III. Mittelalterliche Geschichte einschließlich Rechts- und Verfassungsgeschichte.Als wichtigster Beitrag zur frühma.'lichen Geschichte der letzten
Jahrzehnte darf der Aufsatz von H. Reincke über die Frühgeschichte des Gaues Stormarn
bezeichnet werden (Stormarn. Der Lebensraum zwischen Hamburg u. Lübeck. -- Hamburg, Hartung 1938).
Als eine Frucht jahrzehntelanger Forschungstätigkeit werden hier Auffassungen der Siedlungs-,
Bevölkerungs- und Sozialgeschichte vorgetragen, die unsere bisherigen Anschauungen von der frühma.'lichen
Geschichte Nordalbingiens grundlegend ändern. Hingewiesen sei auf die Herauslösung eines ursprünglich
svebischen Gebiets aus der später alles überlagernden sächsischen Siedlung und die hiermit gegebene
Deutung der vom eigentlichen Holstein abweichenden Sozialordnung Stormarns (Laten und Schalke). Auch die Stellung des
Adels in der Standesgliederung, die Aufspaltung des alten volksrechtlichen Standes der Hovelude in eine spätere
ritterliche Lehnsmannschaft und die bäuerlich bleibende Schicht der Bauernvögte wird ganz neu gesehen; die
Bedeutung der Kirchspiele und der Landesviertel in ihrer verschiedenen Funktion wird klar. Zum Abschluß bietet der
Verf. ein bisher in dieser Anschaulichkeit noch nicht gegebenes Bild des Entscheidungskampfes zwischen deutscher und
slawischer Siedlung bis zum 13. Jh. -- In einem weiteren Beitrag »Altes Rechtsleben in Stormarn« gibt
Reincke eine farbenprächtige Schilderung volkstümlichen Rechtslebens in Stormarn vom 16. bis
19. Jh.; auch in diesem Aufsatz steckt eine Fülle neuer Erkenntnisse über das Fortleben und die Wandlung des
heimischen Rechts. -- In sorgfältiger und umsichtiger Weise unterzieht Bergmann <
2076> die Entwicklung der Fehmarnschen Gerichtsverfassung im 14. und 15.
Jh. einer rechtsvergleichenden Betrachtung. Als Ergebnis stellt er, damit Hasse folgend, fest, daß die eigentlich
fehmarnsche Gerichtsverfassung am treuesten in der Handveste von 1326, nicht im ältesten Landrecht, zum Ausdruck
kommt. (Neuestens hat E. Wohlhaupter, Kieler Bll., 1938, S. 166, Anm. 2, hiergegen Widerspruch angemeldet.) Sie
trägt nordgermanische Züge; am stärksten ist die Verwandtschaft mit Eiderstedt. -- W.
Carstens <
2068> räumt mit der üblichen, auf die Aussage des Petreus
zurückgehenden Ansicht auf, daß die nordfriesische Siebenhardenbeliebung von 1426 ihre Entstehung dem
Bestreben der Harden verdanke, ihr Recht gegen die andrängende landesherrliche Gewalt der Schauenburger zu
verteidigen. Er zeigt, daß Petreus keinen selbständigen Quellenwert hat. Aus den Angaben der Einleitung der
Beliebung, der in ihren Rechtsbestimmungen zum Ausdruck kommenden Tendenz und der historischen Situation i. J. 1426
zieht er den Schluß, daß die Beliebung unter Mitwirkung des Schauenburgischen Gesandten von den Harden
aufgezeichnet wurde, weil sie ihr heimisches, friesisches Recht durch das dänische Königtum gefährdet
glaubten. Der von Hartz <
2068> unternommene Versuch, die Autorität des Petreus zu retten,
vermag nicht zu überzeugen, da er auch nicht einmal den Versuch gemacht hat, die von Carstens vorgetragene
Beweisführung zu widerlegen. -- G. Carstens <
1885> bringt in erschöpfender Zusammenstellung aller Quellennachweise
eine Geschichte der einzelnen nordfriesischen Adelsfamilien; damit ist die unentbehrliche Vorarbeit für eine
Geschichte des nordfriesischen Adels als rechtlicher Stand und sozialer Schicht geliefert. --Feikes
Arbeit über die geschichtliche Entwicklung der Deichlast in Nordfriesland (bis 1800) <
2230> gibt, da sie erstmalig auf umfassenden Archivstudien
S.458 aufgebaut ist -- hingewiesen sei noch bes. auf cap. 1 über die Rechtsquellen des nordfriesischen Deichrechts --, die Grundlage für alle weiteren deichrechtsgeschichtlichen Arbeiten. Im Anhang werden eine Reihe bisher ungedruckter Rechtsquellen veröffentlicht, u. a. ein neuer und besserer Text des Spadelandrechts. -- Hinzuweisen ist endlich hier auf die ein größeres Gebiet umfassende Arbeit von Tägert über das Familienerbe in Friesland < 2070>. |
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