IV. Rechts-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte.

G. Francke < 2083> unterrichtet über Entstehen und Vergehen, über Wesen und Bedeutung des Oberlausitzer Femgerichts. Wahrscheinlich durch eine verlorengegangene Urkunde Karls IV. vor 1355 begründet, gab es den Sechsstädten die Macht, auf den Straßen ihres Bereichs alle raubritterlichen Vergehen nach Gebühr zu strafen und damit den vehmen, d. h. den Landfrieden, aufrechtzuerhalten. Seit 1390 wird ein adliger Femerichter gewählt, wohl um die anständige Ritterschaft zu gewinnen. Auch adlige Schöppen werden genannt, obschon das Gerichtsding nach wie vor in den Städten Löbau, Görlitz, Zittau gehalten wird. Bautzen hat seit 1408 das Vorrecht, das Gericht zu »setzen«, wenn es nicht vollständig ist. Es ist nach Francke eine Art Sondergericht wie etwa heute der Volksgerichtshof; der Hussitenkrieg hat es hinweggefegt. -- M. Köppel < 1904> berichtet über die Innungen in und um Plauen i. V. vom 15.--17. Jh. nach Alter und Bereich, wobei in der Hauptsache Orts- oder Kreisinnungen (etwa im Umfange der Kreishauptmannschaft Zwickau) auftreten, während an Landesinnungen bis ins 17. Jh. nur die der Schneider, Tuchscherer und Seifensieder von den Landesherren bestätigt waren. -- R. R. Müller < 1894> liefert einen Beitrag zur Geschichte des sächsischen Bauernrechts, indem er die Rechtsbeziehungen zwischen


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Rittergutsherren und Bauern von Neuschönfels in Sachsen von 1548 bis zur Mitte des 19. Jh.'s darstellt. Ob M. recht hat, Neuschönfels eine »Herrschaft« zu nennen, will mir nach den hierfür geltenden Begriffen des 16. Jh.'s fraglich erscheinen; m. E. ist es nur ein Rittergut gewesen, allerdings schriftsässig. Die Landesteilung war 1485, nicht 1445 (S. 1)! Ansonsten ist die Arbeit verständig angelegt und durchgeführt. Aus familiengeschichtlicher Forschung entstanden, wird sie gerade auch dem Familienforscher über bäuerliche Verhältnisse manche Aufklärung geben. Ähnlich wie Fröbe < 304> erörtert M. außer den allgemeinen Rechtsbeziehungen zwischen Gutsherrn und Bauern die Formen des bäuerlichen Grundbesitzes, Recht (z. B. Kür des jüngsten Sohnes), Größe und besonders ausführlich Lasten und Dienste der Güter bis zur Ablösung aller Dienste im 19. Jh. Weitere Teile des Buches zählen die sonstigen Rechte der Rittergutsherren auf, geben dankenswerte Aufklärung über die Gerichtsbarkeit auch hinsichtlich des Anteils der Bauern und schließen mit der aktenmäßigen Schilderung von Streitigkeiten zwischen den Rittergutsbesitzern und den Bauern zu verschiedenen Zeiten von 1577--1751. --

Eine stattliche und fleißige Doktorarbeit der Technischen Hochschule Dresden legt G. Hennig < 2242> vor. Auf die Behandlung der Stadtverwaltung Dresdens unter Kurfürst August mit der Aufzählung der einzelnen Privilegien und der Ämter in sachlicher und persönlicher Verteilung folgt der Überblick über die Stadtwirtschaft nach Einnahmen und Ausgaben. Dann betrachtet H. einerseits die bürgerliche Privatwirtschaft in Handel, Innungen, Verzehr und Verkehr und anderseits den Einfluß der öffentlichen Gewalt darauf, wobei die Sicherung der Bedürfnisse von Hof und Regierung (Wald und Post!) für die einzelnen Maßnahmen entscheidend ist. Ein letztes Kapitel umfaßt in gleicher Zweiteilung die bürgerliche Sozialwirtschaft und den staatlichen Einfluß darauf. Sorgfältige Einzelnachweise, verschiedene graphische Darstellungen, z. B. der Ämterverteilung, des Personenbestandes, der Einnahmen usw., und ein Sachregister runden den zuverlässigen Eindruck dieser umfangreichen Erstlingsarbeit ab. -- Der Aufsatz von F. A. Weber < 1818> ist der Rechenschaftsbericht über Entstehung und Wirken des Sächs. Landesgesundheitsamtes, den W. als dessen letzter Präsident in der Schlußsitzung dieser Behörde am 31. 3. 1936 als Vortrag gehalten hat. Das Amt mußte verschwinden, weil es mit der einheitlichen Regelung des Gesundheitswesens im Dritten Reiche sein Aufgabengebiet verloren hat. --


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