e) Schweizer Reformation.

Die Zwingli ausgabe des Corpus Reformatorum beginnt mit dem Abdruck der Randglossen Z.'s zu den biblischen Büchern, den Schriften Augustins, des Aristoteles u. a. die Herausgabe eines bisher unbekannten Materials < 2488>: Der 3. Bd. der Akten zur Geschichte der Basler Reformation umfaßt die Zeit von Anfang 1528 bis Juni 1529 < 2491>. Die entscheidende Berner Disputation und der 1. Kappeler Friede sind Anfangs- bzw. Endpunkt. Die geschichtlichen Höhepunkte fallen in diesen Zeitraum: Die Volkserhebung im Februar 1529, die den Zusammenbruch der alten Kirche erzwingt, die Reformationsordnung vom 1. April 1529 und die 1. ev. Synode 11./12. Juni 1529. Das Register für alle drei Bände überzeugt den Leser von dem gewaltigen geschichtlichen Stoff, der nun seiner Nutzung harrt. -- In der Calvin literatur überragt das Werk von J. Bohatec alle anderen Erscheinungen < 2492>. Juristisches und theologisches Wissen und Können haben hier ein Werk geschaffen, das in seiner Lückenlosigkeit und Klarheit tief beeindruckt, so daß sich das Gefühl des Endgültigen nicht bannen läßt. In der Auseinandersetzung mit Mittelalter, Schwärmern und Luther und aus dem Wirklichkeitssinn C.'s, der vor allem die französischen Verhältnisse berücksichtigt, ersteht ein geschlossenes Bild der Auffassung C.'s von Staat und Kirche. Die Ordnungsidee, die durchaus religiös gesehen ist, bildet den Kern aller Aussagen. Gott will durch die Obrigkeit die Gesellschaft unversehrt erhalten. Klar kommt der Kampf gegen die hierarchische Sozialordnung (keine Seinsordnung herrscht, sondern das Dynamisprinzip) und den atomistischen Individualismus zum Ausdruck. Bei der Behandlung des theokratischen Zuges in C.'s Auffassung, den B. leugnet, scheint mir zu wenig der Unterschied zwischen Idee und Wirklichkeit beachtet zu sein. Wenn die Obrigkeit durch ihre kirchliche Mitgliedschaft besondere Aufgaben erhält, kann eben die Scheidung zwischen Geistlichem und Weltlichem nicht mehr rein durchgeführt werden. -- Ein viel umstrittenes Problem der Theologie C.'s behandelt P. Jacobs, wenn er Prädestination und Verantwortlichkeit gegenüberstellt < 2493>. Mit Recht verweist er darauf, daß von der richtigen Deutung des Verhältnisses zwischen Prädestination und Ethik die Kulturdeutung des kirchlich reformierten Abendlandes abhängt. J.'s Ziel ist, die Bedeutung des decretum horribile durch seine Begrenzung auf die systematische Lehrdarstellung herabzusetzen, um so den christozentrischen Charakter der Erwählung und damit zugleich das Element der Verantwortlichkeit im Ethos zu gewinnen. Darin ist freilich als herrschendes Prinzip der Theologie C.'s ein anderer Ausgangspunkt gewonnen als die Neucalvinisten unserer Zeit betonen. -- Der Aufsatz von Guggisberg macht mit einem Gegner der Prädestinationslehre, dem Berner Notar Nicolaus Zurkinden, bekannt < 2494>. Die ganze Unterschiedenheit zwischen humanistischem Rationalismus (Ideal der imitatio Jesu) und calvinischer Gläubigkeit wird offenbar. Zurkinden ist vom Schlage Castellios, eines anderen Gegners C.'s. -- Eigene Wege geht W. Mönch


S.404

in seinem Artikel Joh. Calvin, ein religiöser und politischer Charakterkopf aus dem Zeitalter der französischen Renaissance (Geistige Arbeit, Jg. 4, H. 1, S. 3 ff.). Denn er versucht den Gottesbegriff C.'s von der französischen Renaissancedichtung her (Margarete v. Navarra »Prisons«: Gott = tout, Mensch = rien) zu verstehen. Fein sind auch Verbindungslinien politischer Art zwischen Macchiavelli und C. gezogen. Freilich hier könnte es sich höchstens um formale Anregungen handeln. -- Zum Schluß sei auf die Besprechung hingewiesen, die der bewährte Calvinforscher A. Lang von den neuen ausländischen Calvindarstellungen: Hunt <1933/34, 3173>, Mackinnon <1936, 2354> und Imbart de la Tour <1936, S. 403> gibt (Theol. Stud. u. Krit. Jg. 107, 1936).


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