IV. Kirchengeschichte.

Die kleine, aber ausgezeichnete Untersuchung von Schmauch < 2419> beruht auf Akten aus Krakau, Lemberg, Frauenburg, Danzig und Königsberg. S. legt dar, wie es dem König von Polen nur langsam und mit Hilfe des Papstes gelang, den Widerstand des Bischofs und des Domkapitels von Ermland gegen die Aufnahme von Polen -- ein Widerstand, in dem das Ermland vom Orden unterstützt wurde -- zu brechen. 1518 schenkte Leo X. den Polenkönigen das Patronatsrecht über die Dompropstei; von 1523 bis gegen Ausgang des 18. Jh.'s sind nur Polen zu Dompröpsten bestellt worden. -- Durch den Übertritt des Bischofs von Pomesanien zur Reformation wurde 1525 die Betreuung des nicht mehr zum Herzogtum gehörenden Teils seiner Diözese, der heutigen Kreise Stuhm und Marienburg und des Danziger Kreises Gr.-Werder, durch einen andern Bischof notwendig. Obwohl der Bischof von Ermland infolge der Reformation den zum Herzogtum gehörenden Teil seiner Diözese verloren hatte, gab der König von Polen seiner Bitte, ihm die Verwaltung jenes Gebiets zu übertragen, nicht nach, sondern überwies sie dem gefügigeren Bischof von Kulm. 1577 hat der Papst die kirchenrechtliche Vereinigung Pomesaniens mit Kulm vollzogen. Im 17. und 18. Jh. von den Kulmer Bischöfen unternommene Versuche, auf die Katholiken im pomesanischen Teil des Herzogtums Einfluß zu gewinnen, wurden von Berlin stets scharf zurückgewiesen. Durch die Bulle De salute animarum wurde das pomesanische Gebiet 1821 der Diözese Ermland unterstellt; Schmauch < 2420>. -- Die Begrenzung der Arbeit Riedesels < 2510> wird fast mehr im Unter- als im Obertitel des Werkes angedeutet: Eine ideengeschichtliche Darstellung auf Grund oder doch vorzugsweise auf Grund eines Briefwechsels läßt die Ideen leicht hinter dem Persönlichen zurücktreten, die Gegner der Briefschreiber in den Schatten stellen. Dieser Gefahr ist R. nicht entgangen. Indem die Ideen des Pietismus kaum, die der Orthodoxie gar nicht behandelt werden, wird es zugleich unmöglich, dem Vertreter der Orthodoxie, Hofprediger Quandt, gerecht zu werden, und über den fruchtbaren und zukunftweisenden Seiten des Pietismus seine Schwächen zu erkennen, die ihn ja erstaunlich schnell in einen recht utilitaristischen Rationalismus versanden ließen. So kann das fleißige, mit guter Literaturkenntnis, wenn auch ohne Aktenstudien -- z. B. Archiv der Albertus-Universität -- verfaßte Buch eigentlich nicht recht befriedigen, zumal es in der Form wenig straff gehalten ist. Die Verdienste des Pietismus um die Reform der Universität, die Vertiefung und Verlebendigung des Theologiestudiums, die Schaffung eines Landschulwesens zumal im Osten und Süden der Provinz, die Verinnerlichung der Kirche werden von R. mit großer Wärme geschildert. Aber der Unterschied zwischen Orthodoxie und Pietismus kommt gleichwohl nicht scharf genug zum Ausdruck und es wird anderseits nicht dargelegt und kann bei der Einstellung des Verf. auch nicht dargelegt werden, daß der Pietismus in so manchem Punkt gerade in Ostpreußen die Arbeit der Orthodoxie nur fortsetzt. Auch unterbleiben alle Erörterungen darüber, warum an der Orthodoxie Beamten und Offizierkorps, also die konservativen Kräfte, festhielten, während der vom König geförderte Pietismus hauptsächlich die Jugend, Bauerntum und Kleinbürgertum gewann. In mancher Hinsicht wiederholten sich bei jenem Streit zwischen Orthodoxie und Pietismus Vorgänge aus der Zeit des Großen Kurfürsten: Die zukunftsbewußte Monarchie konnte ihre Pläne in Preußen gegen einen leicht ideenlos werdenden Konservatismus nur mit Hilfe von Männern durchsetzen, die aus besonderen Umständen unbedingt zu ihr standen; solche Männer waren die Pietisten Rogall und Schultz.


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