f) Das Täufertum.

Der Anteil der Mennoniten an der Erforschung ihrer Vergangenheit ist weiterhin sehr groß. Während der 2. Bd. des Mennonitischen Lexikons mit dem Artikel Mähren von Loserth abgeschlossen ist, liegen auch die ersten beiden Jahrgänge der Mennonitischen Geschichtsblätter vor. Hier behandelt u. a. W. Köhler das Täufertum in Calvins Institutio von 1536 und gibt Chr. Hege einen Überblick über die Forschung zur Geschichte des Täufertums. Derselbe Verfasser hat auch dem um die Täuferforschung hochverdienten Loserth den Nachruf gewidmet < 156>. -- Die Sonderart der täuferischen Haltung gibt Baintons Buch über David Joris treffend wieder < 2485>. Denn Joris ist in seiner Mittelstellung zwischen der revolutionären Gruppe und Menno Simons gezeichnet. Wiederum erkennt man, wie die Führer des Täufertums in ihrem Selbständigkeits- und Freiheitsdrang Wert und Bedeutung der großen Gemeinschaft nicht erkannt haben. Ebensowenig haben sie mit ihrer unerbittlichen Logik die religiösen Bedürfnisse der Masse, die Zeichen und Ordnungen verlangt, verstanden. Gerade bei Joris ist die Spiritualisierung der schwärmerischen Apokalyptik auf dem Höhepunkt. Tod, Hölle und Teufel verlieren ihre Realität und werden in den Menschen selbst gelegt. Alle Glaubensbindungen sind abgelehnt, und aus der Bibel wird höchstens die Richtung für die imitatio gewonnen, die freilich wiederum nur ein Gesinntsein wie Christus ist. Als einzige allgemeine Überzeugung bleibt: Wer das ewige Wort Gottes im Herzen spürt, bedarf keiner Lehre -- weder der schriftlichen noch der mündlichen -- mehr. Die anderen Aussagen des Joris, daß das Leiden Kennzeichen des Christen ist, ist doch nichts anderes als die aus dem Leidensweg des Täufertums gewonnene Erkenntnis. -- Andere Aufsätze bestätigen das vielgestaltige Bild des Täufertums und seine große Verbreitung. W. Wiswedel behandelt den Täufer Oswald Glait aus Cham in der bayerischen Oberpfalz, der in Mähren, Bayern, Österreich, Schlesien wirkte, bis er 1546 in Wien hingerichtet wurde < 2486>. Er hat sich noch über seinen Glauben in einzelnen Artikeln Rechenschaft gegeben. Er konnte dies, da er einen gewissen Biblizismus teilte. Seine Sondermeinung über die Verpflichtung des Christen zur Sabbatheiligung brachte ihm viele Gegner im eigenen Lager ein. W.s Arbeit über Gabriel Ascherham berichtet ebenfalls von Meinungsverschiedenheiten und Sonderbewegungen im Täuferlager < 2483>. Bedeutsam ist sein Lebensweg. Nach Differenzen mit den Huterischen Brüdern in Mähren ging er nach Schlesien, wo nach seinem Tod die Anhänger sich mit den Schwenckfeldern zusammenschlossen. In Ostpreußen dagegen gingen sie in den Mennoniten auf. In Schlesien schrieb er sein Hauptwerk »Unterschied göttlicher und menschlicher Weisheit«, das W. herausgibt. Damit ist wiederum eine literarische Quelle zur Geschichte des Täufertums der Forschung zugänglich gemacht.


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