I. Gesamtdarstellungen.

Eine schöne Gabe haben Freunde und Schüler dem Altmeister der Erforschung des mitteldeutschen Ostens, Rudolf Kötzschke, zu seinem 70. Geburtstage gewidmet. »Von Land und Kultur« heißt die Aufsatzreihe, und W. Emmerich < 229> hat sie zusammengebracht und herausgegeben. Im Namen des Buches liegt recht eigentlich beschlossen, was das Lebenswerk R. Kötzschkes als Forscher und Darsteller nicht nur der sächsischen, sondern der gesamtdeutschen Geschichtsforschung gebracht hat, und die Aufsätze seiner Schüler und Freunde sind zugleich ein beredtes Zeugnis dafür, wie erfolgreich K. auch als Lehrer seiner »Leipziger Schule« in Weg und Ziel zu Geltung und Ansehen verholfen hat. Im besonderen sei hier nur auf die Zusammenstellung der Arbeiten R. Kötzschkes durch H. Helbig < 72> verwiesen, weil diese Übersicht allen sächsischen Geschichtsforschern höchst willkommen ist. Die einzelnen Beiträge werden, soweit sie mir zur Besprechung zugewiesen sind, innerhalb ihrer Sachgebiete behandelt. --

Das Sammelwerk zur Geschichte Sachsens und Böhmens < 228> enthält 9 Aufsätze, von denen wenigstens 4 für die sächsische Geschichte und Kultur stärker in Betracht kommen. Der einleitende Aufsatz von R. Kötzschke < 1638> gipfelt nach gut gegründeter Übersicht über die erkennbaren Siedlungsepochen und die deutsche Kolonisation in Nordböhmen in der Feststellung, daß Sachsen und Sudetendeutsche im nördlichen Böhmen eines Stammes sind. Die Anschauung von einer eigenständigen Entwicklung des Deutschtums in Böhmen (Bretholz) lehnt K. zwischen den Zeilen ab (S. 15), spricht ihr aber das Verdienst zu, eine vertiefte Forschung angeregt zu haben. An verschiedenen Flurnamen zeigt J. Leipoldt < 517>, daß weitere Untersuchungen gleicher Art sehr wohl wichtige Aufschlüsse über die Herkunft der Siedler ergeben können, während


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A. Meiche < 495> bereits klar erweist, daß die altheimischen Familiennamen der Sächs. Schweiz und ihrer böhmischen Nachbarn rein deutsch sind, und daß nur in etwa 3 Proz. ein slawischer Kern steckt, womit er das Ergebnis Kötzschkes von der sprachlichen Seite her ergänzt. W. Schlesinger < 809> überblickt die Geschichte von Egerland, Vogtland und Pleißenland, die alle drei zusammen bis zu Heinrich VI. schon ein abgerundetes Reichsterritorium mit Burgen, Dörfern und Städten zu ergeben schienen, aber nach dem Untergange des staufischen Königtums zum Zankapfel zwischen Böhmen und Wettinern wurden, wobei das Egerland im dauernden Besitze Böhmens verblieb und eine eigene Entwicklung durchmachte, bis es in unseren Tagen in das Dritte Reich heimkehrte.

Sehr verdienstlich hat A. Meiche < 1480> seinen früheren, geistvollen Nachweis der Herkunft des Wortes Zuckmantel (aus den eingegangenen Dt. Geschichtsblättern, Bd. XI u. XIII) in einer volkstümlichen Zeitschrift im Kern wiederholt und das Vorkommen des Namens für Wohnplätze und Flurnamen mit neuen Nachweisen belegt. Zuckmantel als Gabelföhre und damit zugleich ältester Wegweiser in deutschen Landen ist in dieser Bedeutung von M. ebenfalls schon früher in sorgfältiger Beweisführung ermittelt worden. Dazu fügt er jetzt in nicht minder eindringender Nachforschung den Nachweis, daß eine Verbindungslinie der sächsischen Zuckmantelstellen, weil der Name erst seit 1215 bezeugt ist, geradezu die natürlichen Anmarschstraßen der deutschen Kolonisation in Sachsen ergibt und somit abermals die Bedeutung von Zuckmantel als Wegweiser erhärtet. --


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