelsfamilie« des »Gotha« überhaupt nicht zu vergleichen sei. Gerade in den letzten Jahren hat die Nachprüfung des Ursprungs einiger Adelsgeschlechter überraschende Ergebnisse gehabt. So gehen die von Günderode, die bisher in der Literatur als uradlig galten, wie G. Keßler < 1760> näher ausführt, auf ein in der zweiten Hälfte des 15. Jh. in kursächsischen Diensten stehendes Brüderpaar unbekannter Herkunft zurück, deren Nachkommen über Fürstendienst und erfolgreiche Handelstätigkeit in den Grundadel gelangten und erst 1610 in einem patrizischen Zweige zu Frankfurt a. M. die Reichsfreiherrenwürde erwarben. Die früher zu Unrecht in der uradligen Reihe des »Gotha« geführten Keyserling haben zum Stammvater einen um 1500 nach Kurland gekommenen Herforder Bürgermeistersohn. Ein trefflicher Abriß der geschichtlichen Entwicklung dieses bekannten baltischen Geschlechts von O. Frhr. v. Taube leitet das »Buch der Keyserlinge« < 1767> ein, für das sieben jetzt lebende Mitglieder ihre Lebenserinnerungen geschrieben haben. Es stellt nicht nur ein zeitgenössisches Geschichtsdokument ersten Ranges dar, sondern gibt auch einen ungemein fesselnden, einzigartigen Querschnitt durch eine Generation dieses bedeutenden Geschlechts, das, von der Geschichte an die Scheide zweier Völker und Staaten gestellt, überlieferungstreu und weltumspannend zugleich, seinen Schicksalsweg durch das Geschehen der letzten Jahrzehnte geht. Auch die Familie von Wietersheim wurde früher fälschlich von einem ma.'lichen Adelsgeschlecht hergeleitet.

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Ihr Stammvater, der 1592 geadelte schaumburgische Kanzler Anton v. W., ging nach neueren Feststellungen vielmehr aus bürgerlichen Kreisen in Stadthagen hervor. Die Geschichte dieses heute in mehreren Zweigen blühenden Geschlechts hat durch S. Joost < 1792> nach gründlichen Vorarbeiten ihre erste zusammenhängende Darstellung gefunden. Das Buch bringt der Reihe nach eingehende Nachrichten über sämtliche, vorzüglich dem Beamten- und Offiziersstande angehörige Familienmitglieder, wobei leider durch strenge generationsmäßige Gliederung des Ganzen der Überblick über die Entwicklung der einzelnen Linien etwas erschwert wird. Mehr als Materialsammlung, die erst noch der Sichtung und Gestaltung bedarf, will das Werk über die von Klebelsberg zu Thumburg < 1768>, ein zuerst um 1500 in Sterzing im Eisacktal auftretendes Geschlecht, gewertet sein.

Mehrere vorzügliche Arbeiten zur bürgerlichen Sippenkunde sind auch diesmal wieder aus dem Rheinland anzuzeigen. Über das als Textilindustrie- und Handlungshaus bekannte mennonitische Geschlecht von Loewenich in Burtscheid teilt F. A. Ebrard < 1771>, insbesondere über seine Abkunft von der Aldenhovener Ritterfamilie gleichen Namens, neue Forschungsergebnisse mit. J. V. Bredt < 1783> behandelt eingehend die alte Elberfelder Familie Siebel, deren Geschichte in gleicher Weise mit der industriellen Entwicklung des Wuppertales wie mit dem religiösen und kirchlichen Leben in den reformierten Gemeinden des Niederrheins verknüpft gewesen ist. Außer reichhaltigen genealogischen Angaben bringt die Schrift mehrere Exkurse über einige namhafte Persönlichkeiten wie den Theologen Casparus Sibelius und den Dichter Karl Siebel, über den Familienbesitz sowie Angaben über die zum Verwandtschaftskreis gehörigen bemerkenswerten Familien und Personen, so daß das Ganze mit Recht ein »Beitrag zur Kultur- und Kirchengeschichte des Niederrheins« genannt werden darf. In dieselbe Umwelt protestantisch-rheinischen Unternehmertums versetzt uns die Geschichte der Familie Lüps < 1772 a>, die in zwei umfangreichen, vornehm ausgestatteten Bänden niedergelegt ist. Aus dem Jülicher Land kommend machten sich die Lüps Ende des 16. Jh.'s für längere Zeit in München-Gladbach ansässig, von wo sie sich nach Wesel, Orsoy, Düsseldorf und Duisburg ausbreiteten. Diese Orte bezeichnen auch den wirtschaftlichen Werdegang des Geschlechts, der zeitweilig stark durch kirchliche Verhältnisse beeinflußt worden ist. Ein holländischer Zweig bringt Beziehungen zum Amsterdamer Großhandel. Seit der Wende zum 18. Jh. steht die Familie in der Reihe führender niederrheinischer Tuchindustrieller, bis sich zuletzt der Schwerpunkt ihres Wirkens durch Erwerbung von Grundeigentum anders verlagert. Man wird nicht viele Familiengeschichten in so vollendeter Gestaltung finden, wie sie die Verfasserin, J. Barleben, diesem ihren Werk über die Lüps dadurch verliehen hat, daß sie allen inneren Triebkräften, die für das Wesen und Wachsen des Geschlechts bestimmend waren, nachspürt und seine Entwicklung zugleich in Beziehung zur heimatlichen Umwelt setzt. Es kam dabei der Darstellung zugute, daß sie nicht mit genealogischen Daten überlastet zu werden brauchte, da mehr als 50 Stammtafeln beigegeben sind, die über alle Verzweigungen der Lüps und ihre vielfache verwandtschaftliche Verflechtung mit rheinischen Familien erschöpfend Auskunft geben. Leben und Wirken einer deutschen Familie in nur anderthalb Jahrhunderten schildert W. Berdrow < 2203> in seinem Buch über die Krupp. Hier formt sich der familiengeschichtliche Stoff zu einem eindrucksvollen


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Bild von der Entstehung eines großen Unternehmens, das von den Arbeiten, Kämpfen und Erfolgen dieses Geschlechts getragen ist. In breiter Mitte steht, wie der Verf. einleitend schreibt, die Gestalt Alfred Krupps in seinem sechzigjährigen Kampf um den Stahl, vor ihm sein Vater, der Gründer der Gußstahlfabrik, hinter ihm die Nachkommen als Erben und Vollender eines großen Werkes und neben allen in Generationen die Arbeit treuer Gefolgschaft. Am industriellen Aufschwung Deutschlands im vorigen Jahrhundert war auch ein Zweig der Lieberknecht beteiligt, in dessen Auftrage und von dem ausgehend J. Hohlfeld < 1770> die Geschichte und Genealogie dieses Geschlechts behandelt hat. Nicht weniger als 700 Träger des Namens L. konnten in einer Stammtafel vereinigt werden, die alle von einem 1571 genannten Einwohner in Eschwege abstammen und sich in selten zu findender Beharrlichkeit an diesem Ort, zuerst vorzugsweise in mit der Weserschiffahrt zusammenhängenden, dann in allen anderen kleinbürgerlichen Berufen, durch 13 Generationen fortgepflanzt haben. Mit dieser Arbeit zeigt H., wie auch ein genealogischer Stoff, der für eine zusammenhängende geschichtliche Betrachtung zunächst nicht brauchbar erscheint, in wissenschaftlich wertvoller Weise ausgestaltet werden kann. Die wechselvollen Schicksale der in Ulm durch mehrere Jahrhunderte zurückverfolgbaren Familie Leipheimer schildert nach gründlichen Quellenforschungen K. Schwaiger < 1769> in einem vorbildlich angelegten Buch, das von einem Nachkommen der Leipheimer aus der Ulmer Industriellenfamilie Schwenk herausgegeben ist. Neben den Sippenangehörigen, die schon seit dem 15. Jh. in fast allen bürgerlichen Berufen Ulms erscheinen, tritt besonders die Linie hervor, die sich durch alle Wechselfälle der Zeit lange im Besitz mehrerer Kupfer- und Eisenhämmer vor den Toren der Stadt zu halten wußte. Klare und schlichte Darstellungsweise sowie ungeschminkte Wahrheitsliebe machen die besonderen Vorzüge des Werkes aus. Auch das Buch über die Familie Oldenburg < 1774> verrät sorgfältige Vorarbeiten und vor allem eine streng sachliche Ausnutzung der Quellen, deren wichtigste in ihrem Wortlaut mit der Darstellung verwoben sind. Das in Mecklenburg altangesehene Geschlecht zählt viele Landwirte, Beamte, Akademiker und Offiziere zu den Seinen, hat sich aber wegen der Häufigkeit des Namens schon in älterer Zeit nicht mit Sicherheit über das Ende des 17. Jh.'s hinaus feststellen lassen. Mit zum Schönsten, was je an familiengeschichtlichen Monographien erschienen ist, gehört ohne Zweifel F. Schmidt-Ott's Buch »Von den Vorfahren« < 1781>, denn hier schuf die Hand des Chronisten aus einem reichen Schatz alter Familienerinnerungen ein literarisches Kunstwerk, das ebenso durch seinen Inhalt wie durch die Abgeklärtheit der Form den Leser fesselt. Man folgt mit innerer Anteilnahme einer langen Reihe von Männern, die sich als Verwaltungsbeamte, Geistliche und Gelehrte hervorgetan haben und in deren Schicksalen, neben allen intimen Zügen ihres Familienlebens, sich das größere Zeitgeschehen in der buntbewegten Welt mittelrheinischer Kleinstaaten widerspiegelt. Und dabei kommt das Genealogische nicht zu kurz, da geschickt in den Text eingefügte Angaben über die Ahnen der wichtigsten Stammütter, besondere Stamm- und Ahnenlisten, statistische Übersichten und Quellenverzeichnisse das Werk auch nach dieser Seite hin aufs beste abrunden. Neben solche Betrachtung der Familie als eines lebendigen geschichtlichen Gebildes möchte man des Gegensatzes halber stellen A. Kloibers < 1735> Versuch, einen Sippenkreis biologisch-anthropologisch zu

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erfassen. Eine Untersuchung wie diese bedeutet für die »geschichtliche Familienkunde« wohl schwerlich, wie der Verf. meint, einen Fortschritt, geschweige denn letzte Sinngebung, sondern kann bestenfalls der menschlichen Erbbiologie und Rassenkunde neue Arbeitsunterlagen liefern. Wie der Historiker einen familiengeschichtlichen Gegenstand erbkundlich sieht, zeigt etwa die feinsinnige Studie von F. Behrend < 1784> über die geistigen und charakterlichen Anlagen der Gelehrtenfamilie Spangenberg.

Zum Schluß sei auf drei Veröffentlichungen hingewiesen, die sich nicht mit einzelnen Geschlechtern, sondern mit größeren Gruppen gleichnamiger Sippen ohne nachweisbaren Zusammenhang beschäftigen. Je seltener ein Name ist, um so zweckmäßiger erscheint dieses zunächst auf Materialsammlung abgestellte Ordnungsprinzip, das heute ja auch vielen Sippenverbänden zugrunde liegt. Wenn K. Deutschländer < 1752> mehreren ostdeutschen Familien seines nicht sehr verbreiteten Namens nachgeht, so kann er die Ergebnisse namengeschichtlich und genealogisch gut weiter ausbauen. Das reiche Material, das in den Büchern über die Fleck < 1755> und Hillmann < 1763> zusammengetragen ist, wird sicher manchem Forscher bei Überwindung toter Punkte helfen, bedarf aber wohl noch weiterer Durcharbeitung und Sichtung, ehe es, wie beabsichtigt, namengeographisch und siedlungsgeschichtlich ausgewertet werden kann.


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